Kiesen - Braut im Wolkenkuckucksheim
Am Samstag lud die Performance- und Installationskünstlerin Chantal Michel aufs Schloss Kiesen zum «Dîner blanc».
Helen Lagger / Berner Zeitung BZ
Eine Gruppe von ganz in Weiss gekleideten Menschen macht sich vom Bahnhof Richtung Schloss Kiesen auf. Es sind nicht Mitglieder der Sekte Fiat Lux, sondern Kuratorinnen, Sozialarbeiterinnen und Zahnärzte, die den Dresscode respektieren, um am «Dîner blanc», einer Performance von Chantal Michel, teilzunehmen. Im Schloss angekommen, bleibt bis zum Apéro noch etwas Zeit, durch die von der Künstlerin gestalteten Räume zu streifen. Gestaunt wird über die neusten Fotografien, in denen sie unter anderem Albert-Anker-Bilder nachgestellt oder neu interpretiert hat und dabei in sämtliche Rollen – sei es in diejenige des Erdbeermädchens oder in die des Grossvaters – geschlüpft ist. Oft begegnet sie einem dabei doppelt – etwa in Videoarbeiten, in denen sie in einem mysteriösen Kauderwelsch zu ihrem eigenen Abbild spricht.
Schwebende «Vanitas»
Die Kunstfigur Chantal Michel geistert durch das ganze Schloss. Doch wo ist die Gastgeberin aus Fleisch und Blut? Die Frage klärt sich, als man in den prächtigen Schlossgarten tritt. Auf einem dünnen, meterhohen Stock schwebt eine zarte Gestalt in den Wolken. Sie trägt ein bodenlanges, üppig mit Volants bestücktes und mit Puffärmeln versehenes Hochzeitskleid. Sie ist in einer sich ständig wiederholenden Bewegung gefangen: Manisch spiegelt sie das Geschehen rund um sich, nimmt Besucher ins Visier und kommuniziert so via Spiegel mit ihrem Umfeld. Hinter diesem fantastischen «Tableau vivant» schwanken riesige, uralte Bäume im Wind. Der Betrachter fühlt sich, als wäre er mitten in einem barocken Gemälde, in dem Chantal Michel die Rolle der «Vanitas» einnimmt, der Personifikation der Eitelkeit.
Weisses Dessert-Gedicht
Auch im Speisezimmer dominiert die hellste aller Farben: Auf dem Kamin steht eine kleine Büste, die von einem Hochzeitsschleier bedeckt wird, über den Stuhllehnen hängen weisse Kleidungsstücke. An den Wänden hängt die Werkgruppe «Les robes blanches de Chantal Michel», die mit Kleidern berühmter Designer wie Yoshi Yamamoto oder Chloé entstanden sind. Während es sich die Gäste beim Assortiment aus Jakobsmuscheln und Calamares gutgehen lassen, steht die Braut immer noch draussen im Garten und führt ihre Bewegungen aus, als wäre sie eine aufziehbare Figur auf einer Musikdose. Auf den ersten Gang folgt eine Suppe mit Blumenkohlröschen, Fisch auf Parfumreis, dann verschiedene weisse Käsesorten und am Ende ein Gedicht aus Eis mit dreierlei Aromen.
Wo ist sie geblieben?
Eine Frau blickt wieder einmal durchs Fenster in den Garten hinaus und verkündet: «Sie ist weg.» Wo ist die Braut im Wolkenkuckucksheim geblieben? Andere stellen sich pragmatischere Fragen: «Wie kommt man von diesem Stecken wieder herunter?» Chantal Michel meint dazu: «Ein Prinz hat mich heruntergeholt.» Die Gäste sind Teil geworden eines Märchens in Weiss. Am nächsten Morgen zweifelt man beim Erwachen, ob man dieser irrealen Hochzeitsgesellschaft auch tatsächlich beigewohnt hat. Doch die zum Kaffee servierten weissen Zuckermandeln, die noch in der Tasche vom Vorabend liegen, sind Zeugen: Es war kein Traum.
www.chantalmichel.ch
Schwebende «Vanitas»
Die Kunstfigur Chantal Michel geistert durch das ganze Schloss. Doch wo ist die Gastgeberin aus Fleisch und Blut? Die Frage klärt sich, als man in den prächtigen Schlossgarten tritt. Auf einem dünnen, meterhohen Stock schwebt eine zarte Gestalt in den Wolken. Sie trägt ein bodenlanges, üppig mit Volants bestücktes und mit Puffärmeln versehenes Hochzeitskleid. Sie ist in einer sich ständig wiederholenden Bewegung gefangen: Manisch spiegelt sie das Geschehen rund um sich, nimmt Besucher ins Visier und kommuniziert so via Spiegel mit ihrem Umfeld. Hinter diesem fantastischen «Tableau vivant» schwanken riesige, uralte Bäume im Wind. Der Betrachter fühlt sich, als wäre er mitten in einem barocken Gemälde, in dem Chantal Michel die Rolle der «Vanitas» einnimmt, der Personifikation der Eitelkeit.
Weisses Dessert-Gedicht
Auch im Speisezimmer dominiert die hellste aller Farben: Auf dem Kamin steht eine kleine Büste, die von einem Hochzeitsschleier bedeckt wird, über den Stuhllehnen hängen weisse Kleidungsstücke. An den Wänden hängt die Werkgruppe «Les robes blanches de Chantal Michel», die mit Kleidern berühmter Designer wie Yoshi Yamamoto oder Chloé entstanden sind. Während es sich die Gäste beim Assortiment aus Jakobsmuscheln und Calamares gutgehen lassen, steht die Braut immer noch draussen im Garten und führt ihre Bewegungen aus, als wäre sie eine aufziehbare Figur auf einer Musikdose. Auf den ersten Gang folgt eine Suppe mit Blumenkohlröschen, Fisch auf Parfumreis, dann verschiedene weisse Käsesorten und am Ende ein Gedicht aus Eis mit dreierlei Aromen.
Wo ist sie geblieben?
Eine Frau blickt wieder einmal durchs Fenster in den Garten hinaus und verkündet: «Sie ist weg.» Wo ist die Braut im Wolkenkuckucksheim geblieben? Andere stellen sich pragmatischere Fragen: «Wie kommt man von diesem Stecken wieder herunter?» Chantal Michel meint dazu: «Ein Prinz hat mich heruntergeholt.» Die Gäste sind Teil geworden eines Märchens in Weiss. Am nächsten Morgen zweifelt man beim Erwachen, ob man dieser irrealen Hochzeitsgesellschaft auch tatsächlich beigewohnt hat. Doch die zum Kaffee servierten weissen Zuckermandeln, die noch in der Tasche vom Vorabend liegen, sind Zeugen: Es war kein Traum.
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