Konolfingen - Behörden-Pingpong um einen Bach
Niemand sieht ihn. Und niemand will über ihn reden. Der Tonisbach in Konolfingen hält zurzeit Behörden und Bauherren auf Trab. Grund dafür sind Einsprachen eines hartnäckigen Anwohners.
Quentin Schlapbach, Berner Zeitung BZ
Wo ist hier ein Bach? Vor Ort ist vom Tonisbach nichts zu sehen. In einer Geraden führt die Strasse, der Haldenweg, den Hang hinauf. Auf der linken Seite stehen Häuser. Alte und neue. Was auffällt: die vielen Bauprofile. Rechts der Strasse liegt die Einfahrt zur Nestlé-Fabrik. Es folgt ein grosses Feld. Hier, gut einen Meter seitlich der Strasse, soll er sein: der Tonisbach. «Eingedoltes Gewässer» lautet das Fachwort für solch künstlich unter den Boden verlegte Bäche. Ein Blick in die Konolfinger Geschichtsbücher zeigt, dass diese «Eindolung» im Fall des Tonisbachs bereits im 19. Jahrhundert geschah.
Schuss ging nach hinten los
Seit Jahren ist der unterirdische Bach Gegenstand eines Rechtsstreits. Seinen Ursprung hat der Konflikt im Jahr 2007. Damals stimmte die Gemeinde im Rahmen der Ortsplanungsrevision über das neue Baureglement ab. Es war eine emotionale Debatte. Zahlreiche Einsprachen gingen im Vorfeld der Abstimmung ein. Die meisten wegen des Umbaus der Winkelmattstrasse. Fast nur eine Randnotiz war eine Eingabe wert, welche die Lärmemmissionen der Nestlé-Fabrik betraf. Ein Ingenieurbüro kläre den Sachverhalt bezüglich Umwelt- und Akustikfragen ab. Das Fazit: Es waren keine Massnahmen erforderlich.
Im überarbeiteten Baureglement wurde dennoch auf das Anliegen Rücksicht genommen: Der Gewässerschutzabstand wurde im neuen Reglement für den To-nisbach von zuvor 5 auf 25 Meter erweitert. Dies, obwohl bereits zwei Häuser innerhalb dieser vermeintlichen Schutzzone standen. Das Motiv lag damals auf jener Seite des Bachs, wo Nestlé über zusätzliches Bauland verfügt. Ein allfälliges neues Fabrikgebäude, welches 25 statt 5 Meter vom Tonisbach entfernt wäre, würde weniger Lärm verursachen, so die Überlegungen. Nun zeigt sich: Der Schuss ging nach hinten los. Zwei Wohnbauprojekte in Millionenhöhe sind wegen der Regelung lahmgelegt.
Dass auf der anderen Seite der Strasse gebaut werden kann, war der erklärte Konsens der Ortsplanungsrevision. Auch in einer Gewässerschutzzone kann theoretisch gebaut werden. Aber in der Baupublikation muss erwähnt werden, dass man den Gewässerabstand nicht einhält. Und gegen diese sogenannte beanspruchte Massnahme kann Einsprache erhoben werden. Von jedermann, egal ob direkt betroffen oder nicht.
Zwei Projekte blockiert
Das erste Grossbauprojekt liess nach der Ortsplanungsrevision nicht lange auf sich warten. Im November 2010 war der Spatenstich für die «Wohnüberbauung Tonisbach». Neun Einfamilienhäuser, fünf Doppeleinfamilienhäuser und sechs Mehrfamilienhäuser waren konzipiert. Voraussichtlicher Fertigungstermin: 2013. Die Profile stehen heute noch. Die letzte Bauetappe, je ein Ein-, Doppel- und Mehrfamilienhaus, ist seit Jahren blockiert. Der Grund: die Einsprache eines Anwohners wegen Überschreitung der Gewässerschutzzone.
Ein paar Meter weiter den Hang hinunter stehen weitere Profile. Auch in der «Überbauung Tonispark» sollen mehrere Häuser zu stehen kommen. Bis jetzt wurde aber noch kein Stein verbaut. Es ist das zweite Projekt, das blockiert ist. Der Grund: Überschreitung der Gewässerschutzzone. Die Einsprache kommt vom selben Absender.
Fragt man bei den Bauherren der beiden Projekte nach, gibt man sich wortkarg. Es sei ein Verfahren im Gang. Äussern wollen sie sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Die Gemeinde wird aktiv
Auch bei der Konolfinger Bauabteilung gibt man sich verschlossen und verweist an Gemeinderatspräsident Daniel Hodel (SVP). Dieser bestätigt das laufende Verfahren: «Wir haben beim Amt für Gemeinden und Raumordnung eine Reduktion des Gewässerraums beantragt», so Hodel. Der Kern der Änderung: Neu soll die Gewässerschutzzone für den Tonisbach nur noch 10,5 Meter betragen.
Aus Sicht der Gemeinde ist die Reduktion des Gewässerraums – sprich eine Anpassung im Baureglement – die einzige Lösung. Es gebe sonst keine gesetzliche Grundlagen, die Einsprachen des Anwohners anzufechten. Zuvor wurde das Dossier monatelang von der Gemeinde und vom Regierungsstatthalteramt behandelt. Gegen die Einsprachen des Anwohners waren sie machtlos. Eine Totalrevision der Ortsplanung ist nämlich nur alle zehn Jahre möglich. Würde die Gemeinde keine Ausnahmeregelung beantragen, wären die beiden Projekte sicher bis 2018 blockiert.
Der Grund, weshalb sich die Behörden auf die Seite der Bauherren stellen: Der klagende Anwohner wohnt selbst in der Gewässerschutzzone, auf die er sich beruft. Sein Haus liegt direkt zwischen den beiden Bauprojekten. Der Vorwurf aus dem Dorf: Er stelle sich bloss quer, damit ihm nicht die Aussicht verbaut werde. Öffentlich äussern will er sich nicht, beruft sich aber mit Nachdruck auf das geltende Baureglement der Gemeinde. Der Bauabstand für Bauten am Tonisbach sei 25 Meter.
Nach Ostern herrscht Klarheit
Das Amt für Gemeinde für Gemeinden und Raumordnung (AGR) hiess die ausserordentliche Baureglementsanpassung in einem ersten Urteil gut. Gegen die Entscheidung des AGR machte der Anwohner wiederum eine Einsprache. Diese wurde vom AGR erneut abgewiesen. Bis Ende März läuft nun die Rechtsmittelfrist. Das heisst: Falls wiederum Einsprache erhoben wird, geht der Fall weiter an die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion. Von dort kann er bis ans Bundesgericht weitergezogen werden. Das Behörden-Ping-pong könnte also noch über Jahre andauern.
Ob er den Fall weiterziehen will, wäge er zurzeit ab, so der Einsprecher. Nach Ostern weiss man mehr.
Schuss ging nach hinten los
Seit Jahren ist der unterirdische Bach Gegenstand eines Rechtsstreits. Seinen Ursprung hat der Konflikt im Jahr 2007. Damals stimmte die Gemeinde im Rahmen der Ortsplanungsrevision über das neue Baureglement ab. Es war eine emotionale Debatte. Zahlreiche Einsprachen gingen im Vorfeld der Abstimmung ein. Die meisten wegen des Umbaus der Winkelmattstrasse. Fast nur eine Randnotiz war eine Eingabe wert, welche die Lärmemmissionen der Nestlé-Fabrik betraf. Ein Ingenieurbüro kläre den Sachverhalt bezüglich Umwelt- und Akustikfragen ab. Das Fazit: Es waren keine Massnahmen erforderlich.
Im überarbeiteten Baureglement wurde dennoch auf das Anliegen Rücksicht genommen: Der Gewässerschutzabstand wurde im neuen Reglement für den To-nisbach von zuvor 5 auf 25 Meter erweitert. Dies, obwohl bereits zwei Häuser innerhalb dieser vermeintlichen Schutzzone standen. Das Motiv lag damals auf jener Seite des Bachs, wo Nestlé über zusätzliches Bauland verfügt. Ein allfälliges neues Fabrikgebäude, welches 25 statt 5 Meter vom Tonisbach entfernt wäre, würde weniger Lärm verursachen, so die Überlegungen. Nun zeigt sich: Der Schuss ging nach hinten los. Zwei Wohnbauprojekte in Millionenhöhe sind wegen der Regelung lahmgelegt.
Dass auf der anderen Seite der Strasse gebaut werden kann, war der erklärte Konsens der Ortsplanungsrevision. Auch in einer Gewässerschutzzone kann theoretisch gebaut werden. Aber in der Baupublikation muss erwähnt werden, dass man den Gewässerabstand nicht einhält. Und gegen diese sogenannte beanspruchte Massnahme kann Einsprache erhoben werden. Von jedermann, egal ob direkt betroffen oder nicht.
Zwei Projekte blockiert
Das erste Grossbauprojekt liess nach der Ortsplanungsrevision nicht lange auf sich warten. Im November 2010 war der Spatenstich für die «Wohnüberbauung Tonisbach». Neun Einfamilienhäuser, fünf Doppeleinfamilienhäuser und sechs Mehrfamilienhäuser waren konzipiert. Voraussichtlicher Fertigungstermin: 2013. Die Profile stehen heute noch. Die letzte Bauetappe, je ein Ein-, Doppel- und Mehrfamilienhaus, ist seit Jahren blockiert. Der Grund: die Einsprache eines Anwohners wegen Überschreitung der Gewässerschutzzone.
Ein paar Meter weiter den Hang hinunter stehen weitere Profile. Auch in der «Überbauung Tonispark» sollen mehrere Häuser zu stehen kommen. Bis jetzt wurde aber noch kein Stein verbaut. Es ist das zweite Projekt, das blockiert ist. Der Grund: Überschreitung der Gewässerschutzzone. Die Einsprache kommt vom selben Absender.
Fragt man bei den Bauherren der beiden Projekte nach, gibt man sich wortkarg. Es sei ein Verfahren im Gang. Äussern wollen sie sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Die Gemeinde wird aktiv
Auch bei der Konolfinger Bauabteilung gibt man sich verschlossen und verweist an Gemeinderatspräsident Daniel Hodel (SVP). Dieser bestätigt das laufende Verfahren: «Wir haben beim Amt für Gemeinden und Raumordnung eine Reduktion des Gewässerraums beantragt», so Hodel. Der Kern der Änderung: Neu soll die Gewässerschutzzone für den Tonisbach nur noch 10,5 Meter betragen.
Aus Sicht der Gemeinde ist die Reduktion des Gewässerraums – sprich eine Anpassung im Baureglement – die einzige Lösung. Es gebe sonst keine gesetzliche Grundlagen, die Einsprachen des Anwohners anzufechten. Zuvor wurde das Dossier monatelang von der Gemeinde und vom Regierungsstatthalteramt behandelt. Gegen die Einsprachen des Anwohners waren sie machtlos. Eine Totalrevision der Ortsplanung ist nämlich nur alle zehn Jahre möglich. Würde die Gemeinde keine Ausnahmeregelung beantragen, wären die beiden Projekte sicher bis 2018 blockiert.
Der Grund, weshalb sich die Behörden auf die Seite der Bauherren stellen: Der klagende Anwohner wohnt selbst in der Gewässerschutzzone, auf die er sich beruft. Sein Haus liegt direkt zwischen den beiden Bauprojekten. Der Vorwurf aus dem Dorf: Er stelle sich bloss quer, damit ihm nicht die Aussicht verbaut werde. Öffentlich äussern will er sich nicht, beruft sich aber mit Nachdruck auf das geltende Baureglement der Gemeinde. Der Bauabstand für Bauten am Tonisbach sei 25 Meter.
Nach Ostern herrscht Klarheit
Das Amt für Gemeinde für Gemeinden und Raumordnung (AGR) hiess die ausserordentliche Baureglementsanpassung in einem ersten Urteil gut. Gegen die Entscheidung des AGR machte der Anwohner wiederum eine Einsprache. Diese wurde vom AGR erneut abgewiesen. Bis Ende März läuft nun die Rechtsmittelfrist. Das heisst: Falls wiederum Einsprache erhoben wird, geht der Fall weiter an die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion. Von dort kann er bis ans Bundesgericht weitergezogen werden. Das Behörden-Ping-pong könnte also noch über Jahre andauern.
Ob er den Fall weiterziehen will, wäge er zurzeit ab, so der Einsprecher. Nach Ostern weiss man mehr.