Fussball - Der Mustermünsinger
Heute startet Patric Gasser mit dem FC Münsingen in die 1.-Liga-Rückrunde. Der 31-jährige Stürmer ist ein Sinnbild für die Kontinuität, die den Verein seit Jahren erfolgreich macht.
Marbella ist ein beliebtes Reiseziel für Fussballer. Nicht der Sonne oder Sandstrände wegen, sondern primär aufgrund der ausgezeichneten Trainingsbedingungen, die sich ihnen in Südspanien bieten. Auch die erste Mannschaft des FC Münsingen reiste vor zwei Wochen in die Stadt an der Costa del Sol, um sich für die heute beginnende Rückrunde der 1.-Liga-Meisterschaft den letzten Schliff zu holen. Als Abschluss einer Vorbereitung, die bereits am 6. Januar begonnen hatte und zu Beginn noch wenig mit Fussball und viel mehr mit knallhartem Konditionstraining zu tun hatte.
Roulette mit Salah
In einem strengen Trainingslager gönnt man sich natürlich ab und zu auch eine Auszeit, geht zum Strand oder zum Shopping. Die Spieler des FC Münsingen entschieden sich für einen Ausflug ins Casino, und am Roulettetisch waren sie auf einmal in ganz prominenter Gesellschaft. Die Spieler des FC Liverpool, die zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in Marbella trainierten, hatten nämlich dieselbe Idee. Und so fand sich Patric Gasser, Stürmer und Aussendienstmitarbeiter, auf einmal visà- vis von Mohamed Salah, umworbener Starstürmer und als 31-facher Saisontorschütze Topskorer für die Mannschaft von Jürgen Klopp. «Das war ein sehr cooles Erlebnis», sagt Gasser. Zu einem fussballerischen Kräftemessen zwischen den beiden kam es in den Folgetagen zwar nicht, aber Gasser ergatterte sich immerhin ein gemeinsames Foto mit dem Ägypter.
Stark wie nie
Auch Gasser war schon der umworbene Topskorer seines Teams. 2010 erzielte er für seinen Stammverein Köniz in der interregionalen 2. Liga 27 Tore, was ihn bei vielen Vereinen aufs Radar hievte. Der damals 23-Jährige entschied sich für den FC Münsingen. Ein Wechsel, den er nie bereute, denn schliesslich passt er mit seiner aufopfernden Spielweise perfekt ins System der Münsinger, die sich seit jeher über ein starkes Kollektiv und nicht über Einzelspieler definieren. Seit Jahren gehört Gasser im Ensemble von Kurt Feuz zu den besten Torschützen, und er ist eines von vielen Sinnbildern für die Kontinuität, welche im Verein herrscht. Die Verantwortlichen sind stets bemüht, eine homogene Gruppe zu formen und diese dann über mehrere Jahre zusammenzuhalten. Eine Philosophie, die sich bezahlt macht. Gasser bestreitet seine achte Saison für die Aaretaler, und er ist überzeugt: «Ein so starkes Team wie dieses und letztes Jahr hatten wir noch nie, seit ich dabei bin.»
Die Trikotsammlung
Den Lohn für diese Arbeit gab es Ende Oktober letzten Jahres, als der FCM nach zwei Aufeinandertreffen mit Basel und einem mit Sion endlich die Young Boys zu einem Cupspiel empfangen durfte. «Das war für alle das Grösste», sagt Gasser und fügt an, dass sie sich bei der 0:3-Niederlage «ziemlich gut verkauft» hätten. Zudem konnte sich Gasser bei den Kräftemessen mit den Super-League-Klubs eine beachtliche Trikotsammlung zusammenstellen. Das Shirt von YB-Captain Steve von Bergen gehört ebenso dazu wie diejenigen von Marco Streller, Walter Samuel und Reto Ziegler.
Der schwierige Aufstieg
In der Meisterschaft liegen die Münsinger momentan auf dem dritten Rang, drei Punkte hinter den zur Teilnahme an den Aufstiegsspielen berechtigenden Plätzen. Neben Leader Solothurn ist Münsingen als einziges Team noch ungeschlagen. «Die Aufstiegsspiele zu erreichen, ist unser Ziel», sagt Gasser. Etwas, das den Münsingern in den letzten vier Jahren dreimal geglückt ist. Sowohl gegen Gossau als auch gegen Bavois und Düdingen schieden sie jedoch jeweils in der ersten Runde aus. «Aufzusteigen ist extrem schwierig. Man kann eine ganze Saison lang brillieren und es dann trotzdem nicht schaffen», sagt Gasser. «Es muss alles passen.»
Die magische Marke
Anders als zu Beginn der Vorrunde ist Gasser nun voll einsatzfähig. Den Saisonstart hatte er aufgrund eines Unfalls beim Kitesurfen, bei dem er sich am Aussenband und am Meniskus verletzt hatte, verpasst und kehrte erst nach mehrwöchiger Pause auf den Fussballplatz zurück. Es war die erste Verletzung seiner Karriere, die ihn für längere Zeit ausser Gefecht setzte. «Harzig» seis gewesen, sagt Gasser, und er habe viel Geduld gebraucht. Doch nach seiner Rückkehr schoss er schnell wieder Tore, deren fünf waren es in der Vorrunde. Und die Chancen stehen gut, dass er bald eine magische Marke knackt.
Gasser zückt sein Smartphone. Erst vor kurzem habe er mit Trainer Feuz über seine Torquote gesprochen, denn Feuz, der akribische Arbeiter, hat alles genau festgehalten. 92 Tore in 197 Spielen hat Gasser in der Meisterschaft für den FCM erzielt. Acht Tore scheinen ein realistischer Wert für die Rückrunde zu sein, doch es würde nicht zu Patric Gasser passen, würde er persönliche Erfolge über diejenigen der Mannschaft stellen. Er denkt lieber ans Gesamtbild und sagt: «Was Münsingen in den letzten Jahren erreicht hat, ist sensationell.»
SPIELABSAGEN
Der heftige Wintereinbruch hat zum Auftakt der Rückrunde im regionalen Fussball zahlreiche Spielverschiebungen verursacht. So können Köniz und Breitenrain in der Promotion League nicht spielen. In der 1. Liga wurden bereits die Partien von YB II und Langenthal verschoben. Thun gegen Düdingen und Kickers Luzern gegen Münsingen sollen wie geplant stattfinden. Die abgesagten Spiele werden am Mittwoch, 14. März, nachgeholt.