Grosshöchstetten - 50 000 statt 20 000 fürs Gemeindepräsidium?
Der Grosshöchstetter Gemeinderat will sechs Kommissionen aufheben und die Entschädigungen für die Gemeinderatsmitglieder um das bis zu Zweieinhalbfache erhöhen. Kommen die Pläne an der Gemeindeversammlung durch?
Die beiden Schulkommissionen, die Kommission für öffentliche Sicherheit, die Betriebs-, die Finanz-, die Kultur- und die Sportkommission sollen dran glauben müssen. Die beiden letzten will der Gemeinderat zur "Kommission für Kultur und Sport" zusammenlegen, die Schulkommissionen für die Sekundarstufe I und für Kindergarten und Primarstufe will er durch einen Elternrat ersetzen.
Auch die Anzahl Mitglieder des Gemeinderates soll in der nächsten Legislatur erneut diskutiert werden. Vorerst bleibt er, wie er ist, allerdings sollen die Jahrespauschalen angehoben werden: von 10 000 auf 20 000 Franken für ein Gemeinderatsmitglied, von 12 000 auf 24 000 Franken für das Vizepräsidium und das Präsidium soll neu mit 50 000 statt 20 000 Franken entschädigt werden.
Nicht mehr zeitgemäss
"Einige Gremien der heutigen Behördenorganisation wurden stets weitergeführt, wenig hinterfragt und gelten daher gewissermassen als ‘historisch gewachsen’. Die aktuelle Situation berücksichtigt die Entwicklungen im letzten Jahrzehnt teilweise nicht mehr", schreibt der Gemeinderat in einem Auszug aus der Botschaft zur ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom 17. September. Im Hinblick auf die nächste Legislatur 2022-2025 hat der Gemeinderat die bestehenden Behörden unter anderem darum auf deren Bedarf, Mitgliederzahl, Aufgabenbereich und Befugnisse hin überdacht.
Als weitere Gründe werden ständige Terminkollisionen zwischen den verschiedenen Kommissionen und die schwierige Kandidat*innensuche genannt. Die Anzahl Ämter solle sich auf das Notwendige beschränken und die Amtsinhaber*innen Projekte und Gemeindeaufgaben mitgestalten und "nicht vorwiegend Orientierungstraktanden zur Kenntnis nehmen".
In den genannten Kommissionen sieht der Gemeinderat gemäss der Botschaft Doppelspurigkeiten mit übergeordneten Behörden, über die Zeit geschwundene Aufgaben und Handlungsspielräume, zeitraubende Umwege und wenig Mehrwert. Im herausstechenden Falle der Schulkommissionen möchte der Gemeinderat einen Elternrat einsetzen, um "die Schule in der Bevölkerung zu verankern" und Mitsprache zu ermöglichen. Einen Elternrat erachtet der Gemeinderat als "zielführender".
Gemeinderatsmitglieder opfern Freizeit
Die Erhöhung der Entschädigungen begründet der Gemeinderat damit, dass die Gemeinderatsmitglieder meistens nicht in den Genuss vergüteter Arbeitszeit für gemeinnütziges Engagement seitens ihrer Arbeitgeber*innen kämen. Die vermehrt tagsüber stattfindenden Gemeindetermine müssten sie in ihrer Freizeit wahrnehmen. «Unser Milizsystem lebt davon, dass grosse Arbeit geleistet wird, die nicht entsprechend abgegolten wird. Es ist jedoch wichtig, die Mitglieder des Gemeinderates unter diesen Bedingungen trotzdem angemessen zu entschädigen», heisst es in der Botschaft zur Abstimmung.
Hofer: "Auch 20 000 sind nicht adäquat"
Auf die gleichzeitige Aufhebung der Kommissionen und Entschädigungserhöhung für den Gemeinderat angesprochen, sagt Gemeindepräsidentin Christine Hofer (EVP): "Man muss ganz klar sehen, was ein Kommissions- und was ein Gemeinderatsmitglied macht." Während ein Kommissionsmitglied sehr wenig Vorbereitungszeit aufwenden müsse, investiere ein Mitglied des Gemeinderates 20 bis 30 Prozent seiner Arbeitszeit in das Amt.
Zudem basiere die Anhebung der Entschädigungen nicht auf der Aufhebung der Kommissionen. "Das ist ein völlig falscher Zusammenhang", so Hofer. Es gehe um die grundsätzliche Frage, ob die Entschädigungen adäquat seien. "Auch 20 000 Franken sind nicht adäquat, aber wir haben ein Milizsystem mit freiwilliger Arbeit", so Hofer.
Reorganisation kommt vors Stimmvolk
Man werde sehen, ob die neue Behördenorganisation goutiert werde, sagt Hofer. "Ich bin gespannt. Wir machen einen mutigen Schritt." Wer nicht einverstanden sei, könne das Referendum ergreifen. Hofer glaubt aber, dass, wer die – dieses Mal extra ausführliche – Botschaft lese, die Gründe für die Änderungen nachvollziehen könne.