Gysenstein - Sie bietet äthiopischen Babys einen herzlichen Empfang

Annarös Schafroth besucht ihre alte Heimat. Seit über 20 Jahren arbeitet die Hebamme in einer Geburtsklinik in Äthiopien.

Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ

Schon in jungen Jahren hat die Gysensteinerin Annarös Schafroth «Boden unter den Füssen» gesucht. Gefunden hat ihn die Hebamme, die ursprünglich Krankenpflegerin war, in Afrika. Genauer: in Äthiopien, etwa 180 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Addis Abeba. Dort stieg sie 1991 als Mitarbeiterin im Gesundheitszentrum Walga der Mission am Nil ein, obschon sie damals unsicher war und sich fragte, ob sie wirklich nach Afrika gehen wolle.

 

Nach der Hebammenausbildung, zwei Jahren in der Bibelschule Hasliberg und mit einem Englischdiplom in der Tasche, versuchte sie es zuerst im Sudan. «All die unterernährten Kinder haben mich aufgewühlt, und ich habe viel geweint», sagt die 56-Jährige. Aber Gott habe ihr die Gewissheit gegeben, dass sie in Afrika am richtigen Platz sei. So nahm sie das Stellenangebot im Gesundheitszentrum an.

 

Viele männliche Hebammen

 

Als die Hebamme aus Gysenstein in Äthiopien ankam, stellte sie fest, dass Englisch im Kontakt mit der Bevölkerung wenig hilft. Sie lernte Amarisch, eine von etwa 70 Landessprachen. Mit Erstaunen stellte sie fest, dass die Mehrheit der Hebammen männlich waren. «Die Frauen weigerten sich oft, bei Männern zu gebären. Erst recht heute, wo der Islam auf dem Vormarsch ist.» Heute wird aber zunehmend Pflegepersonal ausgebildet. Die Geburtenzahl in der Klinik steigt. Kamen 1992 erst 90 Babys dort zur Welt, waren es 2013 schon 462. Die Umstände sind aber schwierig. «Wir können weder Kaiserschnitte noch Bluttransfusionen machen und haben auch kein Ultraschallgerät», sagt Schafroth. Einen Arzt gibt es ebenfalls nicht. Bei Komplikationen müssen die Gebärenden über eine Holperpiste eineinhalb Stunden lang ins nächste Spital gefahren werden. Das ist oft nicht nur negativ, weil das Geholper unter Umständen geburtsbeschleunigend wirken kann.

 

Aufklärung in den Dörfern

 

Die Arbeit von Annarös Schafroth und ihren Kolleginnen beschränkt sich nicht auf die Klinik. «Wir geben auch Gesundheitsunterricht in den Dörfern, je nachdem in der Kirche oder unter einem Baum», erzählt sie. In den Dörfern klärt sie über Hygiene, Ernährung, Krankenpflege und natürliche Empfängnisverhütung auf. Für Annarös Schafroth gehört auch dazu, «das Wort Gottes zu verkünden». Sie ist überzeugt, dass die Arbeit unter den schwierigen Umständen in Äthiopien nur gelingen könne, wenn «das Networking mit oben» stimme. «Manchmal hilft nur noch Beten», sagt sie. Morgen Sonntag wird Annarös Schafroth in einem Gottesdienst und im März an einem Gemeindeabend von ihrer Arbeit erzählen. Dann fährt sie zurück nach Äthiopien, wo der Kontakt mit der Aussenwelt bestenfalls über SMS funktioniert. Fast immer. Für einen Internetanschluss muss sie in die Stadt fahren.

 

[i] Gottesdienst unter Mitwirkung von Annarös Schafroth: So 23. Februar, 9.30 Uhr, reformierte Kirche Konolfingen. Gemeindeabend, Di 4. März, 20 Uhr. Kirchgemeindehaus.


Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 22.02.2014
Geändert: 22.02.2014
Klicks heute:
Klicks total: