Grosshöchstetten - Dreckige Geschäfte für saubere Jeans
Jeder trägt sie, doch unter welchen Bedingungen werden sie produziert? Christa Luginbühl von der Clean Clothes Campaign informierte, wie Jeans hergestellt werden.
Veruschka Jonutis, Wochen-Zeitung
Allein China stellt jährlich über 250 Millionen Paar Jeans her. Dass dies oftmals unter unfairen Bedingungen für die Fabrikarbeiterinnen geschieht, stellte Christa Luginbühl, aufgewachsen im Oberthal, klar: «Es herrscht eine grosse Konkurrenz unter den so genannten Billiglohnländern. 50 Länder versuchen, mit noch tieferen Produktionskosten die Auftraggeber für sich zu gewinnen», erklärte die Koordinatorin der Clean Clothes Campaign Schweiz (CCC Schweiz).Die Leidtragenden sind meist Frauen, denen Ende des Monates, trotz täglichen Schichten von 15 Stunden und mehr, nicht genug zum Überleben bleibt. Gespart wird auch bei der Infrastruktur. Viele Arbeitsplätze weisen gravierende Sicherheitsmängel auf, und in den drückend heissen Hallen werden die defekten Lüftungen nicht repariert.
Arbeiten zum Hungerlohn
Arbeiten zum Hungerlohn
Kostet bei uns ein T-Shirt, hergestellt in Indien, 29 Franken, so gehen von diesem Betrag gerade mal 18 Rappen an die Lohnkosten aller Fabrikarbeiterinnen. Die einzige Chance der Arbeiterinnen besteht in der Unterstützung der Gewerkschaften vor Ort, die einen höheren Mindestlohn sowie sicherere Arbeitsplätze fordern. «Leider kommt es aber immer wieder zu Einschüchterungsversuchen bis hin zu Morddrohungen seitens Fabrikbesitzer und Regierung», sagte Christa Luginbühl. Dazu kommen die zum Teil gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen in den Fabriken. Arbeiten mit hochgiftigen Chemikalien werden meistens ohne Mundschutz oder Schutzkleidung ausgeführt. Gerade beim Sandstrahlen, welches der Kleidung den gewünschten «used look» gibt, gelangt der giftige Feinstaub direkt in die Lungen. «Nach Schätzungen sind weltweit bereits Zehntausende an einer Staublunge erkrankt.» Dass hier aber doch langsam ein Umdenken stattfindet, zeigt, dass sich seit dem letzten Jahr 40 namhafte Markenfirmen zu einem Sandstrahlverbot bekennen.
Bewusster Einkaufen
Die Organisation CCC engagiert sich in 16 Ländern für höhere Mindestlöhne und mehr Sicherheit. «Eine Fabrikarbeiterin in Bangladesch erhält heute einen Lohn von 60 Euro. Um über die Runden zu kommen, wären aber 200 bis 300 Euro nötig. Damit hätten die Familien eine Perspektive und könnten ihre Kinder zur Schule schicken.» Was bedeutet das nun für den Endverbraucher, der auf fair hergestellte Kleidung achten möchte? «Es ist fast unmöglich, die gesamte Lieferkette lückenlos zurückzuverfolgen. Es gibt keine Labels wie im Food-Bereich, die uns eine faire Produktion garantieren.» Wichtig sei es, sich von dieser Tatsache nicht frustrieren zu lassen. Luginbühl rät, als erstes die eigene Wegwerfmentalität zu überdenken. Mittlerweile gibt es engagierte Unternehmen, die Kleidung aus Bio-Baumwolle anbieten. «Um in dieser Sache langfristig eine Lösung zu finden, braucht es einen langen Atem. Zu Beginn jeder Besserung steht immer das Bewusst werden.»