Hans Kipfer Schlossgut Münsingen: "Gewisse Massnahmen waren ein Witz"

Kipfers verlassen das Schlossgut Münsingen. Nach fünf Jahren schaut Hans Kipfer zurück. Er spricht über "unsinnige" Corona-Massnahmen, über tiefe Margen und lange Öffnungszeiten in der Gastronomie.

Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch

BERN-OST: Sie waren während fünf Jahren Pächter im Schlossgut – wie lautet Ihre Bilanz?

Hans Kipfer: Wir sind sehr dankbar. Die Zeit mit den Mitarbeiter:innen, den Gästen und der Familie war gut. Für die Familie, weil es ein Familienbetrieb war. Meine Frau und zwei Töchter arbeiteten im Betrieb, eine weitere Tochter machte das Grafische und der Junior half auch noch aus.

 

Was war das Schwierigste an der Pandemie für Sie als Gastronom?

Sich immer wieder neu auszurichten. Wir sagten immer, wir wollen da sein für die Gäste. Man musste immer neue Lösungen finden, das war die grösste Herausforderung.

 

Sie waren nicht immer einverstanden mit den Massnahmen für die Gastronomie. Womit hatten Sie am meisten Mühe?

Ablauftechnisch war das Contact Tracing in der Gastronomie fragwürdig. Dass sich die Gäste registrieren und wir Listen führen mussten, war für nichts. Wir hielten Abstände, trugen Masken, hatten Trennscheiben, wozu dann noch das ganze Theater? Ich erlaube mir zu kritisieren, aber haben wir die Massnahmen eingehalten.

 

Ist Corona der Grund, dass Sie das Schlossgut früher verlassen?

Ja, auch. Ursprünglich wollten wir bis nächsten Mai hier arbeiten. Es machte für uns keinen Sinn im Frühling nochmals hochzufahren und danach zu gehen.

 

Warum sind Sie gegen das Zertifikat und gegen die Impfung?

Im Grundsatz bin ich dafür, dass wir alle bewirten können. Mit Zertifikat geht das nicht. Bezüglich Impfung soll jeder selbst entscheiden. Wichtig ist, dass wir uns alle risikobewusst verhalten. Ich bin nicht geimpft und wäre nie in ein Eisstadion gegangen oder sonst an einen Grossanlass. Wir wissen nicht, wie oft noch geboostert werden soll und wohin dies führen wird.

 

Denken Sie, das Verhalten der Leute auswärts zu essen, hat sich verändert?

Ja, die Leute gehen gezielter aus. Wir unterscheiden zwischen Sommer- und Wintersaison. Unser Sommer war super, auf der Terrasse lief es gut. Im Innenbereich merkten wir schon, dass die Leute weniger unterwegs sind.

 

Mal abgesehen von Corona, wie anstrengend ist die Gastronomie?

Die Intensität war sehr hoch hier im Betrieb. Wir hatten um die 200 Anlässe pro Jahr. Zudem das Restaurant mittags und abends durchgehend geöffnet. Am Freitag und Samstag wurde es oft spät. Der Montag war unser einziger Ruhetag.

 

Rechnet es sich das Restaurant mittags zu öffnen?

Nur abends öffnen wäre nicht gegangen. Wir hatten auch Tagesanlässe. Zudem wollten wir für alle Münsinger:innen da sein. Es ist ein Spagat, vormittags kommen Mütter mit kleinen Kindern auf den Spielplatz. Die Mittagessen laufen meistens gut. Wir hatten viele Geschäftsessen, Ehemaligen-Treffen. Das Potenzial hier ist gross, aber es braucht auch Einsatz und Energie.

 

Die Margen in der Gastronomie sind tief, und dann kann man weniger Gäste bewirten als normal – wie sehr wird dies die Branche verändern?

Restaurantbetreiber:innen müssen umdenken, sich transformieren, aber das bedingt auch, dass die Mieten sinken. Sonst könnte es schwierig werden eine:n Pächter:in zu finden.

 

Wie geht es weiter mit dem Schlossgut?

Im Saal sind noch Anlässe gebucht bis im Mai, das wird über externe Caterer:innen abgewickelt. Die Bauphase beginnt Ende Mai bis Oktober. Die Gemeinde sucht jetzt eine:n Pächter:in ab Herbst.

 

Nun werden Sie Hotelier?

Mein Herzblut ist in der Gastronomie, ich bin gelernter Koch, das ist mein Metier. Wir wechseln ab April ins Hotel Odelya nach Basel. Das ist ein Seminar- und Eventhotel, gehört der Basler Mission. Es hat über 70 Zimmer, 20 Seminarräume und Restauration. Ich freue mich sehr auf diese Führungsaufgabe und neue Herausforderung.

 

Sie politisieren für die EVP im Grossrat, im März sind Wahlen. Kandidieren Sie nochmals?

Ja, die Wahlen mache ich noch mit, da die Listen schon erstellt sind. Danach werden wir umziehen, und dann kann jemand nachrutschen. Der Entscheid für die Hotelleitung wurde erst in den letzten Tagen definitiv. Die Kandidatur war bereits aufgegleist.

 

[i] Andrea und Hans Kipfer führten das Restaurant und Gemeindesaal Schlossgut, Münsingen. Am 23. Dezember war das Restaurant zum letzten Mal geöffnet.


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Erstellt: 24.12.2021
Geändert: 24.12.2021
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