Kiesen - Tempo 30 sorgte für heisse Diskussionen

Die Gemeindeversammlung sagte Ja zu Tempo 30 auf den meisten Strassen der Gemeinde. Davor wurde aber heftig debattiert.

maz / Thuner Tagblatt
Die Hitze des ersten Sommerabends des Jahres übertrug sich am Freitag in die Turnhalle von Kiesen. 117 oder 17,8 Prozent der 650 Stimmberechtigten hatten den Weg an die Gemeindeversammlung gefunden. Es waren nicht die Auflösung des Gemeindeverbandes Pflegezentrum Oberdiessbach und auch nicht ein Landhandel zwischen dem Gemeindeverband Bestattungs- und Friedhofswesen und der Kirchgemeinde Wichtrach, welche die Menschen in Scharen aufmarschieren liess. Beide Geschäfte wurden diskussionslos genehmigt. Auch die Rechnung 2011, die bei einem Gesamtaufwand von 3,18 Millionen mit einem Ausgabenüberschuss von 3271 Franken abschloss, anstatt des budgetierten Einnahmenüberschusses von 29 335 Franken, gab zu keinen Diskussionen Anlass; sie wurde ebenfalls ohne Gegenstimme genehmigt.

Hitzige Debatte

Was die Frauen und Männer so zahlreich in die Turnhalle lockte, war ein viel emotionaleres Thema: Der Gemeinderat schlug vor, auf der Bahnhofstrasse und allen einmündenden Strassen eine Tempo-30-Zone einzurichten. Kostenpunkt: 44 000 Franken. Während der statuarische Teil und die ersten drei Traktanden in gut einer halben Stunde abgehandelt waren, gingen die Wogen bei diesem Traktandum hoch, sehr hoch: Am Ende jubelten und applaudierten die Abstimmungsgewinner frenetisch – was Gemeinderat Werner Waber zur Aussage bewegte: «Das finde ich jetzt überhaupt nicht fair; das ist einer Gemeindeversammlung nicht würdig.» Doch was war passiert in der hitzigen Debatte?

Peter Waber von der Landi gab als erster Votant gleich die Tonart vor: «Wenn wir wegen einer Tempo-30-Zone an der Tankstelle Umsatzverluste in Kauf nehmen müssen, können wir nicht garantieren, dass der Volg-Laden erhalten bleibt», sagte er. «Auf der Bahnhofstrasse Tempo 30 einzuführen, wäre Leichtsinn.» In der Folge wurde mit äusserst harten Bandagen debattiert; Unternehmer Gino Carossella rechnete vor, dass das Herunterschalten und das vergleichsweise hochtourige Fahren mehr Sprit brauche und deshalb umweltschädlich sei. Als einer der letzten von rund 30 Votanten schritt Peter Trevisan gleich an das Rednerpult des Gemeinderates und erklärte ausführlich und detailliert, warum der Antrag des Gemeinderates zurückzuweisen sei. «Der TCS beispielsweise sieht keinen dringenden Handlungsbedarf», sagte er, «und eine objektive Überprüfung der Massnahmen ist gar nicht möglich.» Deshalb soll der Gemeinderat die Vorlage neu aufarbeiten und noch einmal vorlegen. Schon zuvor hatte André Mühlemann in eine ähnliche Kerbe gehauen und die Versammlungsteilnehmer aufgerufen, sich auf Fakten zu besinnen. «Und diese sprechen gegen Tempo 30.» Hanspeter Hubschmid, früher Lastwagenfahrer, betonte auf der anderen Seite: «Mit zwei Kindern auf dem Trottoir der Bahnhofstrasse zu spazieren, bedeutet Stress.» Familienvater Urs Schüpbach erinnerte sich an seine Jugendtage und gestand: «Wenn auf der Bahnhofstrasse Tempo 30 gegolten hätte, wäre ich über die Umfahrungsstrasse von Oppligen zu meinen Kollegen in Kirchdorf gefahren.» Kaspar Stöckli sprach von einer «einmaligen Chance, den Verkehr auf den meisten Gemeindestrassen zu beruhigen, ohne die Hauptstrasse und die Umfahrung zu tangieren». Eine Ansicht, die letztlich 57 der Versammlungsteilnehmer teilten, während 53 die Vorlage ablehnten

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Erstellt: 14.05.2012
Geändert: 14.05.2012
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