Emmental/Oberdiessbach - Wollen Spitex-Vereine fusionieren oder bloss zusammenarbeiten?

Die Spitex-Organisationen müssen künftig enger zusammenspannen, um die vom Kanton erwarteten Leistungen erbringen zu können. «Fusionieren oder lediglich zusammenarbeiten?», stellt sich für die Spitex-Vereine die Frage.

Jakob Hofstetter, Wochen-Zeitung
«Die Spitex will fusionieren» titelte die «Wochen-Zeitung» vom 7. April ihre Berichterstattung über die Hauptversammlung des Spitex-Vereins Oberdiessbach (siehe auch BERN-OST "News" vom 7. April 2005). «Dieser Titel ist nicht nur missverständlich, sondern falsch», kritisiert Wolf Zimmerli, Präsident des Spitex-Vereins Oberdiessbach. Er habe ausdrücklich gesagt, dass sie gerade keine Fusion, sondern einen Zusammenarbeitsvertrag anstreben würden, im Gegensatz zum Amt Signau. «Es könnte sein, dass Ihre Berichterstatterin mit diesem grundfalschen Titel unsere Verhandlungspartner so vor den Kopf stösst, dass die weiteren Verhandlungen verunmöglicht werden», schreibt er in einem Mail an die «Wochen-Zeitung». Mögliche Verhandlungspartner sind laut Zimmerli die Spitex-Organisationen Biglen, Grosshöchstetten, Konolfingen, und Wichtrach. Tatsächlich waren diese Verhandlungspartner erstaunt, als sie in der «Wochen-Zeitung» von der angeblich geplanten Fusion lasen. Dies bestätigen die beiden Präsidenten der Spitex-Organisationen Biglen und Konolfingen, Markus Wehner und Hans Schär.

Nicht für den Papierkorb arbeiten

Für Wolf Zimmerli ist klar, dass eine Fusion zum heutigen Zeitpunkt nicht das Richtige wäre. «Wir sind überzeugt davon, dass die Vorteile unserer Vereinsstrukturen so gross sind, dass wir keine Fusion wollen». Zudem sei beim Kanton noch alles unklar: «Man weiss beispielsweise nicht, wie gross eine Organisation sein muss und welches die Bedingungen sind.» Für den Papierkorb zu arbeiten seien sie, die fünf Spitex-Präsidenten, nicht bereit. Auch Markus Wehner und Hans Schär mögen derzeit nicht von einer Fusion sprechen. Klar ist für sie jedoch, dass sie regional zusammenarbeiten müssen. «Wir sind fünf etwa gleich grosse Vereine, die die Vorgaben des Kantons bis heute in allen Teilen voll einhalten konnten. Die Vereins­vorstände, Betriebsleiterinnen und Rechnungsführerinnen prüfen aber, ob eine Zusammenarbeit beispielsweise in der Rechnungsführung, im Einkauf und in der Weiterbildung Sinn machen würde», sagt Hans Schär. Für alle Spitex-Präsidenten dieser fünf Organisationen ist klar, dass alle ­bestehenden Stützpunkte erhalten bleiben müssten. Diese Forderung scheint unbestritten zu sein: «Die Vision des Kantons lautet: ‹lokal anbieten, zentral führen›, die Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern (GEF) will keinen Abbau der bestehenden Stützpunkte oder Leistungen», sagt Jan Guillaume, Berater für das Pflegewesen und die Spitex beim Alters- und Behindertenamt.

Den Vorwurf, dass beim Kanton noch nichts klar sei, weist Guillaume zurück: «Die neuen Herausforderungen, die auf die Spitex zukommen, sind bekannt». Beispielsweise fordere die GEF ein einheitliches, flächendeckendens, professionelles und jederzeit verfügbares Dienstleistungsangebot der Spitexdienste. In diesem Angebot enthalten sind Spätdienste, Nachtwache, Kinder-Spitex, Palliative und onkologische Pflege.

Starke Partnerin erwünscht

«Die GEF braucht eine starke Spitex als Partnerin, sagt Jan Guillaume. Die Organisationen brauchten eine gewisse Grösse, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Die Regionalisierung kann laut Guillaume über die Definition einer Mindestgrösse (Einwohnerzahl), über das Festlegen von Regionen (beispielsweise Amtsbezirke, Spitalregionen) oder über die Kriteriendefinition angegangen werden. «Eine vom Kanton herausgegebene Zahl wird nie allen gerecht werden», ist Guillaume überzeugt. «Es werden auch immer Ausnahmen wegen geografischen Gegebenheiten wie städtische oder ländliche Regionen, Distanzen und erreichbarkeit gemacht.»

Zusammen mit dem Spitex-Verband des Kantons Bern hat die GEF den Weg der Kriteriendefinition im Rahmen der beiden vom Verband initiierten Projekte «Standards» und «Regionalisierung» gewählt. Sowohl die GEF als auch der kantonale Spitex-Verband würden den Organisationen helfen, die notwendigen strukturellen Anpassungen vorzunehmen, sagt Jan Guillaume. «Wenn kleinere Spitex-Organisationen die Vorgaben nicht einhalten können, wird es für sie unabdingbar sein, Zusammenarbeitsformen und Synergien zu suchen und sich eventuell auch zusammenzuschliessen». Die GEF erwarte von den Spitex-Organisationen und Gemeinden, dass sie agieren, nicht bloss reagieren würden.

Fusion im Oberen Emmental

Im Oberen Emmental arbeiten die fünf Spitex-Vereine bereits intensiv auf eine Fusion hin. Ganz am Anfang steht man diesbezüglich im unteren Emmental. Der Regionalverband Emmental Mittelland hat zwei Varianten ausgearbeitet und den in die Vernehmlassung geschickt. Eine Variante sieht vor, zwölf Organisationen des Gebietes in einer Trägerschaft zu vereinen. Diese betreuen zusammen ein Gebiet mit rund 70’000 Einwohnern. Das Ergebnis der Umfrage soll nächste Woche diskutiert und dann das weitere Vorgehen bestimmt werden, sagt Christa Rothen vom Regionalverband Emmental Mittelland. Aus dem WZ-Verteilgebiet gehören zu diesem Verband die Spitex-Vereine Affoltern-Dürrenroth-Walterswil. Hasle-Rüegsau, Lützelflüh-Trachselwald und Sumiswald-Wasen.

Effizientere Organisation

In der Alterspolitik des Kantons Bern nimmt die Spitex eine zunehmend wichtige Rolle ein. «Die Regionalisierung wurde eingeleitet, weil die Spitex den Herausforderungen gerecht werden muss, die in den nächsten Jahren auf sie zukommen werden», sagt Jan Guillaume. «Dazu muss sie in einigen Bereichen effizienter werden. Hierzu ist die Regionalisierung notwendig».

www.wochen-zeitung.ch
www.oberdiessbach.ch

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Erstellt: 14.04.2005
Geändert: 14.04.2005
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