Trotz bitterer Pille: Harmonie in Herbligen

Eine Steuererhöhung um zwei Steuerzehntel und die Wahl eines neuen Gemeinderatsmitglieds - in einer kleinen Gemeinde könnte das auf Widerstand stossen, möchte man meinen. Doch nicht so an der Gemeindeversammlung in Herbligen.

Pascale Groschel, pascale.groschel@bern-ost.ch

Dass sich in kleineren Gemeinden viele der Einwohner:innen kennen, ist kein Geheimnis. In Herbligen merkt man schnell, hier kennen sich wahrscheinlich wirklich alle 57 anwesenden Stimmberechtigten.

 

Letzte Aufgabe

An seiner letzten Gemeindeversammlung als Gemeinderat und Zuständiger für das Ressort Finanzen hatte Urs Bieri eine schwierige Aufgabe. Er musste den Anwesenden erklären, wieso es eine Steuererhöhung von zwei Steuerzehnteln braucht. Der Steuerfuss sollte somit von aktuell 1.7 auf 1.9 erhöht werden. Ein grosser Kostenpunkt sei laut Bieri die Schulreorganisation: «Ab 2025 braucht es eine Klasse mehr, da es eine Zunahme an Schulkindern gibt.»

 

Zudem habe die Gemeinde in den nächsten Jahren verschiedene Investitionen geplant. Dort ist der grösste Kostenpunkt der Hochwasserschutz Chisebach, welches Herbligen rund eine Million Franken kosten wird. Ausserdem wäre das Eigenkapital von 350'000 Franken im Jahr 2029 aufgebraucht, wenn keine Erhöhung stattfände.

 

Bloss eine Stimme fand, dass es etwas «Angstmacherei» sei. Sonst blieb es ruhig in der Mehrzweckhalle. Deshalb kam es rasch zur Abstimmung, welche mit drei Enthaltungen und drei Gegenstimmen angenommen wurde. Sowohl Bieri wie auch den Gemeindepräsidenten Rudolf Scheidegger überraschte das klare und unumstrittene Ergebnis, obwohl es notwendig sei.

 

Geringer Wechsel im Gemeinderat

Weiter ging es mit dem Traktandum Gemeinderatswahlen. Rudolf Scheidegger stellte sich weiterhin als Gemeindepräsident zur Verfügung. Da sonst keine Vorschläge eingetroffen sind, wurde er in stiller Wahl bestätigt. Scheidegger nimmt die Wahl an, bremst jedoch die Freude: «Das heisst aber nicht, dass ich es noch vier Jahre mache. Aber das ist ein anderes Thema.» Er habe sich auch angeboten, weil bereits der Vize-Präsident Urs Bieri demissioniert.

 

Der Vorschlag des Gemeindepräsidenten, Thomas Froidevaux als neuen Gemeindevizepräsidenten zu wählen, wurde ebenso in stiller Wahl angenommen. Froidevaux ist erst seit einem Jahr in seinem Amt als Gemeinderat tätig und freut sich auf seine neue Aufgabe. Durch den Rücktritt wurde ein Platz im Gemeinderat frei. Auch da schlug Scheidegger eine Person vor: Adrian Bachmann. Da keine weiteren Vorschläge eingingen, wurde Bachmann, welcher seit sechs Jahren in Herbligen lebt und Vater von drei Mädchen ist, still gewählt. Ebenso der bestehende Gemeinderat und das Rechnungsprüfungsorgan.

 

Viele Worte der Dankbarkeit

Nach zehn Jahren im Gemeinderat sei die Zeit gekommen sein Amt niederzulegen, sagt Urs Bieri. Dem Gemeindepräsidenten fiel die Verabschiedung von seinem Vizepräsidenten nicht leicht: «Er war immer ein Fels in der Brandung und besitzt viel Ruhe und Gelassenheit. Wenn wir bei etwas unsicher waren, sagte ich oft, ‘wir fragen noch Urs’. Mit seinem grossen Fachwissen und seinem guten Gedächtnis konnte er meist weiterhelfen. Ganz, ganz grosses Merci!» Mit grossem Applaus wurde er verabschiedet.

 

Gemeinderat Thomas Lüthi verabschiedete Margreth Bachmann, welche zusammen mit ihrem Mann Erwin Bachmann lange für die Hauswartung des Schulhauses und der Gemeindeverwaltung zuständig war. «Du hast mehr als nur deine Aufgaben gemacht», sagte Lüthi. Seit dem Sommer geniessen Bachmanns nun den Ruhestand.

 

Ebenso wurde Martin Vögeli verabschiedet, welcher nach über 30 Jahren bei der Abfallentsorgung seine Arbeit niederlegte. «Du hast jeder noch so steilen Strasse getrotzt und dies, obwohl das Fahrzeug nicht immer einwandfrei funktioniert hat», schmunzelte Thomas Froidevaux.

 

Besonders geehrt wurde Caroline Mühlethaler. Die 13-jährige Herbligerin erreichte
den 1. Platz an den Swiss Jazzdance Competitions. Sie setzte sich gegen mehr als 50 Konkurrentinnen durch. «Du bist für alle ein grosses Vorbild und zeigst beeindruckende Leistungen», lobte Gemeinderätin Myriam Schmid. Am nächsten Tag flog Caroline Mühlethaler an die Weltmeisterschaften nach Prag. Und eines ist sicher: Ganz Herbligen wird ihr die Daumen drücken.

 

[i] Der Kanton schreibt vor, dass die Gemeinde eine Tagesschule anbieten muss, wenn mehr als zehn Schüler:innen daran interessiert sind. Da dies in Herbligen ab Sommer 2025 der Fall ist, braucht es dafür Räumlichkeiten, welche den Anforderungen entsprechen. Deshalb kam ein Verpflichtungskredit von 200’000 Franken für den Einbau eines Schulzimmers, welches vielseitig nutzbar sein soll, zur Abstimmung. Diese wurde einstimmig angenommen.

 

[i] Ebenso wurde der Verpflichtungskredit von 100'000 Franken für die Sanierung der Bühlstrasse und der Wydibühlstrasse genehmigt.


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Erstellt: 01.12.2024
Geändert: 01.12.2024
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