Helipilot Patrick Berger in den USA: "Linden hat einen neuen Piloten. Auf und davon!"
Der 23-jährige Patrick Berger aus Linden ist am 4. Januar für ein Jahr in die USA gereist, um sich zum Helikopterpiloten ausbilden zu lassen. Nach vier Monaten in den USA erhält er seine erste Lizenz. Von zuhause vermisst er am meisten den Käse und das Bier.
Nachdem ich mein erstes Solo direkt von der Flugschule aus absolviert hatte, begann der spassige Teil des Fliegens. Cross Country, das heisst weg vom Flughafen in Troutdale, südlich nach Independence. Rund 80 Kilometer Luftlinie auf einen anderen Flughafen, auftanken und zurück. Das ist fliegen wie ich es mir vorgestellt hatte. Auf und davon!
Nach nur zwei von diesen Cross Country Flügen, hiess es erneut Solo Flug, nur diesmal auch solo Cross Country. Mit gutem Wetter und etwas improvisierter Flugroute, meine geplante Route über einen Hügel war in Wolken gebettet, sicher angekommen und aufgetankt weit weg von zu Hause. Noch kurz die Beine strecken, und man wäre ja nicht in den USA wenn nicht eine Pilotin gekommen wäre und mich gefragt hätte, ob ich Lust habe mit ihr und ihrem Flugzeug einen Rundflug zu machen. Leider war das nicht möglich, da ich den Helikopter zurückbringen musste. Es fiel mir schwer, nein zu sagen. Doch nach längerem Schwatzen und einem kleinen Stau bei der Tanksäule, mein Helikopter war noch dort, eilte ich zurück nach Troutdale, denn jemand wartete schon auf meinen Heli. Nach über zwei Stunden Flug sicher gelandet und mit etwas Stolz nach Hause gegangen.
Nachtflug: 23.00 Take off, 03.00 Landung
Mein Nachtflug ist das bisherige Highlight in den vier Monaten. Kein Verkehr, all die Lichter, einfach traumhaft zum fliegen. Nachdem wir morgens um 1 Uhr eine Zwischenlandung gemacht haben, Kaffee getrunken und Cookies gegessen haben, ging es in die Stadt Portland. Niemand kümmert es, wenn du morgens um 2 Uhr mitten in der Stadt auf einer Helikopterplattform landest. Kurz noch um ein Hochhaus geflogen und dann ab zu den grossen Fliegern nach Portland International Airport. Gutes Gefühl mit dem kleinen Heli neben den grossen Passagierflugzeugen zu landen. Ja, ich kam mir winzig vor. Einige Kurven gedreht und nach 3,6 Stunden Flug ab nach Hause und mit einem simulierten Motorenausfall die letzte Landung absolviert.
Stage 2 bestanden
Viel Schweiss beim Lernen, doch voll motiviert arbeitete ich auf den Stage 2 Check hin. Nach langer, sehr langer, 3.5 Stunden langer Theorieprüfung, bei der ich über ALLES ausgefragt wurde, musste ich schliesslich den Flug verschieben weil ich meinen Kopf nicht nach links drehen konnte. Nackenprobleme. Ich hatte wohl nicht die beste Schlafposition in der Nach davor.
Doch am Donnerstag 7. Mai um 11.30 Uhr war dann Take off zur letzten Prüfung, bevor ich zum Checkride gehen kann. Nach einem, von mir aus gesehen schlechten Flug, habe ich aber trotzdem alles bestanden und kann nun an den Checkride für meine erste Lizenz gehen. „Sei nicht so kritisch mit dir selber“, habe ich schon öfters gehört. Doch was fliegen angeht, da bin ich sehr selbstkritisch und ehrgeizig.
"Linden hat einen neuen Piloten!"
Kurzer Rückblick nach vier Monaten. Angekommen am 4. Januar, ohne grosse Englischkenntnisse, ohne jemanden zu kennen, in einem neuen Land, mit dem Ziel Pilot. Am 13. Mai um 11 Uhr hiess es: Du bist jetzt offiziell Pilot. Ich hab meine erste grosse Hürde gemeistert in nur einem Anlauf.
Nach grosser Nervosität, zittrigen Händen aber immer mit dem Gedanken die nächsten Stunden könnten mein Leben verändern, ging ich an den Checkride. Tagwache morgens um 3.45 Uhr um die Flugplanung zu machen. Nach bestandener Theorie ging ich voll motiviert ans Fliegen. Mein Prüfer sagte, er sei mein erster Passagier heute und er verhalte sich auch so, als hätte er keine Ahnung vom Fliegen. Also machte ich ihn auf die Gefahren aufmerksam. Er solle nichts berühren und als ich ihm sagte: „Wenn es dir übel werden sollte, lasse es mich wissen, dann kann ich landen“, musste ich selber lachen.
Petrus war nicht unbedingt auf meiner Seite an dem Tag. Es war sehr windig, regnerisch und die Wolken hingen ziemlich tief. Trotzdem startete ich die Maschine. Meine Nervosität war schon fast verschwunden, denn ich wusste, dass ich das Fliegen beherrsche. Trotzdem blieb ein „chribeliges“ Gefühl, weil ich meinem Lebenstraum so nah war wie nie zuvor. Aussenlandung, Motorenausfall, Landen wie ein Flugzeug (mit Kufen), Quick Stopp, (abruptes Stoppen des Helikopters im Vorwärtsflug) wollte er von mir sehen. Auch das Funken war ein wichtiger Punkt. Ich glaube, wenn der Mann im Tower einen Kaffee mehr getrunken hätte, wäre er ein bisschen motivierter gewesen. Trotz allem war es ein guter Flug, und das wichtigste ist, dass ich bestanden habe und somit offiziell Helikopterpilot bin.
Nach vier Monaten fühlt man sich schon fast ein bisschen zu Hause. Man kennt viele, weiss wo was ist im Supermarkt, kennt die Umgebung und fühlt sich wohl. Auch die Feuerwehrmänner habe ich schon aufgehalten um mit ihnen gemeinsam ein Foto zu machen. Niemand bleibt verschont. Ich bin immer noch erstaunt wie viele begeistert gucken wenn sie erfahren, dass du Schweizer bist.
Mein Alltag unterscheidet sich deutlich vom Arbeitsleben in der Schweiz. Jeder Tag ist anders. Es unterscheidet sich von meinen Zeiten in der Schule, also Flug und Theoriestunden. Manchmal heisst es morgens um 5 Uhr Flugplanung machen, manchmal ist schlafen bis um 11 Uhr angesagt. Nach dem Frühstück, welches meistens Toast oder Cornflakes beinhaltet, geht es ab in die Schule oder es ist studieren zu Hause auf dem Plan. Körperliche Arbeit ist selten. O.k., manchmal den 300kg schweren Helikopter rausschieben, zu zweit wohlverstanden.
Am meisten Mühe habe ich mit den Wochentagen. Es gibt selten einen Tag an dem ich nicht kurz überlegen muss ob jetzt Montag oder Mittwoch ist. Dies weil man keinen Unterschied merkt zwischen Arbeitstagen und Wochenende. Einkaufszentren sind offen, Arbeiter am arbeiten, in der Flugschule ist Normalbetrieb. Viele fragen mich, was ich am meisten vermisse aus der Schweiz.
Guter Käse und ein gutes Bier ist meine Antwort. Original Emmentaler Made in Kalifornien ist nicht dasselbe. Ausserdem: Wenn ich ein Paket in die Schule geliefert bekomme, schauen die Leute mich an und sagen mit einem Augenzwinkern „12% der Schokolade muss du uns als Gebühr abgeben.“
Selbst ist der Mann...
[i] Zu den vergangenen Berichten von Patrick Berger...