Grosshöchstetten - Aber, aber, Herr Schneuwly!
Von Grosshöchstetten direkt auf die Datenautobahn: Margrit und Hansjörg Schneuwly, die beiden Helden der SRF-Dokusoap «Experiment Schneuwly», sind zurück. Auf allen Kanälen.
Ihre fröhlich bemalten Fingernägel hat Margrit Schneuwly zwar immer noch, aber sonst wenig Grund zum Frohsinn. Denn der Haussegen hängt so schief wie Hansjörg in seinem Sofa. Die Schneuwlys, wir erinnern uns, sind die Helden der Dokusoap «Experiment Schneuwly», die Ende 2014 auf dem Web lanciert und anschliessend im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wurde.
Die drei Folgen, in denen das hyperbiedere Paar aus 3506 Grosshöchstetten in urbane Erfahrungszonen geschickt wurde – in eine Kita, zum Kiffen und in den Ausgang –, erreichten online in der ersten Woche über 43 000 Klicks. Bei der Fernsehausstrahlung schauten rund 80 000 Leute zu, spätabends notabene.
Dicke Luft am Blumenweg
«Das hat unsere Erwartungen übertroffen», sagt Louis Mataré von der Berner Produktionsfirma Lomotion, die zusammen mit Regisseur Juri Steinhart die Schneuwlys erfunden hat. Nun legt das Team nach. Allerdings: Die ersten drei Experimente haben ihre Spuren beim Paar hinterlassen. Man ahnte es ja schon, als Hansjörg der Kita-Leiterin schöne Augen machte und Margrit im Ausgang mit einem feschen Deutschen tanzte: dicke Luft am Blumenweg. Wobei Hansjörg und Margrit, immer noch stupend stupid verkörpert von Matto Kämpf und Anne Hodler, in der neusten Folge beteuern, sie hätten danach weitergelebt wie immer und seien ohne grössere Reibungen aneinander vorbeigekommen – zwischen Wohnzimmer und Küche. Ein bisschen wie beim Rangieren, ergänzt Hansjörg.
Trotzdem willigen die beiden in eine Paartherapie ein. Und es kommt hoch, was hochkommen muss: Eifersucht, ein Zärtlichkeitsmanko und ein unerfüllter Kinderwunsch. Tränen fliessen, doch Herr Schneuwlys komplett verstopfter Gefühlsfluss erstickt jede Dramatik. Hansjörg reicht seiner Frau das Taschentuch, nachdem er sich damit die Stirn geputzt hat, und meint: «Hör uf. Du tropfsch ja.» Also nein, Herr Schneuwly!
Kann sein, dass man sich mittlerweile sattgesehen hat an der Dumpfheit dieser Schneuwlys – Folge 1 der zweiten Staffel wirkt etwas träge. Die Chancen auf neuen Schwung sind aber intakt; in den kommenden Wochen wird «Experiment Schneuwly» tatsächlich zum Experiment. In Folge 2 macht das Paar nämlich einen Crashkurs in Sachen Social Media, dessen Resultate nicht auf den Bildschirm limitiert bleiben: Schneuwlys werden transmedial.
Transmedial? Das bedeutet, dass die Serie von allerlei Aktivitäten im Internet und in den sozialen Netzwerken begleitet und erweitert wird. Deshalb bekommen Herr und Frau Schneuwly, jetzt interaktiv, eine Facebook-Seite und einen Twitter-Account. Herzig, wie sie begeistert mit ihren Selfie-Sticks wedeln, als sie in Zürich bei einem «Reklamebüro», wie sich Hansjörg ausdrückt, ins kleine Einmaleins der sozialen Medien eingeweiht werden. «Viral» war für Herrn Schneuwly bisher wohl nur die Magenverstimmung, mit der er am Anfang der Folge kämpft.
Vorerst ist der transmediale Aspekt noch bescheiden: Neben einem Radiointerview gibt es auf der Website ein kurzes Tondokument, in dem aufgelöst wird, wer bei den Schneuwlys zu Hause angerufen hat, als sie auf dem Sofa über ihre Beziehung sinnierten. Geht es nach den Machern, sollen die verschiedenen Kanäle (neben Facebook und Twitter auch Youtube und Instagram) aber schon bald zum Glühen kommen: Welche Experimente die Schneuwlys in den kommenden Episoden über sich ergehen lassen müssen, bestimmt nämlich die «Community» mit.
Zwei Tage Drehzeit
Damit ist also nicht nur das Improvisationstalent von Kämpf und Hodler gefragt, sondern auch jenes der Crew. Und genaue Planung. Pro weitere Folge hat man zwei Wochen Zeit, gedreht wird jeweils nur zwei Tage. «Wir haben alles exakt durchgetaktet», sagt Louis Mataré. Man sei auf praktisch alles vorbereitet. Sogar auf einen Shitstorm.
Und das, lieber Herr Schneuwly, ist keine Magen-Darm-Grippe. Nehmen Sie sich also zusammen.
[i] Episode 2 der zweiten Staffel geht am 12. November online: www.experiment-schneuwly.ch. Jede Episode wird jeweils am Mittwoch der Folgewoche um 0.15 Uhr auf SRF 1 ausgestrahlt.