Freimettigen - Die Legalisierung kommt zu spät
Das Ehepaar T. hatte in Freimettigen eine 4-Zimmer-Wohnung gekauft. Das vierte Zimmer durfte aber nur als Estrich genutzt werden. Nach langem Prozessieren zog das Paar weg. Nun ist das Estrichzimmer legal. Zu spät.
Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ
Tritt Freimettigens revidierte Ortsplanung in Kraft, wird das vierte Zimmer im Estrich an der Sägematte 5 zu Wohnraum. Zu spät für D. und H.T.*. Sie haben acht Jahre lang prozessiert, damit dieser Raum Teil ihrer Wohnung sei. Nichts ahnend haben sie 1999 beim Notar den Kaufvertrag unterzeichnet. Wenig später beharrte die Gemeinde darauf, dass das vierte Zimmer Estrich sei, und liess die Heizungsrohre kappen. Das Paar erhob Beschwerde. Eine Odyssee durch die Gerichte begann (s. Zweittext). «In dieser Zeit stellte uns die Gemeinde weder eine Änderung noch eine Zwischenlösung in Aussicht», sagt H.T., der mit seiner Familie mittlerweile von Freimettigen weggezogen ist.
Gemeinderat blieb hart
Dass die Überführung der Sägematte in die ordentliche Wohnzone nun so schlank durchgeht, findet T. «einen Schildbürgerstreich». Er sagt: «Die Gemeinde hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, einzulenken». In anderen Gemeinden werden Zonen mit Planungspflicht mit einer Abstimmung an der Gemeindeversammlung aufgehoben. Der Freimettiger Gemeinderat blieb aber hart und weigerte sich, auf eine einvernehmliche Lösung einzugehen.
«Politik ist träge»
«Die Geschichte mit dem Estrichzimmer hat sich noch vor meiner Zeit zugetragen», sagt Gemeindepräsident Arthur Vifian, der nun ins zweite Amtsjahr geht. Die Estrichdebatte habe er als Bürger verfolgt und sich eine eigene Meinung gebildet. «Ich denke, dass man sich damals hätte flexibel zeigen sollen. Aber Politik ist eben oft träge», sagt Vifian.
Dass die Sägematte nach dem Wegzug der Familie T. in die ordentliche Wohnzone überführt worden sei, habe vor allem einen Grund: «Wir wollen keine Zonen mit Planungspflicht mehr, weil diese zu viele Spezialregelungen mit sich bringen, wie beispielsweise die Ausnützungsziffer.» Diese beschreibt das zulässige Mass der baulichen Nutzung im Verhältnis zur Fläche und bewirkt, dass in einem Haus nicht unbeschränkt Wohnraum geschaffen werden darf.
Hat der Kanton Freimettigens Ortsplanungsrevision bewilligt, gibt es keine baulichen Einschränkungen mehr: Der Estrich an der Sägemattstrasse 5 darf Teil der Wohnung werden. «Es kann ja sein, dass noch andere Familien zusätzliche Zimmer bauen möchten. Das ist in der Wohnzone möglich», so der Gemeindepräsident.
«Lösung der Vernunft»
Unter dem Strich sei der Vergleich eine Vernunftlösung gewesen, meint H.T. rückblickend. Das Geld, das man ihm und seiner Frau habe zahlen müssen, habe für den Kauf einer neuen 4-Zimmer-Wohnung gereicht. «Gewonnen haben wir nichts, aber wir leben mit diesem Vergleich», so T. Die Familie habe sich am neuen Wohnort bestens eingelebt und schaue vorwärts. «Das Thema Freimettigen ist damit für uns endgültig erledigt.»
Die Chronologie
1999 kauft das Ehepaar T. die Dachwohnung im Mehrfamilienhaus an der Sägemattstrasse 5 in Freimettigen. 20.Mai 2000. Bei der Bauabnahme wird festgestellt, dass das vierte Zimmer nicht bewilligt ist und «zweckentsprechend als Estrich genutzt» werden müsse. Die Käufer hatten aber für vier Zimmer bezahlt und wollten sich nicht mit dreien zufrieden geben.
Im Juli 2002 stehen D. und H. T. vor dem Verwaltungsgericht. Dieses weist ihre Beschwerde gegen die kantonale Baudirektion und die Gemeinde Freimettigen ab. In der Urteilsbegründung steht, es sei «unbestritten, dass die Bauherrschaft als bösgläubig zu gelten hat». Sie habe eine 4-Zimmer-Wohnung verkauft und nur drei Zimmer geliefert.
2003 machen Ts. Strafanzeige gegen den Bauherrn und den Architekten. Diese werden 2004 freigesprochen. Gemäss Gericht handelte es sich nicht um Betrug, sondern um «arglistige Täuschung». Dieses Delikt ist nicht strafbar.
2005. Weiterzug ans Obergericht, welches die «arglistige Täuschung» bestätigt. Bauherr und Architekt hätten aber «bloss fahrlässig und nicht eventualvorsätzlich gehandelt». Nachdem D. und H.T. ein Rückkaufsangebot des Bauherrn abgelehnt hatten und die Gemeinde Freimettigen die Überbauungsordnung nicht abändern wollte, beschritt das Ehepaar den zivilrechtlichen Weg. Dies war ihm von den Strafrichtern mehrmals empfohlen worden.
2006 fand der Zivilhandel in Schlosswil statt. Das Urteil: Der Bauherr muss die Wohnung zurücknehmen und dem Ehepaar T. sämtliche Auslagen vergüten. Architekt und Bauherr appellierten ans Obergericht.
Februar 2008. Beim Obergericht kommt ein Vergleich zustande. Die Wohnung wurde zurückgekauft. Mit dem Geld erwirbt die mittlerweile vierköpfige Familie eine neue Wohnung und verlässt im Juli Freimettigen.
November 2008. Die Freimettiger Gemeindeversammlung bewilligt die Revision der Ortsplanung. Die Sägematt liegt neu in der ordentlichen Wohnzone ohne Ausnützungsziffer. Der Bauherr kann die Dachwohnung nun sorglos als 4-Zimmer-Wohnung verkaufen.
Ein Artikel aus der
www.freimettigen.ch
Gemeinderat blieb hart
Dass die Überführung der Sägematte in die ordentliche Wohnzone nun so schlank durchgeht, findet T. «einen Schildbürgerstreich». Er sagt: «Die Gemeinde hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, einzulenken». In anderen Gemeinden werden Zonen mit Planungspflicht mit einer Abstimmung an der Gemeindeversammlung aufgehoben. Der Freimettiger Gemeinderat blieb aber hart und weigerte sich, auf eine einvernehmliche Lösung einzugehen.
«Politik ist träge»
«Die Geschichte mit dem Estrichzimmer hat sich noch vor meiner Zeit zugetragen», sagt Gemeindepräsident Arthur Vifian, der nun ins zweite Amtsjahr geht. Die Estrichdebatte habe er als Bürger verfolgt und sich eine eigene Meinung gebildet. «Ich denke, dass man sich damals hätte flexibel zeigen sollen. Aber Politik ist eben oft träge», sagt Vifian.
Dass die Sägematte nach dem Wegzug der Familie T. in die ordentliche Wohnzone überführt worden sei, habe vor allem einen Grund: «Wir wollen keine Zonen mit Planungspflicht mehr, weil diese zu viele Spezialregelungen mit sich bringen, wie beispielsweise die Ausnützungsziffer.» Diese beschreibt das zulässige Mass der baulichen Nutzung im Verhältnis zur Fläche und bewirkt, dass in einem Haus nicht unbeschränkt Wohnraum geschaffen werden darf.
Hat der Kanton Freimettigens Ortsplanungsrevision bewilligt, gibt es keine baulichen Einschränkungen mehr: Der Estrich an der Sägemattstrasse 5 darf Teil der Wohnung werden. «Es kann ja sein, dass noch andere Familien zusätzliche Zimmer bauen möchten. Das ist in der Wohnzone möglich», so der Gemeindepräsident.
«Lösung der Vernunft»
Unter dem Strich sei der Vergleich eine Vernunftlösung gewesen, meint H.T. rückblickend. Das Geld, das man ihm und seiner Frau habe zahlen müssen, habe für den Kauf einer neuen 4-Zimmer-Wohnung gereicht. «Gewonnen haben wir nichts, aber wir leben mit diesem Vergleich», so T. Die Familie habe sich am neuen Wohnort bestens eingelebt und schaue vorwärts. «Das Thema Freimettigen ist damit für uns endgültig erledigt.»
Die Chronologie
1999 kauft das Ehepaar T. die Dachwohnung im Mehrfamilienhaus an der Sägemattstrasse 5 in Freimettigen. 20.Mai 2000. Bei der Bauabnahme wird festgestellt, dass das vierte Zimmer nicht bewilligt ist und «zweckentsprechend als Estrich genutzt» werden müsse. Die Käufer hatten aber für vier Zimmer bezahlt und wollten sich nicht mit dreien zufrieden geben.
Im Juli 2002 stehen D. und H. T. vor dem Verwaltungsgericht. Dieses weist ihre Beschwerde gegen die kantonale Baudirektion und die Gemeinde Freimettigen ab. In der Urteilsbegründung steht, es sei «unbestritten, dass die Bauherrschaft als bösgläubig zu gelten hat». Sie habe eine 4-Zimmer-Wohnung verkauft und nur drei Zimmer geliefert.
2003 machen Ts. Strafanzeige gegen den Bauherrn und den Architekten. Diese werden 2004 freigesprochen. Gemäss Gericht handelte es sich nicht um Betrug, sondern um «arglistige Täuschung». Dieses Delikt ist nicht strafbar.
2005. Weiterzug ans Obergericht, welches die «arglistige Täuschung» bestätigt. Bauherr und Architekt hätten aber «bloss fahrlässig und nicht eventualvorsätzlich gehandelt». Nachdem D. und H.T. ein Rückkaufsangebot des Bauherrn abgelehnt hatten und die Gemeinde Freimettigen die Überbauungsordnung nicht abändern wollte, beschritt das Ehepaar den zivilrechtlichen Weg. Dies war ihm von den Strafrichtern mehrmals empfohlen worden.
2006 fand der Zivilhandel in Schlosswil statt. Das Urteil: Der Bauherr muss die Wohnung zurücknehmen und dem Ehepaar T. sämtliche Auslagen vergüten. Architekt und Bauherr appellierten ans Obergericht.
Februar 2008. Beim Obergericht kommt ein Vergleich zustande. Die Wohnung wurde zurückgekauft. Mit dem Geld erwirbt die mittlerweile vierköpfige Familie eine neue Wohnung und verlässt im Juli Freimettigen.
November 2008. Die Freimettiger Gemeindeversammlung bewilligt die Revision der Ortsplanung. Die Sägematt liegt neu in der ordentlichen Wohnzone ohne Ausnützungsziffer. Der Bauherr kann die Dachwohnung nun sorglos als 4-Zimmer-Wohnung verkaufen.
Ein Artikel aus der

www.freimettigen.ch