Konolfingen - Die Artistik der Abbruchprofis
Es geht garantiert etwas kaputt bei der Show der «verrückten» Nock-Brüder. Die Knochen der Stuntprofis aber bleiben heil. Meistens.
Kaputt ist nicht gleich kaputt. Drei Autos sind zwar schon vor der Stuntshow der «Crazy Nock Brothers» Abbruchobjekte und enden doch noch viel übler. Dazwischen liegen mindestens fünfzig Schattierungen von kaputt.
An jedem Wochenende von Frühling bis Spätherbst müssen Autowracks kontrolliert, aber endgültig dran glauben. Früher war der Materialverschleiss von Amando und Patrick Nock noch grösser, die Auftritte erfolgten häufiger, die Zuschauerränge waren besser gefüllt. Die Zeiten sind härter geworden, «es ist schwierig, die Leute zu erreichen», so Patrick Nock. «Das ist für uns nicht anders als für den Zirkus oder Musiker.» Ein Auftritt vor zwei Wochen auf der Allmend in Bern beispielsweise sei ein ziemlicher Reinfall gewesen.
Kinder als Fans
In Konolfingen, an der Kasse auf dem Parkplatz vor dem Freibad, bildete sich gestern ein Rückstau. Ein gutes Zeichen. Die Nocks, Nachkommen in achter Generation der Zirkusfamilie, sehen es gerne. Videos online, auf der Auto- und Töffstunts sowie das Zerstörungswerk von Monstertrucks ausgiebig zu sehen sind, mögen eine harte Konkurrenz sein für reale Shows. Sie können aber auch motivieren. «Mein vierjähriger Sohn Dimitri schaut sich die Monstertrucks auf Youtube an, er ist ein echter Fan», sagt Hanspeter Eggimann lachend, «ich würde mir das hier wohl nicht antun.»
Das Publikum für den Auftritt der Nocks bilden klassischerweise Väter mit ihren Söhnen. Mütter und Töchter sind aber öfter auch dabei, der Frauenanteil ist nicht tiefer als an einem Fussballspiel. Zwei Teenager, Tharshika Joseph und Jana Costanza, warten ungeduldig auf die Show. Sie ahnen, was kommen könnte, sie sind hier, weil sie so etwas noch nie live gesehen haben.
Kalkuliertes Risiko
Ihnen wird einiges geboten beim fast zweistündigen Auftritt. Ab und zu ist etwas Geduld gefragt. Eine Rampe muss aufgebaut werden, eines der Wracks will nicht anspringen, ein Monstertruck kommt etwas schräg, setzt mit dem Fahrgestell auf dem überrollten Auto auf und bleibt stecken. «Das hier ist eben live», sagt Amando Nock, «im Video würde man das rausschneiden.» Immerhin geht selten etwas richtig schief, die Risiken sind wohlkalkuliert. Der Sprung mit Motorrädern über eine Holzschanze führt neben den als Hindernis postierten Autos vorbei, die Drifts mit rauchenden und quietschenden Reifen absolviert Amando Nock einhändig und entspannter als mancher Autofahrer ein Manöver im Parkhaus.
Längst nicht alles ist auf Lärm und Zerstörung ausgerichtet. So zeigt Amando Nock mit dem Auto auf zwei Rädern in Schräglage famoses Gleichgewicht und feinste Fahrzeugbeherrschung: Er rollt, hält an, fährt wieder los und zeigt noch ein enges Wendemanöver. Ein stiller Stunt, den man sich auch im Zirkus zwischen einer Pferdenummer und dem Auftritt des Clowns vorstellen könnte.
Es knirscht und knarzt
Beachtlich, mit welcher Leichtigkeit die Nocks von zwei auf vier Räder und wieder zurück wechseln, zwischendurch mit einem Quad Künststücklein zum Besten geben. Doch man merkt, das Publikum will die richtig grossen Dinger sehen, die Monstertrucks mit ihrem extrem hochgelegten Fahrwerk und den Traktorreifen. Die Wracks, inzwischen zusätzlich von Überschlägen gezeichnet, werden mit Spanngurten zu einem Paket zusammengezurrt. Dann rollen die Ungetüme drüber, immer wieder. Glas birst, Blech knarzt, die Wracks gehen immer mehr kaputt.
Zuletzt parken «Nasty Boy» und «Extreme Beetle», so heissen die Monstertrucks, fein säuberlich auf den zermalmten Autos. Das Publikum darf das Desaster aus der Nähe begutachten. Die Erwachsenen mögen auch die Leistung der Artisten schätzen, fürs Jungvolk aber ist klar: Der Star ist die Maschine.
[i] Am nächsten Sonntag um 15 Uhr treten die «Crazy Nock Brothers» in Biglen auf.