Fluglärm - Gemeinden in der Region wollen sich wehren
Mit dem geplanten Südanflug auf das Belpmoos würden die Gemeinden von Thun bis Münsingen vermehrt von Fluglärm geplagt. Bereits formiert sich Widerstand.
Flugzeuge, die von Süden her das Belpmoos anpeilen, würden von Langenthal her über Oberdiessbach, Steffisburg, Kiesen, Wichtrach und Münsingen fliegen. Bei dieser Anflugroute wären die Flieger knapp 400 Meter über Münsingen, das am stärksten von Lärm betroffen wäre. Das ist auch dem Gemeindepräsidenten Beat Moser klar. Der Münsinger Gemeinderat will in den nächsten Tagen sein weiteres Vorgehen beschliessen. «Leider wurden wir aber noch nicht über Details informiert. Damit fehlen uns Entscheidungsgrundlagen», bedauert Moser.
Treffen vorgesehen
Die Region Aaretal ist alarmiert. Hansruedi Blatti, Gemeindepräsident von Wichtrach, hat ein Treffen von Vertretern der betroffenen Gemeinden angeregt. «Ich habe allen Anrainergemeinden einen Termin im Januar vorgeschlagen. Ziel des Treffens ist, dass sich alle Betroffenen gemeinsam gegen diese Südanflüge wehren würden», sagt Blatti. Bis jetzt habe man im Aaretal ausser den regelmässigen Helikopterflügen kaum Fluglärm erleiden müssen. «Wenn aber die Standardroute hier durchführt, werden wir uns auf einiges gefasst machen müssen.» Blatti befürchtet, dass der Flughafen Bern-Belp mit dem Südanflug attraktiver würde. Er verweist auf die verstärkte Zusammenarbeit des Flughafens mit Interlaken Tourismus hinsichtlich Flügen von und aus den arabischen Staaten und Russland. «Das ist eine Blackbox. Wir können nicht sagen, was auf uns zukommt.»
Fehlende Kommunikation
Blatti erachtet es als wichtig, rechtzeitig auf das Vorhaben von Alpar, Skyguide und Bazl (Bundesamt für Zivilluftfahrt) zu reagieren (siehe Haupttext). Unter Umständen bleibt für Stellungnahmen und Einsprachen aber nicht viel Zeit. Denn das neue Betriebsreglement, das die Südanflüge regelt, wird erst Mitte Januar öffentlich aufgelegt. Ist dieses genehmigt, wird das Bazl die nötige Erweiterung vornehmen, zu der auch noch Stellungnahmen eingereicht werden können. «Bis jetzt gab es leider keine offene Kommunikation», bedauert Hansruedi Blatti. Den Gemeinden und Betroffenen bleibe somit nur übrig, Stellungnahmen und Einsprachen einzureichen.
Thun im «Stand-by-Modus»
«Ich bin Ende 2013 von zwei Münsinger Bürgern kontaktiert und auf die Problematik der geplanten Erhöhung der Südanflüge aufmerksam gemacht worden – von offizieller Seite hingegen sind wir meines Wissens nicht vorinformiert worden», sagt Thuns Stadtpräsident Raphael Lanz (SVP). Abklärungen des Planungsamtes hätten ergeben, dass das Bazl im Januar genauer informieren werde. «Der Gemeinderat ist in Stand-by-Modus und auf das Thema vorbereitet, damit wir die Interessen Thuns wahren können», so Lanz weiter. Der Stadtpräsident sagt, der Flughafen Bern-Belp sei einerseits ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, andererseits seien bei vermehrten Südanflügen zusätzliche Immissionen zu befürchten. «Sobald die genauen Pläne auf dem Tisch liegen, werden wir eine Abwägung der Interessen durchführen und entsprechend Stellung zu den Plänen nehmen.»
Steffisburgs Gemeindepräsident Jürg Marti (SVP) wurde von verschiedenen Seiten mit der Neuregelung des Anflugs auf den Flughafen Bern-Belp konfrontiert. «Sowohl Vertreter von anderen Gemeinden als auch Leute aus Steffisburg, welche in Aerovereinen engagiert sind, machten uns auf das Thema aufmerksam.» Die Gemeinde habe in der Folge die Zuständigkeiten definiert und sei parat, sich in die Diskussion einzubringen, sobald die geplanten Neuerungen offiziell kommuniziert werden. «Denn bisher wissen wir von offizieller Seite nichts.» Wie sein Thuner Amtskollege Lanz weist auch Marti darauf hin, dass die Region von einem funktionierenden Flughafen in Bern profitiere – «aber auch nur, wenn die ‹Kosten› dafür in einem vernünftigen Verhältnis stehen».
Diskussionen wegen Militär
Beat Haldimann, Gemeindepräsident von Buchholterberg, wurde mit einem Schreiben auf das Thema aufmerksam, das verschiedene Areoclubs an zahlreiche Gemeinden der Region verschickt haben. «Wir haben es für nächste Woche im Gemeinderat traktandiert», sagt er. Bisher habe eher der militärische Fluglärm für Diskussionen gesorgt.
Delta-Team am Ende?
Drastische Worte nimmt Franz Erb vom Delta-Team Falkeflue in den Mund: «Wenn die angedachten Ideen umgesetzt werden, ist unser Team am Ende.» Das Gründungsmitglied des Vereins, dessen Mitglieder von der Falkenfluh in Bleiken, Oberdiessbach, starten, und in Brenzikofen landen, befürchtet, dass das neue Anflugregime bei den betroffenen Gemeinden zu wenig Beachtung findet. «Deshalb haben wir mit anderen Vereinen rund 70 Gemeinden angeschrieben und zu einem nicht öffentlichen Infoanlass eingeladen.» Dieser findet am 20. Januar in Thun statt. Für Erb ist klar: «Wir werden dort nicht besprechen, ob wir uns wehren wollen. Sondern wie.»
Entlastung für Bern und Muri
Dan Hiltbrunner von der Vereinigung gegen Fluglärm (VgF) sieht im Südanflug zum Belpmoos auch Vorteile: «Die dicht besiedelten Gebiete Stadt Bern und Muri werden entlastet.» Als Nachteil sieht er, dass dafür neue Gebiete von Fluglärm betroffen sein werden. «Das Hauptinteresse unserer Vereinigung ist, Fluglärm zu verhindern oder ihn dorthin zu leiten, wo er am wenigsten stört.» Wenn der Südanflug zu mehr Flugverkehr, beziehungsweise Lärm führe, sei dies aber auch nicht gut.Die VgF hat nun vor, eine Stellungnahme mit diesen Bedenken beim Bazl und bei den betroffenen Gemeinden einzureichen.
«Parkplätze» für Privatjets
Der Südanflug und der Flughafen beinhalten für Hiltbrunner aber noch einiges an Unbekanntem. Etwa, dass offen ist, in welche Richtung die Abflüge künftig gehen. Mit Unbehagen schaut er der vierten Etappe der Flughafenvergrösserung entgegen. «Die Gefahr ist, dass Bern-Belp attraktiver wird, ja, zu attraktiv», sagt Hiltbrunner. Er befürchtet, dass nach dem Ausbau im Belpmoos mehr «Parkplätze» für Privatjets vorhanden sein werden. «Dies würde nur Lärm, aber keinen volkswirtschaftlichen Nutzen bringen.»
Der BZ-Artikel "Neues Anflugregime: Stadt profitiert, Aaretal klagt"