Häutligen - "Bauernsonntag" dank Tour de Suisse

Morgen führt die siebte Etappe der Tour de Suisse durch das Emmental. In der 252-Seelen-Gemeinde Häutligen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren – noch fehlt der Blumenschmuck an einigen Häusern.

Simon Gsteiger, Der Bund
«Bitte halten Sie am 20. Juni 2014 die Strasse sauber und schmücken Sie Ihr Haus mit Fahnen und wenn möglich Blumenschmuck. Danke!» So weist die Gemeindeverwaltung Häutligen die 252 Einwohner auf den bevorstehenden Anlass hin: Die Einzelzeitfahrt der Tour de Suisse führt durch das kleine Dorf im Emmental (siehe Kastentext).

Gemeinderat Christoph Siegenthaler plant seit einigen Monaten. «Ich bin kein grosser Radsportfan.» Inzwischen sei er «wie alle in Häutligen» aber gespannt. Einige Fahnen hängen bereits, auch das Ortsschild wurde auf sein Geheiss mit Blumen geschmückt, am Dorfeingang heisst ein Begrüssungsschild die Radler und Besucher willkommen. «Heute Abend beginnen wir mit dem Aufbau der Festwirtschaften», sagt Siegenthaler.

Ortsdurchfahrt nicht möglich

Da kommen die Schützen, Hornusser und der Dorfverein zum Zug. Sie stellen beim Ortseingang und beim Restaurant Bärli, dem einzigen Lokal in Häutligen, zwei Imbiss- und Getränkestände auf. Wie viele Besucher antraben, das kann Siegenthaler aber nicht sagen. «Die Organisatoren nehmen da einen Erfahrungswert – der schwankt zwischen zehn und tausend Personen.» So oder so: Die Ortsdurchfahrt ist bis am Abend gesperrt. Über hundert Meter werden abgesperrt. Schliesslich erreichen die Velofahrer am Dorfausgang ein Tempo von bis zu 70 Stundenkilometern.

Milch für die Sensationslustigen

Legt dieser Anlass den gewohnten Dorfbetrieb lahm? «Nein, nein, so schlimm ist das nicht», sagt Michael Gäumann. Vor seinem Bauernhof werden die Pedaleure vorbeirasen, ihn kümmert dies aber wenig. «Alle Bauern wurden früh genug darauf hingewiesen. Das Wetter wäre fürs Arbeiten zwar ideal, jetzt lege ich aber einen Bauernsonntag ein.» Die Kühe lässt er im Stall, auch der Traktor bleibt stehen. «Ich geniesse den Tag einfach mit meinen Verwandten», sagt Gäumann. Die Geranien ständen sowieso schon draussen, nur wischen müsse er noch.

Auch Gäumann hat sich für die Verpflegung etwas ausgedacht: «Wir klären noch ab, ob wir etwas Milch unter die Leute bringen dürfen. Vielleicht machen wir Erdbeer- oder Vanilleshakes.» Nur: Die Milch sei nicht abgekocht, «dafür ist sie schön kalt».

Bedienung mit tiefem Einblick

Der Wirt des Restaurants Bärli rüstet sich mit Würsten und Bier: 100 Cervelats, 50 Bratwürste, 200 Weggli und 10 Kilogramm Hohrücken hat er bestellt – «der Hohrücken ist für das Schnitzelbrot», erklärt Hans Meisser. Vor dem Restaurant will er ein Grill- und ein Bierzelt sowie eine Cüplibar aufstellen. «300 Liter Bier stehen parat; natürlich hoffe ich auf viele Besucher.» Er habe sicherheitshalber mehr Personal aufgeboten. Noch etwas verrät der Bärli-Wirt: Die weiblichen Angestellten servierten sogar im Dirndl. «Das machen sie normalerweise nur am Sonntag, aber die Tour de Suisse führt ja nicht alle Tage an der Haustüre vorbei.»

7. Etappe führt durch das Emmental Start und Ziel sind in Worb

Morgen findet das Einzelzeitfahren der Tour de Suisse statt. Start und Ziel befinden sich in Worb. Die 24,7 Kilometer lange Strecke führt in einer Schlaufe südlich durchs Emmental über Trimstein, Münsingen, Tägertschi, Häutligen, Ursellen, Konolfingen, Grosshöchstetten und Schlosswil. Die erste Fahrt beginnt um 13.42 auf der Richigen­stras­se, vorher starten Schulklassen, Prominente sowie ein Para-Team. Ab heute stehen in Worb über hundert freiwillige Helfer im Einsatz, welche die Infrastruktur aufbauen. Laut Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) steuert die Gemeinde 20 000 Franken an die Kosten des Zeitfahrens bei. «Wir haben von den Sponsoren eine Defizitgarantie.» Die Finanzierung war bis vor kurzem noch infrage gestellt. (gss)

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Erstellt: 19.06.2014
Geändert: 19.06.2014
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