Wichtrach - Die Abschaffung der Kommissionen passt nicht allen

Die Gemeinde Wichtrach schafft zwei ständige Kommissionen ab und setzt dafür auf Spezialkommissionen. Das klare Abstimmungsergebnis an der Gemeindeversammlung folgte auf eine intensive Diskussion. Die Versammlung genehmigte zudem die Jahresrechnung und zwei grössere Kredite. Ausserdem wurde Gemeinderätin Stephanie Mohler (FDP) verabschiedet.

Isabelle Berger, info@bern-ost.ch

An der Gemeindeversammlung wurde der Wichtracher Stimmbevölkerung die überarbeitete Gemeindeordnung vorgelegt. Die darin enthaltene Abschaffung der ständigen Kommissionen mit Ausnahme der Sozialbehörde gefiel nicht allen Anwesenden. Der Spielraum für die Kommissionen sei eng geworden, begründete Gemeindepräsident Bruno Riem (FDP) die Änderung. "Die Kommissionen sind ein Auslaufmodell, auch wenn ein Stück unserer politischen Kultur damit kaputt geht", sagte Riem in der Diskussion.

 

In dieser äusserten sich vornehmlich aktuelle und ehemalige Mitglieder der beiden betroffenen Kommissionen "Infrastruktur" und "Raumplanung und Bauten". Ein Sprecher aus der EDU stellte den Antrag, die bisherigen ständigen Kommissionen beizubehalten. "Es ist wichtig, dass die politische Vertretung im Dorf breit gehalten wird", sagte er. Sein Antrag wurde später nach dem ebenfalls von ihm gestellten und abgelehnten Antrag auf geheime Abstimmung abgelehnt.

 

"Die Kommissionen können nur noch ja nicken"

Die meisten Sprecher:innen teilten die Meinung etwa von Ex-Gemeinderat Daniel von Rütte: Es werde immer mehr von oben herab diktiert, was gebaut werden darf. "Die Kommissionen können nur noch ja nicken, weil alles vorgegeben ist", so von Rütte. Zudem sei es nicht immer gelungen, kompetente Leute für die Kommissionen zu finden.

 

Die Gemeinde will künftig bei grösseren Projekten Spezialkommissionen und Arbeitsgruppen einsetzen. "Dann finden wir auch motivierte Leute, weil sie wissen, da fängt es an und da hört es auf", so Riem. Der Antrag des Gemeinderats wurde schliesslich mit 45 Ja- zu 8 Nein-Stimmen angenommen.

 

Finanzkompetenzen und Wahlprozedere angepasst

Mit der neuen Gemeindeordnung gibt es auch weitere wichtige Änderungen. Eine davon ist die Anpassung der Finanzkompetenzen aufgrund der aktuellen, grösseren Gemeindegrösse. Neu beschliesst der Gemeinderat über Geschäfte bis 200 000 Franken alleine und bis 300 000 unter Vorbehalt des fakultativen Referendums. Die Gemeindeversammlung beschliesst über Kredite ab 300 000 bis 1.5 Millionen Franken. Über Geschäfte ab einem Betrag von 1.5 Millionen wird an der Urne entschieden.

 

Eine andere Neuerung ist, dass die Wahl des Gemeindepräsidiums abgekoppelt wird von der Wahl des Gemeinderates. Damit müssen Präsidiumsanwärter:innen nicht mehr gleichzeitig für den Gemeinderat kandidieren. Diese Änderung schlug sich auch im Reglement über Abstimmungen und Wahlen nieder, welches die Gemeindeversammlung ebenfalls genehmigte.

 

Erfreuliche Rechnung

"Die Jahresrechnung schloss besser ab als budgetiert", sagte Gemeinderätin Stefanie Mohler an der Gemeindeversammlung. Der Gesamthaushalt schliesst mit einem Ertragsüberschuss von rund 160 000 Franken ab. Budgetiert war ein Aufwandüberschuss von rund 810 000 Franken. Die Besserstellung gegenüber dem Budget 2021 beträgt rund 970 000 Franken. Der Allgemeine Haushalt schliesst mit einem Ertragsüberschuss von rund 160 000 Franken ab. Im Budget vorgesehen war ein Aufwandüberschuss von rund 730 000 Franken.

 

Hautverantwortlich für das bessere Ergebnis seien Minderaufwände bei der Bildung und der sozialen Sicherheit, Mehreinnahmen bei den Steuern und nicht realisierte Kursgewinne, so Mohler. Die Versammlung nahm die Rechnung einstimmig an.

 

Startschuss zur Ortsplanung

Mit dem Ja der Gemeindeversammlung zu einem Verpflichtungskredit von 264 000 Franken fiel der Startschuss zur Ortsplanungsrevision (OPR). "Wir sind sehr optimistisch und hoffen, dass wir die Revision im Jahr 2025 abschliessen können", sagte Riem. Der Gemeinderat hat dafür eine Spezialkommission zusammengestellt. Darin sitzen unter anderem das Planungsbüro und Vertreter:innen aus der Bevölkerung mit entsprechendem Fachwissen.

 

Neben der Anpassung an neue Reglemente von Bund und Kanton und Weiterem geht es gemäss Riem bei der OPR auch um das angestrebte moderate Wachstum in den nächsten 15 Jahren und die Frage, wo verdichtet werden kann.

 

Bach wird saniert und renaturiert

Die Gemeindeversammlung genehmigte einen zweiten Kredit für die Sanierung des Unterlaufs des Gansgrabenbaches. Dieser befindet sich im Gebiet Hagacher/Dreimäder/Lischmatte, zwischen Siedlungsgebiet und Autobahn. Seine eingedolte Betonleitung ist kaputt, was zum Beispiel bei den letztjährigen Rekordniederschlägen zu Überflutungen von Landwirtschaftsland führte. Eigentlich müsste nun gemäss Bundesgesetz der gesamte Bach renaturiert werden. "Es ist nicht möglich, den ganzen Bach aufzutun, denn der Grundwasserspiegel ist in diesem Gebiet viel zu hoch", sagte die zuständige Gemeinderätin Regula Ramseyer (SVP). Die Bachsohle käme so tief zu liegen, dass das Grundwasser in den Bach fliessen würde.

 

Wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit wird nun in einem ersten Schritt die bestehende Leitung zwischen Bahnlinie und Autobahn saniert, wozu der erwähnte Kredit dient. Innert Jahresfrist soll aber auch die Renaturierung des Teils zwischen Siedlungsgebiet und Bahnlinie angegangen werden. "Die Kosten dafür trägt zu zwei Dritteln der Kanton", sagte Riem auf eine Nachfrage aus dem Publikum.

 

Stephanie Mohler verlässt die Gemeinde

Riem verabschiedete an der Versammlung Gemeinderätin Stephanie Mohler. Sie tritt per 30. Juni zurück, da sie nach Oppligen zieht. "Es fällt einem nicht leicht wegzuziehen aus Wichtrach. Wir waren sehr gerne hier", sagte Mohler. Ihre Nachfolgerin ist Parteikollegin Sonja Gygax.

 

Weiterer Beschluss

Gemeindeverband Sekstufe 1 Wichtrach, Aufstockung Stellenetat; Verabschiedung

Die Sekstufe 1 Wichtrach beantragte die Erhöhung der Stellenprozente für die Hausverwaltung. Gegenüber den aktuellen Lohnkosten von rund 177 000 Franken pro Kalenderjahr, erhöhen sich die Lohnkosten um rund 57 000 Franken. Somit ist neu mit jährlich wiederkehrenden Kosten von rund 234 000 Franken zu rechnen. Die Erhöhung der Stellenetats Hauswartung von aktuell 186 auf 238 Stellenprozent wurde beschlossen.

 

[i] 66 Stimmberechtigte oder 2 Prozent von insgesamt 3253 Stimmberechtigten haben die Versammlung besucht.


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Erstellt: 11.06.2022
Geändert: 11.06.2022
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