Konolfingen - Die etwas andere Altpapiersammlung

Seit seiner Kindheit sammelt Jürg Moser Comics. Zum 75-Jahr-Jubiläum des Schweizer «Mickey Mouse»-Heftli gewährt er einen Einblick in sein farbenfrohes Universum.

Martina Kammermann / Berner Zeitung BZ
Deutschland feiert zurzeit den 60. Geburtstag des deutschen «Mickey Mouse». «Eigentlich ist das deutschsprachige ‹Mickey Mouse› aber bereits 75 Jahre alt», weiss der Berner Comic-Sammler Jürg Moser. Den Beweis dafür hält er in den Händen: Das erste Schweizer «Mickey Mouse»-Heft von 1936. Da amerikanische Unterhaltung von der nationalsozialistischen Regierung damals unerwünscht war, kam das deutsche «Mickey Mouse» zuerst in die Schweiz. «Comics sagen oft auch etwas über die Gesellschaft», sagt Moser.

Er muss es wissen. In seinem Wohnhaus in Gysenstein lagert Moser kistenweise Comic-Heftli. Betritt man seinen Keller, fühlt man sich wie in einer Märchenwelt. Asterix, Donald, Lucky Luke, Bessy, Gaston, Fix & Foxi, Hägar und Tim und Struppi, alle sind sie versammelt und künden auf farbenfrohen Covers von ulkigen und spannenden Geschichten. «Ich habe etwa 10 000 bis 15 000 Comics», sagt Moser stolz.

«Superman» für 1,5 Mio. Dollar

Er sammelt sie schon seit seiner Kindheit. Als Bub habe er zwar nur ganz selten eines bekommen. «Daher ist meine Sammlerei vielleicht auch eine Art Überkompensation», sagt der Vater von drei Kindern lachend. So leidenschaftlich er sein Hobby betreibt, allzu ernst nimmt er sich und seine «Altpapiersammlung» nicht. Überhaupt ist ihm der Humor das Wichtigste an den Comics. «Ich sammle vor allem witzige Comics, das Leben ist schliesslich ernst genug», sagt der Bankangestellte. Er arbeitet seit seiner Lehre bei einer Grossbank in der Stadt Bern.

Zu neuen Exemplaren kommt Jürg Moser jeweils über Comic-Messen, Buchantiquariate oder übers Internet. Das Comic-Sammeln ist ein internationales Geschäft – bei dem es um beachtliche Summen geht. Eine Originalzeichnung des franko-belgischen «Spirou»-Schöpfers André Franquin wurde jüngst für 100 000 Euro verkauft. Ein gut erhaltenes Heft der ersten «Superman»-Ausgabe von 1938 brachte in den USA gar einen Auktionspreis von 1,5 Millionen Dollar ein. «Comics können durchaus eine alternative Geldanlage sein», befindet der Banker pragmatisch. Für den Wert am entscheidendsten ist der Zustand des Exemplars. Ein «perfektes» Exemplar hat weder Dellen noch stumpfe Kanten. Es ist wie frisch ab der Druckerpresse. Und sehr schwer zu finden.

Er würde nie verkaufen

Mosers wertvollstes Comic, ein perfektes «Superman»-Heft von 1950, ist laut ihm etwa 5000 Euro wert. «Theoretisch», fügt er an. Denn wenn kein Käufer da ist, ist der Wert gleich null. Aber ums Geld gehe es ihm sowieso nicht. «Ich würde meine Sammlung niemals verkaufen», sagt er. Er handle nur mit Heften, die er mehrfach habe. Vieles «verscherble» er, auch mal für 50 Rappen das Stück. Aber die Comics wegwerfen könne er einfach nicht.

Tausende von Comics zu lesen, muss viel Zeit erfordern. «Ach nein», sagt Moser lachen, «gelesen habe ich davon höchstens 10 Prozent. Darum geht es gar nicht.» Vielmehr gehe es ums Jagen, Staunen und Ordnen. So kann er stundenlang im Keller sitzen und seine Heftstapel sortieren – was seine Lebenspartnerin zum Glück akzeptiert. «Würde ich sie alle lesen, könnte ich bis neunzig wohl nichts anderes mehr machen.» Und da ist das richtige Leben dann doch lustiger.

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Erstellt: 01.10.2011
Geändert: 01.10.2011
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