Alfred Jost: "Es gibt Leute, die extrem reagieren, wenn ihnen etwas nicht passt"
In einer losen Folge sprechen wir mit Gemeindepräsident:innen in der Region. Alfred Jost, Gemeindepräsident von Allmendingen, erzählt, warum kaum Familien in sein Dorf ziehen, was er auswärtigen Gästen zeigt und warum es nicht nur schön ist, Gemeindepräsident zu sein.
BERN-OST: Herr Jost, Warum sind Sie Gemeindepräsident?
Alfred Jost: Das ist eine Frage, die ich mir schon oft gestellt habe. Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass ich etwas bewegen kann für die gesamte Bürger:innenschaft.
Wie halten sie Kontakt zu den Allmendinger:innen?
Einerseits über die Medien, unser Infoblatt A-Journal und die Gemeindeversammlungen. Andererseits kontaktieren mich Leute von sich aus, oder man trifft sich beim Spazieren.
Was hören Sie dann im Gespräch?
Das ist durchzogen. Ein Grossteil ist positives Feedback, besonders an die Verwaltung. Es werde einem geholfen und man werde nett behandelt. Dann gibt es immer Leute, die extrem reagieren, wenn ihnen etwas nicht passt. Meistens geht es darum, dass sie eigene Bedürfnisse nicht umsetzen können, etwa beim Bauen. Auch Tempo 30 ist immer wieder ein Thema.
Ärgert es Sie, dass der Kanton in der Nachbargemeinde Rubigen Tempo 30 erlaubt hat, in Allmendingen aber nicht?
Ärgern nicht. Aber als wir das initiiert haben, gab es zwischen Befürworter:innen und Gegner:innen heftige Diskussionen an der Gemeindversammlung. Dass dann der Kanton nicht auf den Antrag des Gemeinderats einging, war schon schade.
In Allmendingen wohnen viele Leute mit Geld. Was macht das mit einem Dorf?
Das ermöglicht überhaupt erst ein Dorfleben. Wichtig ist aber: Das sind nicht extrem reiche Leute, eher mittlerer und oberer Mittelstand. Das ist wichtig. Wir hatten auch schon Zeiten, wo ganz wenige so viele Steuern zahlten, dass ein Klumpenrisiko entstand. Das ist jetzt nicht mehr so.
Allmendingen hat einen Steuersatz von 1.25 Einheiten. Das ist mit Abstand der tiefste Satz in der Region Bern-Ost. Wie wichtig sind die tiefen Steuern für die Gemeinde?
Sie machen uns zu einer attraktiven Gemeinde.
Sind die Wohnungen in Allmendingen entsprechend teuer?
Das ist so, ja. Wobei es sowieso nur ganz wenige Mietwohnungen gibt. Die Hauspreise sind mittlerweile so hoch, dass sich das eine jüngere Familie kaum leisten kann. In letzter Zeit gingen Einfamilienhäuser jeweils für 1,2 bis 2 Millionen weg. Meist wird an die Meistbietenden verkauft. Wenn überhaupt etwas ausgeschrieben ist.
Führt das nicht zu einer Überalterung in der Gemeinde?
Doch, das ist so. Wir haben eben gerade im Gemeinderat darüber geredet, wie man jüngere Familien nach Allmendingen bringen könnte. Aber eben, es ist schwierig. Ein Problem ist auch, dass es in Allmendingen keine Alterswohnungen gibt. Es gibt ältere Leute, die sagen, ihr Haus sei ihnen zu gross geworden. Aber wenn es im Dorf keine Alternativen gibt, bleiben sie halt darin wohnen.
Was könnte die Gemeinde unternehmen für mehr Alterswohnungen?
Nicht viel. Wir haben kaum mehr Bauland. Für eine der letzten Parzellen, oberhalb des Schlosses, ist ein Projekt mit Doppel-Einfamilienhäusern vorgesehen. Weitere Einzonungen sind zurzeit nicht möglich.
Was gefällt Ihnen an Allmendingen? Was zeigen Sie auswärtigen Gästen?
Vor allem haben wir eine tolle Aussicht auf die Alpen. Da sind Gäste jeweils hin und weg. Dann natürlich unsere beiden Schlösser und der Wanderweg an der Aare. Der Wanderweg ist sehr beliebt und wird seit Corona noch mehr benutzt.
Sie sind seit acht Jahren Gemeindepräsident. Wie gefällt Ihnen das Amt?
Die Erfahrung als Gemeindepräsident ist durchzogen. Einerseits kann man etwas bewegen, andererseits gibt es so viele übergeordnete Vorgaben, dass wenig Gestaltungsmöglichkeiten übrigbleiben. Manchmal scheint mir, dass es gegenüber der Gemeinde viele Erwartungen gibt, selber ist man aber nicht bereit, etwas zu geben. Zum Beispiel Corona. Da haben wir viel gemacht: Zur Impfung aufgerufen, Hilfe angeboten beim Anmelden, bei den Schultests mitgemacht. Und immer noch gibt es Leute, die nicht geimpft sind. Es ist ein freier Entscheid, aber das ist unsolidarisch.
Werden Sie bei den Wahlen 2024 nochmal antreten?
Wir haben eine Amtszeitbeschränkung auf drei Legislaturen. Da ich in der Mitte einer Legislatur angefangen habe, könnte ich noch einmal kandidieren. Ich weiss aber noch nicht, ob ich das tun werde.