Ohne ausländische Hilfskräfte: Nun werden Einheimische die Spargeln ernten
Die derzeitigen Einreisebeschränkungen und das Coronavirus stellen die hiesigen Bauernbetriebe vor ein Problem: Ihre Saisonhilfskräfte können oder wollen nicht einreisen. Davon betroffen ist auch Michael Hodel aus Vechigen, bestens bekannt für seine Spargeln. Seine langjährige und erfahrene Saisonniers-Familie aus Polen wird das delikate Gemüse heuer nicht ernten.
„Die weisse Spargel ist schwierig zu ernten. Man muss das während etwa zwei Wochen täglich machen, bis man die Technik beherrscht“, sagt Michael Hodel. Seit zehn Jahren vertraut Hodel seine Spargeln darum den erfahrenen Händen seiner vier polnischen Erntehilfskräfte an. „Die haben das Handwerk im Griff. Ich mag ihnen nicht nach“, sagt er.
Einerseits muss man die Spargeln, um sie zu stechen, zuerst einzeln „süüferli“ ausgraben. Dabei darf man die empfindlichen Exemplare nebenan nicht beschädigen. Andererseits sei die Arbeit auch „sehr schträngi Püetz“, sagt Hodel. Man arbeite viel in gebückter Haltung, und die Spargeln müssten täglich geerntet werden.
Viele wollen helfen – doch wer passt?
„Die drei Polen und eine Polin kommen hierher um zu arbeiten. Sie machen lange Tage, arbeiten täglich, sehr schnell und sehr exakt“, sagt Hodel. Nun musste er Ersatz finden. „Es ist sehr erfreulich: Sehr viele Leute melden sich von sich aus, um zu helfen“, sagt er. Darunter seien auch viele, die wegen der Krise nicht arbeiten könnten und nun auf Arbeitssuche seien – entweder aus finanziellen Gründen, oder weil ihnen zuhause die Decke auf den Kopf falle.
Aber der administrative Aufwand mit den vielen Anfragen sei gross, und die richtigen Leute auszuwählen und den anderen abzusagen, nicht einfach. Es hätten sich zum Beispiel Köche und Köchinnen gemeldet. Obwohl diese sicher ein gutes Gespür für die feinen Spargeln haben und sich für deren Weiterverarbeitung – waschen, sortieren und bündeln – besser eignen dürften, setzt Hodel nun auf Bauarbeiter, die dank ihrer kräftigen Statur die strenge Feldarbeit wohl besser prästieren.
Ungewissheiten erschweren die Planung
„Wir haben bereits einige geeignete Leute gefunden. Sobald wir mit der Ernte beginnen, werden wir sehen, ob alles klappt“, sagt Hodel. Sie hätten aber bereits eine lange Warteliste von geeigneten Leuten, falls es nicht funktioniere oder es zu wenige seien.
Da die Helfenden täglich kommen müssten, wollten einige dafür nicht den ganzen Tag im Einsatz sein. Zudem hänge der Beginn der Erntesaison sehr stark vom Wetter ab. „Manche Leute möchten aber sofort arbeiten“, so Hodel.
Letztlich eine Frage des Preises
Natürlich ist das Ganze auch eine Lohnfrage: „Wir bezahlen unseren polnischen Hilfskräften, die keine anerkannte Ausbildung haben, einen fairen Lohn. Aber gut Ausgebildete haben oft einen besseren Lohn, wenn sie Kurzarbeit machen oder Arbeitslosengeld beziehen“, sagt Hodel. Er könne zudem nicht mehr Leute anstellen als sonst und dazu noch mehr Lohn zahlen. „Sonst müssten wir die Spargeln teurer verkaufen“, sagt er.
Dazu komme auch die Herausforderung, die gewohnte Qualität ihrer Spargeln beizubehalten. „Die Polen machen 1A-Arbeit und wir können jeweils ein super Produkt verkaufen“, sagt Hodel. Wie sieht das aus, wenn Ungeübte das Gemüse ernten?
Verkaufshoffnung Hofladen
Zum Hilfskräfte-Problem kommt dieses Jahr auch noch die erschwerte Vermarktung. „Einen grossen Teil unserer Ernte verkaufen wir gewöhnlicherweise an Gastrobetriebe, einen zweiten grossen Teil auf dem Märit in Bern“, sagt Hodel. Beides fällt nun weg. „Der Hofladen darf aber offen haben und wir werden hier unsere Spargeln verkaufen“, so Hodel.
Trotz allem sieht er auch eine Chance in der aktuellen Situation: „Es wäre schön, wenn wir die Spargeln mit Leuten von hier ernten und direkt an Leute von hier verkaufen könnten. Und cool wäre es, wenn möglichst viele Leute zu uns auf den Betrieb kommen und sehen, wie wir arbeiten“, sagt er und fügt an: „Wenn es los geht, freuen wir uns über Sammelbestellungen für ganze Quartiere, für die Nachbarn oder Leute, die aktuell nicht aus dem Haus dürfen.“
[i] WICHTIG: Die Spargelernte wird in diesen Tagen losgehen. Wann genau es soweit ist, sehen Sie, wenn das Spargelplakat beim Hof aushängt, im Newsletter von Familie Hodel (abonnieren auf hodelvechigen.ch) oder auf der Facebook-Seite des Hofs der Familie Hodel. Dort gibt es auch ein Erntevideo von 2013 für alle die nun wissen wollen, wie Spargeln ernten nun genau geht!