Konolfingen - Auf zum Mond

Musikerin, Autorin und Lehrerin: Mirjam Gygax hat viele Facetten. Soeben hat sie ihr zweites Musikhörspiel mit Liedern und Geschichten für Kinder veröffentlicht.

Stephanie Jungo, Berner Zeitung BZ

Mirjam Gygax verliert keine Zeit. In Mantel und Schuhen marschiert sie ins Wohnzimmer, bietet etwas zu trinken an. «Wasser, Kaffee, Saft?» Die 38-Jährige kommt gerade von einer Weiterbildung. Sie ist Lehrerin im Teilpensum. Der Fotograf wartet schon, fragt nach einem geeigneten Ort für Fotos. Sie schlägt das Tonstudio im Keller des Hauses in Konolfingen vor. Erst jetzt legt sie Mantel und Schuhe ab. Fototermin. Lächeln für die Kamera. Der Fotograf verabschiedet sich, Mirjam Gygax setzt sich an den Tisch im Wohnzimmer. Und trinkt einen Schluck Wasser.

Sie hat soeben ihr zweites Musikhörspiel samt Begleitbuch veröffentlicht. «Phips und die Zauberlinse auf dem Mond». Es erzählt die Geschichte des zehnjährigen Phips. Ausgerüstet mit einer Kamera samt Zauberlinse, reist er durch Raum und Zeit. Nach seinem ersten Ausflug in die Steinzeit – Musikhörspiel «Phips und die Zauberlinse in der Altsteinzeit» erschien 2015 und wurde als bestes Kindermusical 2016 ausgezeichnet – reist der Junge nun in seinem neuen Abenteuer mit der Mission Apollo 11 zum Mond.

Der Ausgangspunkt

Es war die Idylle: eine kleine Schule auf dem Land. Die Schule Moosaffoltern. «Fast wie zu Gotthelfs Zeiten sah es dort aus», erzählt Mirjam Gygax. Sie unterrichtete Dritt- und Viertklässler gemeinsam. Bis die Gemeinde die Schule schloss. Die Zeit dort vermisse sie. So sehr, dass sie die Schule zum Vorbild für ihre Geschichten nahm. Ihre Geschichten verpackt Mirjam Gygax in Musik. «Ich wusste aber nicht, was aus dem Musikhörspiel, das ich im Kopf hatte, werden soll.» Bis zu jenem Tag in einer Pause im Lehrerzimmer. Mirjam Gygax unterrichtete damals in Konolfingen. Die Lehrer des Freifachs Musical suchten nach Ideen für die nächste Aufführung. Der Wink mit dem Zaunpfahl. Die Kollegen waren von ihren Liedern überzeugt. Und schon bald übten die Schüler die Lieder für das Musical ein.

«Wenn einem etwas mega gut gefällt, ist es nicht schlimm, wenn es viel zu tun gibt», sagt Mirjam Gygax. Im Gegenteil. Die Ideen zu ihren Geschichten kamen ihr in schweren Zeiten: Sie leidet an multipler Sklerose. Eine chronisch fortschreitende Krankheit. Nach einem Schub verbringe sie jeweils viel Zeit im Bett. Zeit, in der sie sich neue Geschichten und Lieder ausdenkt. Das verleihe ihr Energie: «So werden die Symptome der Krankheit für mich erträglicher.»

Die Veröffentlichung

Zurück beim Musical in der Schule Konolfingen: Die Aufführung sei damals gut über die Bühne gegangen. Doch was sollte nun mit den Liedern passieren? «Anstatt sie in einer Schublade verstauben zu lassen, wollte ich ein Musikhörspiel daraus machen», erzählt Mirjam Gygax. Sie habe versucht, eine CD bei einem Verlag unterzubringen. Ohne Erfolg. Ohne Begleitbuch wollte der Verlag nicht veröffentlichen. Ein Buch, das lediglich die Notenblätter der Lieder enthält, fand Mirjam Gygax langweilig. Sie schrieb ein «Mitmachbuch», das neben den Noten Illustrationen, Experimente und Fakten enthält.

Dasselbe Konzept liegt ihrem neuen Buch zugrunde. Es enthält beispielsweise Experimente – mit Streichhölzern oder Teebeutel –, die aufzeigen, wie Raketen funktionieren. Somit lassen sich die Bücher in den Unterricht einbinden. «Wissen vermitteln auf eine Weise, die den Schülern Spass macht, ist doch das Ziel von uns Lehrern.»

Die Schwierigkeiten

CDs samt Büchern veröffentlichen ist aufwendig. Und es sei nicht einfach, Geldgeber zu finden. «Man muss sich trauen, zu fragen.» Das habe sie mittlerweile aber gelernt. Das gilt nicht nur für das Finanzielle: Für das Vorwort des aktuellen Bands fragte sie Claude Nicollier – als einzigen Astronauten der Schweiz –, ob er etwas schreiben möchte. Prompt sagte er zu. Auch bei der Vernissage schaute er vorbei.

Neben den Hörbüchern macht Mirjam Gygax Musik im Duo Mirja u Minnig. Die nächste CD erscheint im Herbst. Für ihre Familie – ihr Ehemann brachte vier Kinder in die Ehe mit – bedeute das manchmal turbulente Zeiten. Gleichzeitig werde sie von ihr unterstützt, sodass sie bereits weitere Hörbücher plant: «Ich habe Ideen für die Fortsetzungen drei bis zehn.» Denn schliesslich solle man seine Träume leben – «wer weiss schon, was morgen ist».

Infos: www.zauberlinse.ch

[i] Siehe auch "Zauberlinse: Unvergessliche Vernissage mit Phips, Nicollier, Ogi und Jeannneret" vom 09.03.2018


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Erstellt: 05.04.2018
Geändert: 05.04.2018
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