Interview mit Niklaus Gfeller: "Ich gebe stets mein Bestes"

Der Worber Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) wehrt sich gegen den Vorwurf, ein Präsident des Stillstands zu sein. Er wurde am Sonntag vom Volk bestätigt.

Adrian Schmid, "Der Bund"

Herr Gfeller, welcher Job ist anstrengender: Gymnasiallehrer oder Gemeindepräsident?
Gemeindepräsident zu sein ist wesentlich anstrengender. Nur schon der Zeitbedarf ist grösser. Gemeindepräsident ist man rund um die Uhr. Immer wenn ich das Haus verlasse, werde ich als Gemeindepräsident angeschaut und angesprochen. Wenn ich früher das Schulhaus verliess, wurde ich nicht mehr als Gymnasiallehrer erkannt.

Als Gemeindepräsident steht man auch mehr in der Kritik.
Das gehört zur Politik. Konstruktive Kritik schätze ich sehr. Bei destruktiver Kritik ist es schwieriger. Aber auch dort gibt es Sachen, die man übernehmen kann.

Sind Sie ein Gemeindepräsident des Stillstands?
Für mich ist das ein Widerspruch. Im Bereich K6 in Worb Dorf steht derzeit ein grosser Bagger. Dort haben die Arbeiten an einer Überbauung begonnen. Ich gebe stets mein Bestes, wie auch die Leute auf der Verwaltung. Es stimmt nicht, wenn behauptet wird, es passiere nichts.

Bei einigen Worber Parteien tönt es anders.
Das Problem ist, dass die Ortsplanungsrevision 2011 abgelehnt wurde. In einem solchen Fall läuft einen Moment lang effektiv nichts. Ich trat dann mit der abgelehnten Ortsplanungsrevision nochmals im Parlament an – ohne die umstrittenen Einzonungen. Das Parlament sagte aber, es wolle von vorne beginnen. Da muss man mir nicht im Nachhinein Vorwürfe machen.

Niemand ist fehlerfrei.
Der Anspruch, dass in der Politik fehlerfrei zu arbeiten sei, ist ohnehin absurd. Niemand kann die Zukunft voraussagen. Diese ist grundsätzlich nicht bekannt. Jeder schätzt die Zukunft aufgrund seiner Erfahrungen ein. Die Leute kommen dabei zu unterschiedlichen Schlüssen. In der Politik ist es wichtig, dass man die verschiedenen Sichtweisen zusammenfasst und schaut, welcher Weg der beste sein könnte.

Sie haben am Sonntag in Ihrer Rede nach der Wahl gesagt, die Politik verkomme zunehmend zu einem Theater. Was meinten Sie damit?
Die Verfassung schreibt vor, in welchen Gremien politisiert wird. Heute gibt es aber neue Kanäle wie etwa die Kommentarspalten von Online-Medien. Dort können sich auch Auswärtige in die Gemeindepolitik einmischen. Das war früher weniger der Fall. Es kann doch nicht sein, dass jemand aus Vechigen sagt, was wir in Worb zu tun haben.

Was erwarten Sie von der neuen Stadtpräsidentin oder dem neuen Stadtpräsidenten von Bern?
Da halte ich mich als Auswärtiger heraus. Wenn sich der Berner Stadtpräsident zu Worber Themen äussern würde, wäre ich auch etwas beleidigt. Wichtig ist mir, dass sich die Stadt Bern als Teil der Region versteht und die Stadtpräsidentin oder der Stadtpräsident gleich motiviert in der Regionalkonferenz mitmacht, wie wir das tun.

Ursula Wyss hat zuletzt Alexander Tschäppät an der Regionalversammlung ab und zu vertreten. Wie haben Sie sie dort wahrgenommen?
Sie hat abgestimmt, wie das üblich ist. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Welches ist für Sie die grösste Herausforderung in den nächsten vier Jahren?
Die letzte Etappe der Verkehrssanierung in Worb. Ab dem nächsten Jahr wird der Ortskern umgestaltet. Zuerst wird die Bernstrasse ein Jahr lang teilweise gesperrt sein, danach die Bahnhofstrasse. Für die Leute, die dort wohnen oder Geschäfte betreiben, wird das eine schwierige Zeit. Im Bauablauf haben wir aber dafür gesorgt, dass jede Liegenschaft immer erreichbar ist.

Viele Gewerbetreibende haben Angst, dass sie auch nach der Bauzeit Einbussen haben werden, weil der Durchgangsverkehr dann nicht mehr durchs Dorf fährt.
Die Strassen werden nicht gesperrt. Pro Tag dürfen höchstens 4000 Autos durchfahren. Während der Hauptverkehrszeiten sollen daher Poller zum Einsatz kommen. Ansonsten werden die Strassen offen sein. Ohne den vielen Verkehr wird das Einkaufen künftig weniger stressig sein. Davon wird der Detailhandel profitieren.

Wird auch die Wohnlage aufgewertet?
Die Lebensqualität wird zunehmen. Das wollen wir auch nutzen. Im Bereich K6 haben die Arbeiten schon begonnen, andernorts ist die Planung angelaufen. Als die Ortsplanungsrevision neu aufgegleist wurde, war es ein grosses Anliegen der Bevölkerung, dass das Potenzial der Innenverdichtung ausgenutzt wird. Neueinzonungen sollen erst in Betracht gezogen werden, wenn dieses Potenzial ausgeschöpft ist.

Ziehen die Grundeigentümer mit?
Bisher sind wir auf recht viel Verständnis gestossen. Es ist klar, dass Besitzer von relativ neuen Häuser weniger Interesse haben. Es gibt aber durchaus Gebiete, bei denen es an der Zeit ist, über eine Verdichtung nachzudenken.

Der Kanton will auch mehr verdichten und in den urbanen Gebieten wachsen. Was halten Sie von dieser Strategie?
Das entspricht dem politischen Willen. Einzonungen von Landwirtschaftsland sind derzeit nicht erwünscht. Vorübergehend wird diese Strategie zu guten Resultaten führen. Das Grundübel liegt an einem anderen Ort: Jeder von uns beansprucht immer mehr Wohnfläche.

[i] Siehe auch Newsberichte:
- Worb - Neue Chance für den Präsidenten des Stillstands vom 19.12.2016
- Deutlicher Sieg: Niklaus Gfeller bleibt Worber Gemeindepräsident vom 18.12.2016


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Erstellt: 20.12.2016
Geändert: 20.12.2016
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