Jessica Schwab und Ruben Tschirren: «Es ist wichtig, sich nicht zu vergleichen»
Jessica Schwab und Ruben Tschirren sind zwei junge Schreiner:innen mit Talent und Ehrgeiz. Bei den Selektionsmeisterschaften in Interlaken haben sie nicht nur ihre handwerklichen Fähigkeiten unter Beweis gestellt, sondern auch wertvolle Erfahrungen gesammelt. Im Interview erzählen sie von den Erfahrungen, persönlichen Erfolgen und ihrer Begeisterung für das Arbeiten mit Holz.
Jessica Schwab und Ruben Tschirren stehen im zweiten von vier Lehrjahren bei der Schreinerei Dubs AG in Münsingen, welche die beiden auf dem Weg zu den Selektionsmeisterschaften unterstütze.
BERN-OST: Herzlichen Glückwunsch zu euren Erfolgen bei den Selektionsmeisterschaften. Wie seid ihr zur Teilnahme an den Selektionsmeisterschaften in Interlaken gekommen?
Jessica: Unsere Berufsschule hat uns auf die Meisterschaften aufmerksam gemacht und uns motiviert, daran teilzunehmen. Ruben und ich dachten: Warum nicht? Verlieren können wir nichts. Ausserdem sahen wir es als gute Übung an, wie es später bei der Teilprüfung sein könnte, wenn man beobachtet wird.
Wie lief der Wettkampftag ab?
Ruben: An dem Tag hatten wir sieben Stunden Zeit, einen Tritthocker zu schreinern. Jede Verbindung, die wir gemacht hatten, mussten wir der Experten vorzeigen, damit sie bewertet werden konnte.
Jessica: Am Ende mussten wir unsere fertigen Arbeiten abgeben. Sie wurden nochmals genau geprüft und bewertet.
Wie habt ihr euch während des Wettkampfs gefühlt?
Jessica: Der Zeitdruck und die Nervosität waren deutlich spürbar. Ich wollte alles perfekt machen, aber schnell wurde klar, dass das bei dem engen Zeitrahmen nicht immer möglich war.
Ruben: Man hat deutlich gemerkt, dass es ein Wettkampf war. Ich musste mich manchmal zwingen, eine Arbeit so zu lassen, wie sie war, und den nächsten Schritt anzugehen. Am Ende hat alles gut geklappt.
Jessica: Wir hatten im Vorfeld einen Zeitplan erstellt, der uns geholfen hat, den Überblick zu behalten.
Ruben: Es war auch ein Vorteil, dass wir zu zweit teilgenommen haben. Wir konnten uns gegenseitig motivieren und Erfolge teilen, was gestärkt hat.
Ende Oktober hast du erfahren, dass du bei den Lernenden im zweiten Lehrjahr gewonnen hast, Jessica. Ruben, du hast den starken siebten Platz belegt. Wie habt ihr euch selbst eingeschätzt?
Jessica: Wir wussten anfangs nicht, wie viele Teilnehmende es geben würde. Unser Ziel war es, unter die Top 50 zu kommen und das Möbelstück rechtzeitig zu verleimen. Der Zeitplan hat weitgehend funktioniert, und ich war auf der Heimfahrt zufrieden. Dass ich am Ende die beste Bewertung erhalte, hätte ich aber nie erwartet.
Ruben: Auch ich war zufrieden, wusste aber, dass ich einige Kleinigkeiten besser hätte machen können.
Was nehmt ihr aus dieser Erfahrung mit?
Jessica: Sich nicht mit anderen zu vergleichen, ist eine wichtige Lektion. Neben mir hat jemand sehr schnell gearbeitet, was mich gestresst hat. Ich dachte, ich sei zu langsam. Am Ende war ich aber weiter als er. Man sollte sich auf sich selbst konzentrieren.
Ruben: Das sehe ich genauso. Ich habe gelernt, meinem Fachwissen zu vertrauen und nicht an mir selbst zu zweifeln. Es ist wichtig, einen Plan zu haben, die Arbeitsschritte sorgfältig nacheinander zu erledigen und sich nicht von anderen ablenken zu lassen.
Hast du etwas gewonnen?
Jessica: Ich habe ein personalisiertes Attest und einen Bit-Schraubenzieher erhalten.
Jessica, als Siegerin geht es für dich weiter, oder?
Jessica: Genau. Ich darf im April an den Regionalmeisterschaften teilnehmen. Von allen Teilnehmenden in Interlaken kommen die Top 10 weiter. Weil jemand abgesprungen ist, konnte ich nachrücken.
Was erwartet dich bei den Regionalmeisterschaften?
Jessica: Im Januar gibt es fünf Trainingstage. Der Wettkampf selbst findet in Wettingen statt, wo ich als einzige Frau gegen die besten Schreiner der Region Luzern antrete. Ich bin ein wenig skeptisch, weil ich die Einzige im zweiten Lehrjahr bin. Trotzdem freue ich mich auf die neuen Erfahrungen und darauf, viel für die Zukunft mitzunehmen.
Wolltet ihr von Anfang an Schreiner:in werden?
Jessica: Nein. Früher wollte ich Coiffeuse werden, dann Konditor Confiseur. Mein Vater ist Schreiner, deshalb hatte ich schon früh Kontakt mit Holz. Ich schnupperte in der Schulzeit bei der Schreinerei Dubs AG. Das Team war toll, die Arbeit hat mir gefallen und schnell war klar, das passt!
Ruben: Auch ich wollte nicht von Anfang an Schreiner werden. Anfangs interessierte mich der Beruf des Polymechanikers. Doch Holz hat mir letztlich besser gefallen als Metall.
Wieso?
Ruben: Ich mag keine heissen Materialien, und die Metallspäne haben mich gestört.
Was begeistert euch an eurem Beruf – und warum habt ihr euch für Holz entschieden?
Jessica: Ich finde es grossartig, am Abend sehen zu können, was ich gemacht habe. Holz ist so vielseitig – es lässt sich für alles Mögliche verwenden, von Fenstern bis zu Küchen. Ausserdem ist Holz ein Naturprodukt. Es wächst draussen in der Natur, und daraus können unglaublich nützliche Dinge entstehen.
Ruben: Ich schätze es, ein Material in den Händen zu halten, mit dem ich arbeiten kann. Holz begeistert mich, weil es sich leicht bearbeiten lässt. Mit wenig Werkzeug kann man schon etwas Schönes kreieren.
Was war bisher das anspruchsvollste Projekt in eurer Ausbildung?
Ruben: Für mich war das eine Gartenbank aus vielen einzelnen Latten. Jede Latte hatte einen anderen Winkel, und alles musste genau passen – das war ziemlich knifflig.
Jessica: Eigentlich ist jede Arbeit anspruchsvoll, besonders an den Maschinen. Man muss die Einstellungen perfekt kennen, damit das Ergebnis stimmt. Es gibt immer wieder Neues zu lernen.
Habt ihr ein Lieblingsstück, das ihr selbst hergestellt habt?
Jessica: Ich finde es immer wieder faszinierend, ein Projekt von Anfang bis Ende umzusetzen. Zum Beispiel, wenn das Holz angeliefert wird, ich es verarbeite und am Ende das fertige Fenster selbst montiere und an die Kundschaft übergebe – das ist ein tolles Gefühl.
Ruben: Die erwähnte Gartenbank bleibt mir besonders in Erinnerung. Sie war zwar anspruchsvoll, aber das Endergebnis sah grossartig aus, und die Kundschaft hat sich sehr darüber gefreut.
Gibt es Arbeiten, die ihr weniger gern macht?
Jessica: Fenster verputzen, aber auch das gehört dazu.
Ruben: Bei mir ist es ebenfallsdas Verputzen von Fensterflügeln. Es nervt mich nicht, aber ich würde manchmal lieber etwas anderes machen.
Habt ihr schon Pläne, in welchem Bereich des Schreinerhandwerks ihr nach der Lehre arbeiten möchtet?
Jessica: Mein erstes Ziel ist es, die Lehre erfolgreich abzuschliessen und das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis in den Händen zu halten. Was danach kommt, ist noch offen.
Ruben: Ich plane, nach der Lehre noch bis zum Militärdienst hier zu bleiben. Danach sehe ich weiter.
[i] Die Gesamtranglisten finden Sie hier.