GGR-Präsident Michael Suter: "Am meisten nervt mich Teilnahmslosigkeit"
Michael Suter ist höchster Worber. BERN-OST hat er erzählt, wie er lebt, ob er an Gott glaubt und was in Worb fehlt.
Wer dem Worber Gemeindeparlament, dem Grossen Gemeinderat (GGR) als Präsident:in vorsteht, hat ein Jahr lang eine kleine aber prominente Bühne. Zwar debattiert man auf diesem Posten nicht aktiv mit und stimmt nur ab, wenn ein Stichentscheid nötig ist. Man hat aber oft das Wort und kann es nutzen, um seine Vorstellungen von Politik zu zeigen.
Der letztjährige Präsident Bruno Fivian (SVP) nutzte diese Bühne oft für Denkanstösse in Form von Zitaten oder Sprichwörtern. Seine Vorgängerin Sandra Büchel (SP) beschloss die Sitzung manchmal mit einem Appell an Zusammenhalt und Solidarität.
"Der Gemeinderat soll vorangehen"
Auch Michael Suter (FDP), im GGR seit 2015, hat im Parlament seinen eigenen Stil. Nebst den konkreten Anliegen seiner Partei wie Steuern, Sparen und Wirtschaft, lässt er in seine Diskussionsbeiträge immer ein wenig Politologie einfliessen. Den Gemeinderat nennt Suter konsequent „die Regierung“. Damit will er betonen, dass der Gemeinderat nicht nur verwalten soll: „Er soll führen, vorangehen, auch Prioritäten setzen.“
Die Rolle des GGR als Vertretung des Worber Stimmvolks und als Aufsicht über „die Regierung“ betont er ebenfalls oft. Der GGR sei ein „Megaphon“, das es zu nutzen gelte, sagt er im Gespräch. Als Präsident wolle er diese Rolle stärken: „Ich will Leute animieren, sich zu engagieren.“ Geplant sei etwa, Gäste einzuladen und Schulklassen. „Am meisten nervt mich Teilnahmslosigkeit. Spannend ist es immer dann, wenn eine echte Diskussion stattfindet.“
"Ein Ort, wo man sich gern begegnet"
Auf die Frage, was in Worb fehle, nennt er einen Dorfplatz. „Ein Forum, wo man sich gern begegnet und sich austauschen kann“. Eine starke Wirtschaft sei wichtig. „Sie bringt den Leuten Arbeit und Erfüllung.“ Noch wichtiger sei, was man daraus mache. „Worb verwandelt sich langsam in eine graue Agglogemeinde.“ Sinnbildlich dafür stehe das Bärenzentrum. Wo früher ein Landgasthof für Leben sorgte, ist es heute still und leer.
Wer Michael Suter googelt, sieht als Erstes die Berner Anwaltskanzlei, in der er seit letztem Jahr Partner ist. Etwas weiter unten findet sich sein Porträt in einem Verzeichnis mit dem Namen „who is hu – Gesichter im gegenwärtigen Humanismus – Agnostiker, Atheisten, Humanisten“. Er sei nicht religiös, sagt Suter dazu. Wobei ihm das Wort Atheist nicht passe, da es sich auf Gott beziehe, an den er ja gerade nicht glaube. „Ich bezeichne mich als Humanist.“
Nebst dem normalen Arbeitsalltag, bei dem es oft ums Erben, um Geld, um Unternehmen geht, vertritt er als Anwalt auch Leute die „Probleme haben mit der Religion und mit der Kirche“, wie er es selber ausdrückt. Dies auf einer Beratungsstelle einer NGO*. Dabei gehe es um Kirchenaustritte und Steuerrecht, oft auch um Religion, Weihnachtsfeiern und Schule.
Vom Anwalt getraut
Dieses Engagement ist Suter ein ureigenes Anliegen und hat keine familiäre Geschichte. Suters Eltern waren reformiert, aber ohne grosses Engagement. Selbst trat er mit etwa 20 Jahren aus, „sobald ich in der Lage war, richtig darüber nachzudenken.“
Weihnachten mit seiner Familie feiert er trotzdem. Als er vor zwei Jahren seine Partnerin Angela heiratete, kam eine kirchliche Trauung aber nicht in Frage. Zwar gab es eine zermonielle Feier, sie war aber frei von Religion und wurde von einem befreundeten Anwalt geleitet.
"Für anderes zu angepasst"
Mit seiner Frau lebt Suter, nach ein paar Jahren in Bern, heute wieder in Worb. Hier ist er grösstenteils aufgewachsen und zur Schule gegangen. In Worb führen seine Mutter und sein Bruder die Moog Cleaning Systems AG, ein kleines Industrieunternehmen, spezialisiert auf Hochdruckreinigungstechnik. Michael Suter stieg vor einigen Jahren aus, weil er sich „ganz auf die Juristerei konzentrieren“ wollte.
Stattdessen kaufte er sich in der Berner Kanzlei Bratschi ein. Anwalt sei er eher aus Zufall geworden. „Das Studium war trocken und interessierte mich nicht sehr.“ Trotzdem mit Anstand und Fleiss durchgezogen habe er es, weil er „für etwas anderes viel zu angepasst“ gewesen sei. Der Anwaltsberuf dagegen habe ihm schnell gefallen.
Handball, Anwalt, Major
Michael Suter ist mit 37 Jahren noch fast ein Jungpolitiker. Gleichwohl entspricht er in vielem dem traditionellen Freisinn alter Schule: Sohn einer Unternehmerin, Studium, Anwalt, Handballervergangenheit und Militärkarriere. Suter hat den Rang eines Majors im Generalstab, zudem ist er Chef des Regionalen Führungsorgans Worb-Bigenthal.
Politische Ambitionen, die über den GGR hinausgehen, habe er keine. So liess er sich bei den letzten Wahlen zwar für den Gemeinderat aufstellen, allerdings bewusst auf dem letzten Listenplatz. "In der Politik bin ich, weil ich mich für die Gemeinschaft engagieren will, nicht um mich zu profilieren. Ich habe viel von unserem Land erhalten. Da darf man auch etwas zurückgeben.“
"Uns ist nie langweilig"
„Ich bin im Moment sehr happy und zufrieden, da wo ich bin. Ich habe einen coolen Job und eine tolle Familie. Vor kurzem haben meine Frau und ich festgestellt, dass es uns beiden eigentlich nie langweilig ist.“
* NGO steht für Nichtregierungsorganisation.