Grosshöchstetten/Steffisburg - Angriffe auf Frauen: Täter zu stationärer Therapie verurteilt
Er fiel überfiel zwei Frauen in Steffisburg und Grosshöchstetten. Am Freitag wurde der anerkannte Flüchtling zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.
Das Gericht sprach am Freitag den Afrikaner von etwas unter 30 Jahren in mehr als einem Dutzend Anklagepunkten schuldig. Die wichtigsten waren die beiden Angriffe in Grosshöchstetten und Steffisburg, welche das Gericht als Raub und als sexuelle Nötigung qualifizierte.
Ausser zu einer stationären therapeutischen Massnahme verurteilte das Gericht den Mann auch zu 24 Monaten Freiheitsstrafe unbedingt. Die stationäre Massnahme gehe der Freiheitsstrafe voraus, erklärte Gerichtspräsident Daniel Gerber dem Verurteilten nach der Urteilseröffnung. Wie lange sie dauere, sei offen. Der Verurteilte befindet sich bereits im vorzeitigen Massnahmenvollzug in einer Strafanstalt.
Glück, dass nichts Schlimmeres passierte
Gerber sagte bei der Urteilseröffnung, der Verurteilte sei ein anerkannter Flüchtling, der sich längere Zeit nichts zu Schulden habe kommen lassen. Nachdem im Spätherbst 2013 aber seine Krankheit ausgebrochen sei, habe er sich in Verbindung mit einer Alkoholabhängigkeit und dem Konsum von Cannabis «um die hiesige Rechtsordnung foutiert». Dies bis zu seiner Verhaftung im Frühling 2014. Unter paranoider Schizophrenie leidet der Mann laut einem Gutachten.
Fast 40-mal wurde er in dieser Zeit ohne Billett im Zug erwischt, beging unzählige Ladendiebstähle, griff Leute an und provozierte im Januar 2014 bei Biglen auch eine Schnellbremsung einer S-Bahn. Zusammen mit einem Kollegen marschierte er dem Bahntrassee entlang.
Dass bei den Angriffen von Grosshöchstetten und Steffisburg nichts Schlimmeres passiert sei, sei nur glücklichen Umständen zu verdanken, sagte Gerber weiter. In Grosshöchstetten sei der Mann nämlich ans falsche Opfer geraten und in Steffisburg habe er den falschen Ort gewählt.
Das Grosshöchstettener Opfer ist eine geübte Kampfsportlerin, welche sich auch dann heftig wehrte, als ihr der Angreifer von hinten ein Kopfhörerkabel um den Hals legte und sie so an der Flucht hindern wollte. Dort musste sich der Mann schliesslich mit dem Koffer des Opfers zufrieden geben. Das Handy und Portemonnaie des Opfers erbeutete er nicht.
In Steffisburg wurden der Mann des Opfers und Passanten auf den Überfall aufmerksam, als die junge Frau um Hilfe schrie. Sie befand sich schon fast zu Hause, als sie der Angreifer mit einem Arm um den Hals packte. Dann begrapschte er sie über den Kleidern, stiess sie zu Boden und legte sich auf sie. In beiden Fällen war der Mann stark alkoholisiert.
Die beiden Opfer, welche am Prozess als Zeuginnen auftraten, berichteten dem Gericht am Mittwoch von grosser Angst nach den Angriffen. Der Täter bat im Prozess die Opfer um Entschuldigung und hat ihnen in Vereinbarungen versprochen, Genugtuungen zu leisten.
Mehr Monate als vom Staatsanwalt verlangt
Mit seinem Urteil ging das Berner Gericht über den Antrag des Staatsanwalts hinaus. Er hatte am ersten Prozesstag am Mittwoch neben einer stationären Massnahme eine unbedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten gefordert, die Verteidigerin eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten.
Gerichtspräsident Gerber machte in der Urteilsbegründung klar, dass das Gericht insbesondere den Raub von Grosshöchstetten als gravierender betrachtet als der Staatsanwalt. Dort habe der Angreifer eine erhebliche kriminelle Energie und eine erhebliche Vehemenz an den Tag gelegt.
Ohne Strafminderung wegen der laut Gutachten schwer verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten verdiente allein der Angriff auf die junge Frau in Grosshöchstetten eine Strafe von 40 Monaten, sagte der Gerichtspräsident. Der Staatsanwalt hatte von rund 36 Monaten gesprochen. Gerber sagte auch, das Gericht gehe davon aus, dass bei beiden Angriffen eine sexuelle Komponente im Spiel gewesen sei. Dies, obwohl der Täter das abgestritten habe.