Gegensätze: Die Suche nach dem Graben zwischen Stadt und Land
Erich Sterchi ist Landwirt, Jürg Jordi Leiter Kommunikation beim Bundesamtfür Landwirtschaft. Bei einer Begegnung auf Sterchis Bauernhof in Ferenberg loten die beiden aus, was sie trennt und wo sie ähnlich denken.
Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ
«Die in Bern befehlen uns Bauern einmal dies und dann wieder das Gegenteil.» Bei Bauern ist dies ein oft gehörter Spruch. Auch Erich Sterchi, Landwirt in Ferenberg (Gemeinde Bolligen) bekennt sich nicht gerade als Freund de rBeamten des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW). Trotzdem sagte der 62-Jährige sofort zu, auf seinem Hof mit BLW-Medienchef Jürg Jordi über die Landwirtschaft zu diskutieren.
Die beiden Männer sehen sich zum ersten Mal. Sie reichen sich die Hand. Sterchi trägt Gummistiefel, Jordi feine, schwarze Halbschuhe. Der 60- jährige Jordi lebt auf einem Hügel nahe Köniz mit schönster Aussicht auf Bern. «Wir in Ferenberg», sagt Sterchi, «schauen auch auf Bern herab.»
Sofort beginnen die beiden ein Gespräch und sind sich überraschend einig: Sterchi kritisiert, dass die Bauern nur dank Direktzahlungen ihre Betriebe bewirtschaften können. «Ich bin schon lange für neue Rechtsformen und für Unabhängigkeit vom Staat.»
Das habe er bereits in den Siebzigerjahren gesagt, als fast alle Bauern in Ferenberg einen neuen Stall bauten, auch Sterchis. «Wir hätten gescheiter einen grossen Gemeinschaftsstall gebaut», sagt der Bauer. Jordi gibt ihm recht. Die Erfahrung zeige leider, dass jeder lieber für sich werkle. «So wie vor hundert Jahren», ergänzt Sterchi. Ein Systemwechsel wäre überfällig.»
Ärger über Vorschriften
Zum Stall: 2013 mussten Sterchis in ihrem Laufstall die Liegeplätze für die Kühe um vier Zentimeter verbreitern. So verlangt es der Tierschutz. Gleichzeitig importiert die Schweiz aber Milchprodukte aus der EU, wo die Kühe noch auf schmalen Plätzen liegen. «Das macht mich fuchsteufelswild», ärgert sich Sterchi. Jürg Jordi fragt: «Wo wollen wir in solchen Dingen die Grenzen setzen?» Auch im Strassenverkehr gebe es Vorschriften, an die sich alle halten müssten: «Wer zu schnell fährt, zahlt eine Busse.»
Alles Sesselkleber?
Man flüchtet vor dem Regen in die Küche des schönen alten Bauernhauses. Das gute Geschirr steht auf dem Tisch. Sterchi witzelt: «Für das Bundesamt nehmen wir das sonst nicht aus dem Schrank.» Seine Ehefrau Esther arbeitet auswärts. Er serviert Kaffee und redet über die Milchproduktion. Ist es bei rund 50 Rappen pro Liter, die der Landwirt kriegt, noch sinnvoll, Milchwirtschaft zu betreiben? Sterchi hat keine Zweifel. «Ja. Ich produziere billig, da unser Stall schon 37-jährig ist.»
Jürg Jordi distanziert sich vom Thema und sagt: «Zur Produktion hat das BLW nichts zu sagen. Wir haben keinen Einfluss auf den Milchpreis.» Beim BLW gehe es darum, 3,5 Milliarden Franken – davon 2,8 Milliarden Direktzahlungen – effizient zu verteilen. «Hätten wir nur mehr Leute wie Sterchi, wäre alles einfacher.» Schon wieder Einigkeit.
Taucht die Frage auf, warum das BLW für viele Bauern ein Feindbild ist.Warum meinen viele, diese Beamten seien «fuli Cheibe» und Sesselkleber? «Vielleicht, weil man in der Verwaltung die Leistungen kürzen und weniger Leute anstellen könnte?», werweisst Sterchi.
Beim Bundesamt für Landwirtschaft rede man schon lange von Vereinfachen, sagt Jürg Jordi. «Aber gleichzeitig steigen die Ansprüche. Der Ruf nach mehr Natur, nach naturnaher Produktionwird lauter. Aber das kostet», sagt er. Die Schweiz als Bioland? «Das gehtnur, wenndieLeutebereit sind, dafür zu bezahlen.»
Nur wegen Direktzahlungen?
Der ehemalige SVP-Gemeinderat Sterchi stellt fest: «Im jetzigen Wahlkampf wird vermehrt nach Bio gerufen.» Er selber produziere genau so umweltfreundlich wie Biobauern, «die nur wegen der Direktzahlungen umgestellt haben». Mit dieser Aussage schliesst sich der Kreis im Gespräch zwischen Bauer und BLW-Mann. Dieser meint, dass das Optimieren der Direktzahlungen die Bauern nicht weiterbringe. Bei diesem Thema sind sich die beiden einig. Und, von geringfügigen Details einmal abgesehen, auch sonst. «Der Graben zwischen Stadt und Land ist wohl eher herbeigeredet», mutmasst Sterchi.
Die beiden Männer sehen sich zum ersten Mal. Sie reichen sich die Hand. Sterchi trägt Gummistiefel, Jordi feine, schwarze Halbschuhe. Der 60- jährige Jordi lebt auf einem Hügel nahe Köniz mit schönster Aussicht auf Bern. «Wir in Ferenberg», sagt Sterchi, «schauen auch auf Bern herab.»
Sofort beginnen die beiden ein Gespräch und sind sich überraschend einig: Sterchi kritisiert, dass die Bauern nur dank Direktzahlungen ihre Betriebe bewirtschaften können. «Ich bin schon lange für neue Rechtsformen und für Unabhängigkeit vom Staat.»
Das habe er bereits in den Siebzigerjahren gesagt, als fast alle Bauern in Ferenberg einen neuen Stall bauten, auch Sterchis. «Wir hätten gescheiter einen grossen Gemeinschaftsstall gebaut», sagt der Bauer. Jordi gibt ihm recht. Die Erfahrung zeige leider, dass jeder lieber für sich werkle. «So wie vor hundert Jahren», ergänzt Sterchi. Ein Systemwechsel wäre überfällig.»
Ärger über Vorschriften
Zum Stall: 2013 mussten Sterchis in ihrem Laufstall die Liegeplätze für die Kühe um vier Zentimeter verbreitern. So verlangt es der Tierschutz. Gleichzeitig importiert die Schweiz aber Milchprodukte aus der EU, wo die Kühe noch auf schmalen Plätzen liegen. «Das macht mich fuchsteufelswild», ärgert sich Sterchi. Jürg Jordi fragt: «Wo wollen wir in solchen Dingen die Grenzen setzen?» Auch im Strassenverkehr gebe es Vorschriften, an die sich alle halten müssten: «Wer zu schnell fährt, zahlt eine Busse.»
Alles Sesselkleber?
Man flüchtet vor dem Regen in die Küche des schönen alten Bauernhauses. Das gute Geschirr steht auf dem Tisch. Sterchi witzelt: «Für das Bundesamt nehmen wir das sonst nicht aus dem Schrank.» Seine Ehefrau Esther arbeitet auswärts. Er serviert Kaffee und redet über die Milchproduktion. Ist es bei rund 50 Rappen pro Liter, die der Landwirt kriegt, noch sinnvoll, Milchwirtschaft zu betreiben? Sterchi hat keine Zweifel. «Ja. Ich produziere billig, da unser Stall schon 37-jährig ist.»
Jürg Jordi distanziert sich vom Thema und sagt: «Zur Produktion hat das BLW nichts zu sagen. Wir haben keinen Einfluss auf den Milchpreis.» Beim BLW gehe es darum, 3,5 Milliarden Franken – davon 2,8 Milliarden Direktzahlungen – effizient zu verteilen. «Hätten wir nur mehr Leute wie Sterchi, wäre alles einfacher.» Schon wieder Einigkeit.
Taucht die Frage auf, warum das BLW für viele Bauern ein Feindbild ist.Warum meinen viele, diese Beamten seien «fuli Cheibe» und Sesselkleber? «Vielleicht, weil man in der Verwaltung die Leistungen kürzen und weniger Leute anstellen könnte?», werweisst Sterchi.
Beim Bundesamt für Landwirtschaft rede man schon lange von Vereinfachen, sagt Jürg Jordi. «Aber gleichzeitig steigen die Ansprüche. Der Ruf nach mehr Natur, nach naturnaher Produktionwird lauter. Aber das kostet», sagt er. Die Schweiz als Bioland? «Das gehtnur, wenndieLeutebereit sind, dafür zu bezahlen.»
Nur wegen Direktzahlungen?
Der ehemalige SVP-Gemeinderat Sterchi stellt fest: «Im jetzigen Wahlkampf wird vermehrt nach Bio gerufen.» Er selber produziere genau so umweltfreundlich wie Biobauern, «die nur wegen der Direktzahlungen umgestellt haben». Mit dieser Aussage schliesst sich der Kreis im Gespräch zwischen Bauer und BLW-Mann. Dieser meint, dass das Optimieren der Direktzahlungen die Bauern nicht weiterbringe. Bei diesem Thema sind sich die beiden einig. Und, von geringfügigen Details einmal abgesehen, auch sonst. «Der Graben zwischen Stadt und Land ist wohl eher herbeigeredet», mutmasst Sterchi.