Gregor Messerli: Er ist Chef - in Zürich und neu auch in Worb
Pendler Gregor Messerli präsidiert ab heute das Worber Gemeindeparlament. Der FDP-Politiker leitet im eineinhalb Stunden entfernten Zürich das kantonale Personalamt.
Gregor Messerli pendelt zwischen zwei Welten. Jeden Morgen fährt er vom beschaulichen Rüfenacht in die Metropole Zürich zur Arbeit. Der 48-Jährige ist Chef des Personalamts des Kantons Zürich. Eineinhalb Stunden benötigt er von Tür zu Tür. Beklagen will er sich deswegen nicht. «Der Job ist wichtiger als das Pendeln», sagt Messerli.
Vor acht Jahren hat ihm ein Headhunter empfohlen, nach Zürich zu gehen. Zuvor hatte er bei der Postfinance in Bern gearbeitet. Der studierte Betriebswirtschafter könnte sich durchaus vorstellen, in Zukunft wieder in Bern zu arbeiten - obwohl Zürich «eine coole Stadt» sei. Doch da müsste zuerst ein entsprechendes Angebot vorliegen. Wenn Bern mehr zu bieten hätte, würden weniger Leute nach Zürich pendeln, glaubt Messerli. «Wirtschaftlich ist Bern meilenweit hinter Zürich.»
Umzug kam nicht infrage
Das Pendeln über weite Strecken - so wie es Messerli macht - ist heutzutage umstritten. Ein aktuelles Beispiel liefert die Bahnvorlage Fabi, über welche am kommen Sonntag auf eidgenössischer Ebene abgestimmt wird. Um den geplanten Ausbau der Bahninfrastruktur finanzieren zu können, will der Bundesrat unter anderem den Pendlerabzug bei der Bundessteuer begrenzen. Auch der Kanton Bern plant eine Kürzung des Abzuges. «Niemand pendelt gerne», sagt Messerli. «Soll ich deshalb umziehen?» Er habe dies zusammen mit der Familie diskutiert. Die beiden Töchter hätten sich «fundamental» dagegen gewehrt. Damit war das Thema Umzug vom Tisch. Ob er bei der Fabi-Vorlage ein Ja einlegen wird, hat Messerli noch nicht entschieden.
In der Regel kehrt Gregor Messerli um 20 Uhr von der Arbeit nach Hause zurück. Heute wird er sein Büro in Zürich allerdings früher verlassen müssen. Er leitet ab 19.30 Uhr in Worb erstmals eine Sitzung des Gemeindeparlaments. Dieses hatte den FDP-Politiker im vergangenen Dezember zum Präsidenten gewählt. Für Messerli ist es eine «ehrenvolle Aufgabe», in diesem Jahr höchster Worber zu sein. Er will das Amt aber nicht überbewerten. Politisch werde er eingeschränkt sein. So kann er zu den Geschäften keine Stellungnahme abgeben, und abstimmen darf er nur, falls es zu einem Stichentscheid kommt. «Der FDP-Fraktion fehlt so eine Stimme.»
"Politik ist kein Ponyhof"
Gregor Messerli wünscht sich für sein Präsidialjahr, dass sich die Gemeindeparlamentarier vermehrt trauen, «spontane, pointierte Statements» abzugeben. In der Regel werden einfach nur vorgefertigte Texte heruntergelesen, obwohl Worb in der jüngsten Vergangenheit eine aktive Streitkultur entwickelt hat - man denke nur an den hässig geführten Wahlkampf im Jahr 2012.
Messerli stört es nicht, wenn ab und zu die Fetzen fliegen. «Politik ist kein Ponyhof», sagt er. Nebengeräusche gehörten dazu. Wichtig sei aber, dass unter dem Strich etwas Zählbares herauskomme.
Ein Stück Allgemeinbildung
Messerli gehört seit 2009 dem Gemeindeparlament an. Der ehemalige FDP-Gemeinderat und Nachbar Hanspeter Stoll hatte ihn animiert, zu kandidieren. «Du musst keine Angst haben, du wirst nicht gewählt», habe ihm dieser gesagt, erinnert sich Messerli, der bis vor kurzem die Aufsichtskommission präsidiert hat. Den Schritt in die Politik hat der passionierte Harley-Davidson-Fahrer trotzdem nicht bereut. So habe er «live» erfahren, wie die Mechanismen in der Politik funktionieren. «Ein politisches Amt gehört quasi zur Allgemeinbildung.» Zudem sagt Messerli, dass ihm die im «kleinen Worb» gemachten Erfahrungen in der Politik auch in seinem Job im fernen Zürich, bei der zweitgrössten Verwaltung der Schweiz, zugutekämen.