Grosshöchstetten - Mexiko: Familie Oetliker wandert wieder aus
Die Familie Oetliker aus Grosshöchstetten lebt seit Anfang Woche in Mexiko. Es ist schon das zweite Mal, dass sie auswandert. Vieles ist dieses Mal aber anders.
„Wir sind schon immer gerne gereist und hatten den Traum im Ausland zu leben“ erzählt Fabienne Oetliker (43), die am Wochenende mit Mann und Kindern nach Mexiko geflogen ist, um dort ein neues Leben anzufangen.
Letzter Tag in Grosshöchstetten
BERN-OST traf die Auswandererfamilie an ihrem letzten Tag in Grosshöchstetten, bevor sie für ein paar Tage Ruhe vor der Reise an den Bodensee fuhr und anschliessend das Flugzeug bestieg in Richtung Mexiko City.
Inzwischen sind Oetlikers in der zentralmexikanischen Stadt Santiago de Querétaro (kurz: Querétaro) angekommen und richten ihr Haus ein. "Viel muss noch eingekauft werden, aber wir haben ein gutes Gefühl und freuen uns, nun endlich hier zu sein", schreibt Familienvater Andreas Oetliker (45) am Dienstag.
Andreas Oetliker übernimmt die Leitung der Schweizerschule in Queréto, die Kinder Joel (14) und Aline (11) werden dort zur Schule gehen. Mutter Fabienne wird die in der Schweiz begonnene Ausbildung zur Sozialarbeiterin beenden. Ob dies in Mexiko möglich sein wird, oder ob sie manches noch in der Schweiz abschliessen muss, ist noch nicht ganz klar.
Drei Wochen lang diskutiert
Der Entscheid fiel nicht leichtfertig. „Wir haben sicher drei Wochen lang täglich darüber gesprochen und auch die Kinder miteinbezogen“, erzählt Fabienne Oetliker. Es ist bereits das zweite Mal, dass die Familie auswandert. Vor zehn Jahren war sie im Rahmen eines Entwicklungsprojektes in Nicaragua. Einiges ist diesmal aber anders.
Der Einsatz in Nicaragua war auf drei Jahre befristet. Diesmal ist nicht klar, ob und wann die Familie in die Schweiz zurückkehrt. Das sei besonders für die Grosseltern schwierig. „Obwohl ich noch zwei Schwestern habe, fühlt es sich an, als würde ich meine Mutter im Stich lassen“, sagt etwa Andreas Oetliker.
Der Abschied
Einen Unterschied macht auch das Alter der Kinder. Als Schulkinder müssen sie mehr aufgeben als beim letzten Mal, wo sie noch im Vorschulalter waren. Joel besuchte in Grosshöchstetten die „beste Klasse, die man sich vorstellen kann“, wie er sagt. Beide durften den Abschied von ihren Freundinnen und Freunden so gestalten, wie sie wollten. Aline gab ein Fest in der Trampolinhalle Skillpark in Bern. Joel verbrachte mit seinen drei besten Freunden, begleitet von Vater Andreas, ein verlängertes Wochenende in Paris. In Mexiko müssen sie neue Freundschaften schliessen. Als Familie luden Oetlikers ein zu einem Abschiedsfest am Thunersee.
Zurückgelassen werden aber nicht nur Schulgspändli, sondern auch zwei Kaninchen, die zu einer Tante zügeln. Und fast die ganzen Sachen - Oetlikers wandern mit nur acht Gepäckstücken aus. Davon sind drei mit Golf- und Tennismaterial gefüllt. „Wir haben vieles verschenkt“, erzählt Andreas Oetliker. Eingelagert wurden nur wenige Erinnerungsstücke wie Fotoalben. Ganz einfach war das nicht, tönt Mutter Fabienne an: „Das war ein langer Prozess.“
Eingezäunt aber sicher
Vor Allem aber werden Oetlikers in Mexiko ganz anders leben als in Nicaragua. Damals waren sie für eine Hilfsorganisation vor Ort, lebten nah an der örtlichen Bevölkerung und hatten „kein Geld“, erzählt Fabienne Oetliker. Dieses Mal wird Andreas Oetliker als Schulleiter gut verdienen, die Familie wird in einer eingezäunten Nachbarschaft wohnen und diese wohl nur im Auto verlassen. „Wir werden weniger draussen sein“, so Fabienne Oetliker. Bei ihrem Mann und den Kindern wird die Schule als Integrationsmotor wirken. Wie wird es aber ihr gehen, die vorerst noch nicht berufstätig ist? „Es gibt in der Nachbarschaft mehrere Lauf-Gruppen. Ausserdem werde ich später an der Uni studieren.“ Auch sei sie jemand, die gut mal mit sich alleine klarkomme. „Und ich vertraue auf die Mexikaner“, sagt sie.
Ruhig, traurig, mutig, endgültig?
„Wir sind nicht blauäugig und rechnen auch mit schwierigen Zeiten“, sagt Andreas Oetliker. Die ganze Familie wirkt beim Treffen wenige Tage vor dem Abflug ruhig, gefasst, aber auch traurig. Es ist die Ruhe vor dem Abenteuer. Ein Zurück gibt es schon lange nicht mehr. Zu spüren sind aber auch der Mut, das Vertrauen und der Zusammenhalt, die in der Familie herrschen. Ob der Umzug nach Lateinamerika dieses Mal endgültig ist, ist noch nicht klar. Ziemlich sicher werde man aber bleiben, bis Joel die Matur hinter sich hat. Das ist in vier Jahren.
[i] Die Familie hat eine Webseite mit Blog: www.oetlikers.ch