Frauenfussball - Rekordnationalspielerin ohne Stammplatz
Mit 94 Einsätzen ist Martina Moser die erfahrenste Spielerin der Schweizer Nationalmannschaft. Nun will sie sich mit der erstmaligen WM-Qualifikation einen Traum erfüllen.
Mit ihren 1,57 Metern ist Martina Moser mit Abstand die kleinste Nationalspielerin. Ihre Fussballschuhe kauft sie gar in der Kinderabteilung. Grösse 36. Doch sie beweist, dass man auch mit kleinen Füssen grosse und vor allem flinke Schritte machen kann. Besser noch: Mit 94 Einsätzen ist die 28-Jährige aus Bigenthal die Schweizer Rekordspielerin. Am Samstag steht für die Schweiz das drittletzte WM-Qualifikationsspiel gegen Israel (16 Uhr, Wohlen) an. Noch vier Punkte fehlen dafür, sich für das grosse Ziel, die WM 2015 in Kanada, zu qualifizieren.
Seit 2005 ist Martina Moser dabei, heute sagt sie: «So gut wie jetzt waren wir noch nie.» Aus ihrem Mund klingt ein solcher Satz nicht arrogant. Denn sie weiss nach neun Jahren im Nationalteam, von was sie spricht. Und sie spricht, wie sie spielt: schnörkellos, geradlinig, bodenständig. Beim Sprechen wie auch beim Spielen ist alles wohlüberlegt. Manchmal schiesst sie auch Tore – bislang 14 fürs Nationalteam –, obwohl sie ihre Rolle im Mittelfeld eher defensiv interpretiert. Dort, wo sie körperlich am meisten gefordert wird. «Martina gewinnt Zweikämpfe mit ihrem Willen», sagt Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg dazu.
«Extrem wichtig fürs Team»
Über die Jahre ist Martina Moser zur Führungsspielerin gereift. Zum Ausdruck bringt sie dies nicht nur durch ihre Leistungen auf, sondern auch neben dem Platz. «Martina hat eine gute Art, ihre Mitspielerinnen anzusprechen, selbst wenn sie kritisch und offen sein muss. Sie ist extrem wichtig fürs Team», sagt Martina Voss-Tecklenburg. Die 46-jährige Deutsche – während ihrer Karriere einst Mosers Gegenspielerin in der Bundesliga – schätzt vor allem auch deren Fussballintelligenz. Sofort verstehe sie jede Trainingsform: «Wenn wir zwei Trainingsgruppen haben, und in einer ist Martina dabei, muss ich mir keine Sorgen machen. Ich weiss, dass die Übung von allein funktioniert.» Trotz ihrer Erfahrung hat Moser auf ihrer Position im Nationalteam keinen Stammplatz. Die Konkurrenz ist stark. Voss-Tecklenburg entscheidet je nach Gegner, wer von Beginn weg spielt. Moser musste lernen, damit umzugehen, akzeptiert aber ihre Rolle: «Es ist immer ein Entscheid für das Team und nicht gegen mich. Unser Teamgeist ist so gut, ich wäre fehl am Platz, wenn ich deswegen wütend auf der Bank sitzen würde.» Auch das zeichnet eine Leaderin aus.
Captain in Hoffenheim
Anders präsentiert sich die Lage bei ihrem Klub. Nach den Anfängen beim FC Biglen und weiteren Stationen in Thun, Luzern, Freiburg und Wolfsburg ist Moser seit zwei Jahren Profi in Hoffenheim. Dort ist sie nicht nur Stammspielerin, sondern auch Captain. Sie ist die Älteste im Team, hat die grösste Erfahrung. Ihr Wort hat Gewicht: «Die Teamkolleginnen halten sich an meine Ansicht. Ich mag diese Rolle, sie ist wie für mich geschaffen», sagt Moser. Nach dem Aufstieg im ersten Jahr verlief diese Saison in der 1. Bundesliga harzig; Hoffenheim konnte den Abstieg nur knapp abwenden. «Die Anspannung war gross», sagt sie rückblickend. Umso grösser ist jetzt die Erleichterung und somit die Gewissheit, dass sie ein weiteres Jahr in Hoffenheim bleiben wird.
Und nun könnte diese anstrengende und lange Saison für Moser doppelt positiv enden. Nach dem Ligaerhalt mit dem Klub steht sie nun mit dem Nationalteam kurz vor der erstmaligen Qualifikation für einen Grossanlass. «Damit ginge ein Traum in Erfüllung. Wir würden Geschichte schreiben.» In einem Jahr beginnt die WM in Kanada. Eine Teilnahme wäre nicht nur für Moser mit ihrer Schuhgrösse 36 ein grosser Schritt, sondern für den Schweizer Frauenfussball insgesamt.