Hitzewelle: Bierbrauer mögens heiss

Das aktuelle Sommerwetter beschert Bierbrauern Rekordabsätze. Doch zwischen verkaufsfördernd und zu heiss liegt ein schmaler Grat: Klettern die Temperaturen nämlich über 30 Grad, greifen die Konsumenten lieber zur Wasserflasche.

Benjamin Bitoun, Berner Zeitung BZ
Hitzewelle und Produktivität vertragen sich nicht? Nicht unbedingt. Denn während Büroangestellte, Bauern oder Bauarbeiter über die hohen Temperaturen stöhnen, freuen sich die Bierbrauer. Allen voran Max Egger (61), der die Worber Brauerei Egger in der 5.Generation führt.

«Die Nachfrage nach unserem Bier ist zurzeit riesig.» Normalerweise müsse er im Juli die Produktion drosseln, da sehr viele Kunden aus der Gastronomie Betriebsferien machen würden, sagt Egger. Nicht so in diesem Jahr. «Die Tanks sind randvoll. Wir laufen auf Hochtouren.»

Als zweitgrösste Brauerei im Kanton Bern hat Egger im letzten Jahr 26000 Hektoliter Bier produziert. Diese Marke dürfte heuer dank dem heissen Wetter geknackt werden. «Die Chancen dafür stehen gut», sagt Max Egger.

Nicht nur Egger freut sich über die Hitzewelle. Praktisch die gesamte Branche erlebt derzeit ein Hoch. «Dieses Sommerwetter ist der beste Bierverkäufer, den es gibt», bestätigt Ulrich Schmidt von der Rugenbräu AG. Der Interlakner Getränkehersteller gilt mit einem Ausstoss von 80000 Hektolitern als Nummer eins im Kanton Bern.

Zwar gibt Rugenbräu zur Bierproduktion keine Zahlen bekannt. Dank des Wetters erreiche diese aber aktuell neue Höhen, sagt Ulrich Schmidt, technischer Betriebsleiter von Rugenbräu. «Schon im Juni war unser Bierausstoss auf rekordhohem Niveau, und für Juli sieht es gleich aus.»

Ähnlich tönt es bei den beiden Branchenriesen Feldschlösschen und Heineken. «Zurzeit liegen wir ungefähr 30 Prozent über dem Juli des Vorjahres, sagt Feldschlösschen-Sprecher Andreas Schmid, dessen Unternehmen zur Carlsberg-Gruppe gehört.

Mit jährlich 3,4 Millionen Hektolitern Bier, Mineralwasser und Softdrinks ist Feldschlösschen der Branchenprimus. Und auch bei Heineken heisst es, das schöne Wetter mache sich deutlich in höheren Absatzzahlen bemerkbar. Konkrete Zahlen wollen beide Unternehmen jedoch keine nennen.

Der Sommer ist entscheidend

Juni, Juli und August sind in der Bierbranche die Monate, welche über den Erfolg des Geschäftsjahrs entscheiden. Ist der Sommer verregnet, so wie im letzten Jahr, fallen auch die Bierabsätze ins Wasser. Dabei sind in erster Linie die Wochenenden von zentraler Bedeutung – dies vor allem wegen der zahlreichen Sommerfeste. «An einem verregneten Wochenende im Sommer erhalten wir von den Veranstaltern von 100 ausgelieferten Hektolitern 40 zurück», sagt Bierbrauer Max Egger.

Ein weiterer Umsatztreiber: die Tropennächte. «Bei lauen Sommernächten setzen sich die Leute in den Garten und trinken ein Bier, statt ins Bett zu gehen», sagt Max Egger.

Der Grad der Wetterabhängigkeit hängt auch von der Lage des Produzenten ab: «Für Rugenbräu sind die Sommermonate noch wichtiger für das Geschäft als für andere Brauereien, weil das schöne Wetter Touristen nach Interlaken bringt», sagt Ulrich Schmidt. Er weiss: «Richtig gute Geschäfte macht man nur bei gutem Wetter.»

30 Grad sind bereits zu heiss

Der perfekte Sommer für die Bierbrauer ist sonnig, trocken – und vor allem lang. Idealerweise wird er zudem durch Grossereignisse wie Fussball-Europa- oder Weltmeisterschaften gekrönt. Zu heiss darf er indes nicht sein. Als Faustregel gilt: 27 Grad sind ideal.

Bei höheren Temperaturen sinkt der Alkoholkonsum bereits wieder. «Für uns ist das Wetter aktuell bereits zu heiss», sagt Adrien Weber, Geschäftsführer von Turbinenbräu, der grössten unabhängigen Brauerei im Kanton Zürich. Zwar sei Turbinenbräu weniger vom Wetter abhängig als andere Produzenten, da sie ihr Bier direkt an Gastronomen und nicht über Detailhändler verkaufe. Doch habe eine Studie unlängst gezeigt, dass bei Temperaturen um die 30 Grad weniger Alkohol, dafür um die 300 Prozent mehr Mineralwasser konsumiert werde.

Ein Ergebnis, das von Feldschlösschen-Sprecher Andreas Schmid bestätigt wird: «Aufgrund der sehr hohen Temperaturen steigen die Leute auf Durstlöscher um. Am deutlichsten spüren wir die erhöhte Nachfrage bei unseren Mineralwassermarken und den Softdrinks sowie bei alkoholfreiem Bier.»

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Erstellt: 25.07.2015
Geändert: 25.07.2015
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