Francine Jordi: "Charme wie Marzipan"

Fällt die denn nie aus der Rolle? Das Goldkehlchen aus Richigen moderiert neu den Musikantenstadl, eine der ältesten und grössten Samstagabendkisten.

Brigitta Niederhauser, "Der Bund"

Fast wäre sie Militärpilotin geworden, die Vorprüfung hatte sie schon ­bestanden. Doch dann gewann die 20-jährige Francine Jordi in Wien den Grand Prix der Volksmusik, und die volkstümliche Schlagerszene hatte ihr neues Schätzeli und die Militärfliegerei eine Aspirantin weniger. 1998 war das, und die Karriere des Berner Meitschi läuft seither so geschmiert, dass es nun zur Zeremonienmeisterin im Olymp der Schunkelseligkeit befördert worden ist. Zusammen mit dem Österreicher Alexander Mazza, einem erfahrenen TV-Hasen, moderiert sie ab heute den Musikantenstadl, eine der grössten und ältesten Samstagabendkisten des europäischen Fernsehens.

Blättert man das Karrierereinheft der hübschen Musterschülerin durch, die am Konservatorium Neuenburg ein Gesangs- und Klavierstudium ab- geschlossen hat, so findet man nur zwei «Tolgge»: Sie macht keinen Hehl daraus, dass ihr privat der Sound von Beyoncé oder AC/DC lieber ist als der volkstümliche Schlager, und am Concours Eurovision ist sie 2002 in Tallinn auf dem blamablen 22. Platz gelandet.

Eine Niederlage, die «ds Jordeli», wie sie ihre Fans nennen, aber genauso tapfer weggesteckt hat wie ihre privaten Waterloos. Denn ihr Gemüt kennt nur Dur – wie alle Schlager- melodien. Moll hatte nicht mal da eine Chance, als sie auf dem Handy ihrer 11-Monate-Liebschaft Florian Ast unzweideutige Botschaften an eine andere Frau entdeckte.

Zwar würde sie ganz gern das Private für sich behalten, doch wenn ein Boulevardjournalist es wieder mal so richtig wissen will, dann liefert sie Geständnisse wie Schlagertitel. Tony Rominger «war der Mann, auf den ich gewartet habe». Zwei Jahre war sie mit dem Radprofi verheiratet, doch dann verschwand sie mit dem Mundartrocker Ast im Studio, um dann zu bekennen, dass sie «jemand Neues in ihr Herz gelassen hat».

Mit ihrem Charme wie Marzipan und der welpenhaften Niedlichkeit setzt die Sängerin zwar auf den Jöh-Effekt, aber Jordi kaschiert damit gleichzeitig raffiniert ihre beeindruckende Professionalität. Ob sie mit Heino auf Tournee ist oder «Weihnachten auf Gut Aiderbichl» moderiert – nie fällt sie aus der Rolle des aufgestellten Goldkehlchens, das nur eines im Sinn hat, nämlich sein Publikum total glücklich zu machen.

Dabei verblüfft Jordi, die über einen Waffenschein verfügt und leidenschaftlich gern im Schiessstand steht, mit sicherem Anpassungsinstinkt fürs jeweilige Ambiente, wenn sie sich zum Beispiel bei den «Grössten Schweizer Hits», eingeklemmt zwischen Beni Thurnheer und Roman Kilchsperger, mit selbstbewusster Sexiness ­emanzipiert.

Was von ihr im zur Stadlshow aufgemotzen Musikantenstadl erwartet wird, das weiss sie ganz genau. Auf 68 Jahre wird das Durchschnittsalter des Publikums geschätzt, und für dieses ist sie schon seit Jahren ein Quell der Freude. Mit ihren 38 Jahren bringt sie es gerade mal auf ein bisschen mehr als die Hälfte, und da darf ihr durchaus zugetraut werden, dass sie die Baden-Arena in Offenburg auch mit der neuen, trendigen Schlagerwelle flutet.

Die Jordi, die sei «a fesches Luder», die könne das, soll Andreas Gabalier, der neue Schlagerwilde, gesagt haben. Er selber hat den Moderationsposten dankend abgelehnt.

[i] Stadlshow, heute 20.15 Uhr, SRF 1


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Erstellt: 12.09.2015
Geändert: 12.09.2015
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