Kiesental - Abwasser aus dem oberen Kiesental soll an der Aare gereinigt werden
In 20 Jahren dürfte es im oberen Kiesental keine ARAs mehr geben. Ein Vorprojekt soll zeigen, wo das Abwasser aus dem Raum Grosshöchstetten, Konolfingen gereinigt werden soll.
Silvia Ben el Warda-Wullschleger, Wochen-Zeitung
«Die ARAs im oberen Kiesental müssen weg», sagt Stefan Hasler, Leiter Abteilung Siedlungswasserwirtschaft beim Amt für Wasser und Abfall (AWA). Nicht heute und morgen, aber bis in etwa 20 Jahren müsse eine andere Lösung bereit stehen, weil dadurch ein besserer Gewässerschutz mit erst noch tieferen Jahreskosten erreicht werden könne. Betroffen sind die Anlagen Grosshöchstetten und oberes Kiesental mit Standort in Freimettigen. Der Grund, weshalb der Kanton auf eine andere Lösung drängt, sind die Vorfluter, das heisst die Gewässer, in welche das gereinigte Wasser abgeleitet wird. In Grosshöchstetten ist es der Mühlebach, in Freimettigen die Kiese. «Diese beiden Gewässer sind zu klein, insbesondere in Trockenperioden ist die Verdünnung zu gering», erklärt Stefan Hasler.
Die Zukunft liegt an der Aare
Die Zukunft liegt an der Aare
Weil in Grosshöchstetten in den nächsten Jahren grössere Investitionen anstehen, gelangte die Gemeinde als Betreiberin der ARA an die Region Kiesental, um eine Zusammenarbeit prüfen zu lassen. 2010/11 wurde eine Vorstudie ausgearbeitet. «Zuerst klärten wir ab, ob Grosshöchstetten an Freimettigen angeschlossen werden könnte», sagt Hans Schäfer, Geschäftsführer der Region Kiesental. «Es hätten grosse Investitionen getätigt werden müssen. Zudem wäre das Problem des Vorfluters Kiese nicht gelöst gewesen.» Weitere Varianten wurden geprüft, so der Zusammenschluss von Grosshöchstetten und Freimettigen mit der ARA in Kiesen oder mit jener in Münsingen sowie ein Zusammenschluss aller vier ARAs und ein Neubau im Raum Münsingen, Rubigen. Obwohl die Kosten für diese Variante mit 90 Millionen Franken hoch ausfallen (plus/minus 25 Prozent), schneidet sie gemäss Hans Schäfer in der Vorstudie am kostengünstigsten ab.
Weil nicht alle ARA-Betreiber mit dieser Schlussfolgerung einverstanden waren, wird nun ein Vorprojekt ausgearbeitet. «Damit wird man über detailliertere Zahlen verfügen und kann die Frage klären, ob es an der Aare eine grosse oder zwei mittlere Anlagen braucht», sagt Hans Schäfer. Auftraggeberin für das Vorprojekt wird eine AG sein, die in Gründung ist. Alle vier ARAs werden darin vertreten sein. Schäfer rechnet damit, dass das Vorprojekt in zwei Jahren abgeschlossen ist.
Zweifel an einer Grossanlage
Skeptisch steht Herbert Riem, Präsident der ARA unteres Kiesental mit Standort in Kiesen, dem Resultat der Vorstudie gegenüber. Er bezweifelt, dass eine neue Grossanlage die kostengünstigste Variante sein soll. «Der Beweis ist für mich noch nicht erbracht, da die Vorstudie darauf verzichtet, das investierte Kapital zu verzinsen und auch andere Kosten nicht korrekt darstellt.» In Kiesen wurde die Sanierung der ARA eben abgeschlossen. «Bei uns besteht kein Handlungsbedarf», sagt Herbert Riem. Sollte das Abwasser aus dem Raum Grosshöchstetten, Konolfingen ebenfalls in Kiesen gereinigt werden, müsste ausgebaut werden. «Bevor das in Erwägung gezogen werden kann, gilt es, zahlreiche Fragen zu klären, zum Beispiel, wer die neuen Leitungen nach Kiesen bezahlt. Meiner Meinung nach ist das eine Bringschuld jener Organisationen, die anschliessen müssen.» Herbert Riem hofft, dass das Vorprojekt dazu Entscheidungsgrundlagen liefern wird.
Ebenfalls kein Handlungsbedarf besteht vorläufig in Münsingen. «Wir haben vor sechs, sieben Jahren saniert und erweitert», sagt Rosmarie Münger, Gemeinderätin und Präsidentin der ARA-Betriebskommission. Wie Kiesen ist auch Münsingen, das die grösste der vier Anlagen betreibt, bei der AG dabei. «Eine regionale Zusammenarbeit macht Sinn, nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch.» Man wisse nicht, was gerade im Bereich der Mikroverunreinigungen (zum Beispiel Hormonrückstände im Abwasser) auf die ARAs zukommen werde. Entschieden sei aber auch in Münsingen noch nichts.
Grosshöchstetten muss investieren
Bei der ARA oberes Kiesental mit Standort in Freimettigen unterstützt man die Projektarbeiten «zwangsläufig», wie deren Präsident Andreas Schäfer sagt. «Unser Problem ist der schwache Vorfluter. Die Anlage selber ist auf dem neusten Stand.» In den Jahren 2007/08 sei saniert worden. Bis in 20 Jahren eine andere Lösung vorliege, könne man weitermachen, ohne gross zu investieren. Dies ist in Grosshöchstetten nicht der Fall, wie Gemeindepräsident Martin Steiner erklärt. «Wir müssen technische Anpassungen vornehmen, um den Betrieb bis etwa 2025 sicherstellen zu können.» Gerechnet werde mit Kosten von einer halben bis einer Million Franken. «Gewisse Einrichtungen könnte man auch bei einem Zusammenschluss weiterverwenden.»
Kanton zahlt mit
Von Seiten des Kantons ist mit Beiträgen an einen Zusammenschluss zu rechnen. Zum Zuge käme die wirtschaftlichste Variante, wie Stefan Hasler vom Amt für Wasser und Abfall sagt. Aus heutiger Sicht würde sich der Kanton mit gut einem Drittel an den Neuinvestitionen beteiligen, sei dies in Kiesen oder in Rubigen. Vom Gewässerschutz her spiele es keine entscheidende Rolle, ob ein grosser oder kleiner Zusammenschluss erfolge.