Grosshöchstetten - Der Gemeinderat, sein Badeverhalten und das Geld
Der Investitionsbedarf ist gross, die finanziellen Mittel sind knapp: Die Gemeinde muss sich überlegen, was sie sich alles leisten kann. Zur Debatte steht unter anderem die Badi. Das sorgt für Spekulationen.
Der Votant trat neben das Rednerpult und sorgte mit seinen Worten für das Highlight dieser Gemeindeversammlung. «Zuerst habe ich eine Frage: Wer von euch Gemeinderäten war im letzten Sommer eigentlich einmal in der Badi? Bitte Hand hoch», sagte er und blickte fragend in die Runde. Stille. Verdutzte Gesichter. «Ich frage mich, ob diese Frage überhaupt zulässig ist», sagte schliesslich Gemeindepräsident Hanspeter Heierli (BDP), halb belustigt, halb irritiert. Das Badeverhalten des Gemeinderats tue doch nichts zur Sache, so Heierli.
Die 5-Millionen-Offerte
Worum geht es? Im letzten Frühling entschied der Gemeinderat, dass das Freibad in naher Zukunft geschlossen werden soll. Der Sanierungsbedarf der Badi liege über den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde, so die Begründung. Dieser Beschluss passte vielen nicht. Es formierte sich Widerstand. Und der trägt einen Namen: «Freunde des Freibads» heisst die Gruppe, welche mittels Gemeindeinitiative für den Erhalt der Badi kämpfen will.
Der eingangs erwähnte Votant spricht für diese Gruppe. Und er sieht zwischen dem Badeverhalten des Gemeinderats und der drohenden Schwimmbadschliessung durchaus einen Zusammenhang. «Der Gemeinderat interessiert sich nicht für die Badi», lautete sein Fazit. Das Gremium bemühe sich gar nicht erst, nach möglichen Lösungen zu suchen: «Die eingeholte Sanierungsofferte über 5 Millionen Franken ist viel zu hoch. Wir wollen eine massvolle Lösung, keine Luxusvariante», so der Votant. Die koste gemäss seinen Berechnungen nur 3,5 Millionen Franken. «Das wären 1,5 Millionen Franken mehr als ein Rückbau der Badi.»
Es drohen höhere Steuern
Ja, das liebe Geld. In Grosshöchstetten dreht sich zurzeit alles um das knappe Gut. Die drohende Badischliessung steht in einem grösseren Zusammenhang. 20 bis 25 Millionen Franken will – respektive muss – die Gemeinde in den kommenden Jahren in seine Liegenschaften investieren. Der Neubau einer Dreifachturnhalle, die Sanierungen der Schulhäuser und des Gemeindehauses: Die Liste ist lang.
Um diese Investitionen stemmen zu können, droht eine happige Steuererhöhung. Annemarie Dick (FDP), Vorsteherin des Ressorts Finanzen, rechnete den Versammlungsteilnehmern vor, dass der Steuerfuss von heute 1,42 auf 1,72 Einheiten steigen könnte – und dies bereits im Jahr 2019. Diese Steuererhöhung und alle grösseren Investitionen brauchen aber die Zustimmung der Bevölkerung. Selbst wenn das passieren würde: Die Finanzlage bliebe angespannt. «Der Selbstfinanzierungsgrad, der ist», begann Dick und legt mit Blick auf die Zahlen eine kurze Pause ein, «nun ja, nicht wirklich gut.» Kein Wunder also, dass der Gemeinderat an allen möglichen Ecken und Enden sparen will. Und die Badi steht hier zuoberst auf der Liste.
«Das ist Demokratie pur»
Aber so weit ist es ja noch nicht. «Nach Neujahr werden wir Unterschriften für die Initiative sammeln» sagte der Repräsentant von «Freunde des Freibads». Hanspeter Heierli findet das super: «Das ist Demokratie pur. Die Bevölkerung wird über zwei Lösungen abstimmen können.»
Bei all der Zuversicht: Die «Freunde des Freibads» scheinen mit ihren Worten bereits auf offene Ohren zu stossen. «Die Gemeinderäte sieht man tatsächlich nie in der Badi», bemerkte einer der Nachredner. Vielleicht müssen die sieben Räte im nächsten Sommer öfters mal ins Wasser springen, um alle Zweifel zu beseitigen.