Kiesen - Geschützter Baum darf bleiben

Beim Bahnhof Kiesen hätte aus Sicherheitsgründen ein geschützter Nussbaum gefällt werden sollen. Zwei Einsprachen von Privaten haben das Vorhaben nun aber verhindert.

Gabriel Berger, Thuner Tagblatt TT

In einem Rhythmus von drei Jahren lassen die SBB rund um ihre Bahnareale Bäume auf ihren Gesundheitszustand hin überprüfen. Bei der letzten solchen Kontrolle wurde festgestellt, dass der markante Nussbaum in der Strassenkurve beim Bahnhof in Kiesen im Bereich der Krone viele dürre Äste aufweist. «Da wartende Passagiere beim Perron durch herabfallende Äste getroffen und verletzt werden könnten, beschlossen wir, den Baum zu fällen», erklärt SBB-Mediensprecher Christian Ginsig die Vorgeschichte. «Wir wollten ihn jedoch durch eine neue, gesunde Linde ersetzen.»


Umdenken nach Einsprachen

Da es sich beim Objekt um einen geschützten Einzelbaum handelt, für dessen Fällung gemäss Naturschutzgesetz eine Ausnahmebewilligung nötig ist, mussten die SBB ihr Vorhaben öffentlich publizieren. Während der Auflagefrist reichten prompt zwei Privatpersonen eine Einsprache gegen das Gesuch ein, wie Hans Martin Schär vom Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland auf Anfrage mitteilte. «Die zwei Einsprecher wehrten sich grundsätzlich gegen die Fällung eines solchen Baums», so Schär weiter. Es gelte aber noch juristisch zu prüfen, wer in dieser Angelegenheit überhaupt einspracheberechtigt sei.

So weit wird es jedoch gar nicht kommen. Als die SBB nämlich vom Gegenwind erfuhren, der ihnen drohte, änderten sie ihre Pläne. «Aufgrund der Einsprachen haben wir entschieden, dass der Baum vorerst stehen bleiben soll», sagt Mediensprecher Ginsig. Es müsse jedoch auch künftig beobachtet werden, ob er weiter austrockne und Blätter verliere.

70 Jahre alt und 16 Meter hoch

Laut dem Solothurner Baumexperten André Hübscher können frei stehende Nussbäume bis zu 15 Meter, in grösseren Beständen sogar bis zu 30 Meter hoch werden. Diese Zeitung wollte es genau wissen und liess das Exemplar in Kiesen vom Baumpflegespezialisten Fabian Dietrich aus Därligen beurteilen. «Es handelt sich hierbei um einen Walnussbaum, in der Fachsprache Juglans regia genannt», erklärt Dietrich. «Er ist rund 16 Meter hoch, hat einen Kronendurchmesser von 15 Metern und einen Stammdurchmesser von circa 80 Zentimetern.» Das Alter schätzt der Experte auf circa 70 Jahre. «Der Baum steckt gewissermassen im Teenageralter, denn diese Gattung kann bis zu 300 Jahre alt werden», hält Dietrich fest.

Der Baumpflegespezialist kann zwar nachvollziehen, dass die SBB die herabfallenden Äste als Sicherheitsrisiko eingestuft haben, mit der zunächst geplanten Fällung zeigt er sich jedoch gar nicht einverstanden. «Der Baum hat einen sogenannten Entlastungsschnitt und Pflege im Bereich der Krone nötig, ansonsten ist er aber in einem guten Zustand», sagt Dietrich. Es sei normal, dass ein Baum in diesem Alter Totholz aufweise, das herunterfallen kann. «Nach einem Pflegeeinsatz könnte man den Nussbaum dann aber problemlos wieder fünf Jahre ohne weitere Pflege belassen.» Fabian Dietrich hält den SBB indes zugute, dass sie die Fällung nochmals überdacht haben: «Das ist ein Baum mit Zukunft. Er hat noch ein langes Leben vor sich und wertet das Dorfbild auf.»

Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 22.01.2013
Geändert: 22.01.2013
Klicks heute:
Klicks total: