Fussball - Clever hochgearbeitet
Sandro Lauper ist beim FC Thun zu einem der begehrtesten Mittelfeldspieler des Landes gereift. Der Konolfinger hatte es in seiner Karriere aber nicht immer einfach.
Wer Sandro Lauper beim Fussballspielen zusieht, erhält schnell einmal den Eindruck, als würde er dies schon lange tun. Die Leichtigkeit und Ruhe, mit der er das Spiel des FC Thun organisiert, zeugen von grosser Umsicht und Routine. Doch der Konolfinger ist erst 21-jährig, seinen letzten Geburtstag hat er vor drei Tagen in Nyon verbracht, am Cupachtelfinal beim hartnäckigen Promotionsligisten (3:1), der den Thunern einiges abverlangte. Zeit zum Feiern blieb da nicht, zumal die Thuner bereits heute (19 Uhr) in Lausanne antreten. Der Rhythmus eines Profis eben. Noch vor drei Jahren war Lauper weit davon entfernt.
Der Förderer
Anfang Juli 2014 steigt er von der U-18-Mannschaft der Young Boys in die U-21 auf, nur noch eine Hürde steht vor ihm auf dem Weg in die erste Mannschaft. Doch nur ein paar Monate später eröffnen ihm die Verantwortlichen, dass er den Ansprüchen nicht genüge, er sich deshalb einen neuen Klub suchen müsse. «Damals ist für mich eine Welt zusammengebrochen», sagt Lauper. Einen Moment lang fragt er sich, ob er im Fussball noch eine Zukunft hat, denn es ist nicht das erste Mal, dass er mit derartigen Widerständen zu kämpfen hat. Der ehemalige Junior des FC Konolfingen durchläuft die Nachwuchsabteilung YB ab der U-12, arbeitet sich Schritt für Schritt nach oben, doch der Konkurrenzkampf ist hoch. Seine Teamkollegen im Mittelfeld sind kräftiger und oft mindestens einen Kopf grösser als er, und so wird Lauper auf vielen anderen Positionen eingesetzt. Oft trainiert er aber auch eine Stufe tiefer, da dort seine körperlichen Defizite weniger stark ins Gewicht fallen. Bei der U-21 gibt es diese Möglichkeit nicht mehr. Statt Rückstufung folgt die Ausmusterung. Doch Lauper will den Traum vom Profi nicht aufgeben und findet in der U-21 des FC Thun Unterschlupf, bei einem Trainer, der seit je von den Qualitäten Laupers überzeugt ist: Simon Nüssli. Der jetzige Assistent von Marc Schneider kennt Lauper, seit dieser in der U- 13 der Young Boys spielte. «Sandro war schon immer ein guter Fussballer», sagt Nüssli. Im Team der Thuner erhält er nun die Gelegenheit, dies zu zeigen. «Simon hat mich aufgebaut», sagt Lauper.
Die Explosion
Der Emmentaler etabliert sich bald einmal in der Startaufstellung, führt das Team dann auch als Captain an, eine Garantie für Einsätze im Fanionteam ist dies aber freilich nicht. Auf dieser Stufe verfügten alle Spieler über grosses Potenzial, sagt Nüssli. «Ob sie es dann allerdings auch bei den Profis abrufen können, ist extrem schwierig abzuschätzen.» Lauper hat diese Transition geschafft. Ironischerweise muss er dazu erst einen weiteren Rückschlag verkraften. Nach seinem Wechsel ins Oberland bricht sich Lauper den Mittelfuss und fällt mehrere Wochen aus. «Danach ist er explodiert», sagt Nüssli und erzählt, wie Lauper nach überstandener Verletzung zurückkam und sich mit starken Leistungen für die 1. Mannschaft empfahl.
Im Juni dieses Jahres verlängert Lauper seinen bis 2020 gültigen Vertrag um ein Jahr. Die Verantwortlichen sprechen von einem starken Zeichen an die Konkurrenz, die Fans und die Sponsoren, dass es dem FC Thun trotz limitierten finanziellen Möglichkeiten gelingt, die Leistungsträger zu halten. Vor allem aber ist Laupers neuer Kontrakt ein Beleg dafür, dass aus dem schmächtigen Jungen, den niemand will, einer der begehrtesten Mittelfeldspieler des Landes geworden ist. Im Sommer erkundigen sich einige Vereine nach ihm. Auch die Young Boys haben ihn wieder im Auge. «Für mich war immer klar, dass ich in Thun bleibe», sagt Lauper, der nach der im Sommer abgeschlossenen Matura voll auf Fussball setzt.
Die Mischung
«Sandro hatte es in seiner Karriere nicht immer einfach», sagt Nüssli. «Er musste einen Weg finden, sich gegen die grösseren und stärkeren Gegenspieler zu behaupten. Das tat er mit Cleverness und Raffinesse.» Dass er im Juniorenalter auf verschiedenen Positionen habe spielen müssen, habe seiner Entwicklung sicher nicht geschadet. In Lausanne dürfte Lauper in der Innenverteidigung gefragt sein. Lauper sei zwar immer noch nicht der Stämmigste, aber explosiv und antrittsschnell, sagt Nüssli. «Kombiniert mit seinem Spielverständnis ist das eine super Mischung.»