Eishockey - "…weil wir kämpfen werden wie die Affen"

Heute (19.45 Uhr, Postfinance-Arena) treten die SCL Tigers im ersten Spiel seit dem Wiederaufstieg beim SC Bern an. Die Freunde Simon Moser (26) und Tobias Bucher (26) spielen in der NLA erstmals gegeneinander. Vor dem Derby haben sie sich an der imaginären Fangrenze in Schlosswil getroffen.

Philipp Rindlisbacher und Reto Kirchhofer, Berner Zeitung BZ
Entlang der Hauptstrasse von Bern nach Langnau, kurz vor Grosshöchstetten, lohnt sich der Blick zur Seite: Von weit her sichtbar ist das Schloss Wyl. Es steht auf der Wasserscheide zwischen Emme und Aare. Wo sich das Wasser trennt, scheiden sich die Eishockeygeister – selbst wenn die Mehrheit der etwas über 630 Einwohner in Schlosswil ein Emmentaler Herz hat. Das Dorf gilt als imaginäre Fangrenze, liegt auf 750 Meter über Meer. Und je nachdem, welcher Klub gerade im Hoch ist, tragen eben «d Bärner» oder «d Langnouer» den Kopf etwas höher.

Vor dem heutigen Derby (Postfinance-Arena, 19.45 Uhr) treffen sich Simon Moser (SC Bern) und Tobias Bucher (SCL Tigers) in Schlosswil. Die Stürmer sind seit Jahren gut befreundet. Moser ist hier aufgewachsen, er verkörpert die Uneinigkeit im Dorf. Sieben Jahre hat er für Langnau gespielt; nun tritt das Mitglied der Nationalmannschaft erstmals gegen seinen Stammklub an – ausgerechnet im Dress des Kantonsrivalen. Früher, so erzählt Moser, hätten die Schüler auf dem Platz vor dem Schulhaus Eis gemacht, Banden gestellt, gegeneinander gespielt. Schon damals galt: Langnau gegen Bern.

Simon Moser, zu welcher Gruppe haben Sie früher gehört?
Simon Moser: Ganz zu Beginn: SCB! Wir schauten zu Jörg Reber auf (heute Sportchef der SCL Tigers, die Red.), der aus Schlosswil kommt und in Bern spielte. Mein Vater nahm uns Buben oft mit an die Partien. Aber Reber verliess den SCB bald einmal, und ich erhielt als Junior eine Anfrage von Langnau – das änderte natürlich alles.

Seit Sie mit Eishockey in Berührung gekommen sind, erleben Sie die Rivalität hautnah mit. Hat sich diese gewandelt?

Moser: Bereits zu Juniorenzeiten waren die Derbys eine besondere Affiche. Bern gegen Langnau wird immer speziell sein – und am Freitag noch etwas spezieller.


Wie spüren Sie die Rivalität, Tobias Bucher? Sie sind immerhin seit fünf Jahren im Emmental.

Tobias Bucher: Du spürst sie bereits anhand der ausverkauften Stadien und der tollen Stimmung. Spiele gegen Bern sind für alle interessant. Es geht um mehr, das macht Spass. Wir freuen uns auf die Derbys, solche Erfahrungen haben uns in der NLB gefehlt.

Mit dem Derby beginnt für die SCL Tigers das Abenteuer NLA. Wie gross ist die Aufregung?

Bucher: Gross ist vor allem die Vorfreude. Es ist bestimmt kein Nachteil, treffen wir gleich auf den SCB. Ein Kracher zum Start, das kann nicht schaden.


Wird im Vorfeld provoziert?

Moser: Im Vorfeld weniger, vielleicht auf dem Eis. Aber wir kennen einander, es wird bei uns nicht unter die Gürtellinie gehen (lacht).

Bucher: Eher bei den anderen (lacht).

Warum muss Langnau am Freitag besonders auf Simon Moser aufpassen, Tobias Bucher?

Bucher: Er geht immer wie ein Töff. Da gibt es nur etwas: dagegenhalten. Alle SCB-Spieler verfügen über viel Qualität, das wird eine grosse Herausforderung.

Und weshalb muss der SC Bern im Derby speziell auf Tobias Bucher achten, Simon Moser?

Moser: Auf Bucher? (schaut ihn an und lacht) Weil er dank seiner Schlitzohrigkeit auf dem Eis jederzeit für einen Trick gut ist. Letzte Saison spielte er mit Chris DiDomenico und Anton Gustafsson, die Linie war extrem gefährlich: Bucher ist technisch stark, hat einen guten Schuss, genau wie «Gus». Und DiDomenico arbeitet wie ein Verrückter.


Der SCB- und der Tigers-Stürmer bildeten mit Christian Moser und Joël Genazzi während Jahren eine Wohngemeinschaft. In einem Bericht dieser Zeitung erwähnte Simon Moser einst spasseshalber, sie würden noch eine Putzfrau suchen. «Es haben sich danach tatsächlich einige Interessierte gemeldet», sagt der Flügel.

Mittlerweile wurde die WG aufgelöst; Bucher zog mit seiner Freundin zusammen, Moser hat mit Bruder Christian eine kleinere Wohnung bezogen. Die Freundschaft zu Bucher ist geblieben, «es passt einfach bei uns». Am Freitag treten die Kollegen erstmals in der NLA gegeneinander an, beim Derby in Bern.

Goalie-Legende Edi Grubauer sagte einst, in Langnau sei er Edi, in Bern Herr Grubauer genannt worden. Wie verhält es sich bei Ihnen, Simon Moser?

Moser: (überlegt) Bei Trainern und Sportchefs bin ich «Simu» oder «Mösu» – das war in Langnau so und ist in Bern genau gleich. Geht es in der Organisation weiter nach oben, kann das schon anders sein.

Wie intensiv haben Sie die SCL Tigers auf ihrem Weg zum Aufstieg verfolgt?

Moser: (lacht) Beim entscheidenden Spiel war ich krank und darum nicht im Stadion. Ich verfolgte das Ganze aber schon ziemlich intensiv, natürlich auch seinetwegen (zeigt auf Bucher). Ich habe mich für Langnau gefreut.

Schlägt ein kleiner Teil Ihres Herzens nach wie vor für die Tigers?

Moser: Das ist logisch, ich habe meine ganze Zeit als Junior dort verbracht. Vor allem aber halte ich die Tigers für einen sympathischen Klub. Aber ich habe den Wechsel zum SCB nie bereut.

Hätte derzeit ein Tigers-Profi das Zeug dazu, in der SCB-Equipe zum Zug zu kommen?

Moser: An wen richtet sich die Frage?

An beide.

Moser: Ich denke schon. (überlegt) Ich darf jetzt dem Trainer nicht vorgreifen. Es kommt natürlich darauf an, was er für einen Spielertyp braucht. Aber die Tigers haben Qualität, sie gewannen die Ligaqualifikation gegen Rapperswil nicht umsonst 4:0.

Bucher: Viele von uns haben schon die eine oder andere Saison in der NLA gespielt – wir sind also nicht total unerfahren…

Sportlich ist der SCB den SCL Tigers weit enteilt, was sich am 16. April 2013 verdeutlichte: An jenem Dienstagabend wurde Bern Meister, Langnau stieg ab. Und doch sagen sowohl Moser als auch Bucher, es handle sich nach wie vor um ein echtes Derby. «In Langnau spielen einige aus dem Dorf, bei uns stehen viele Spieler unter Vertrag, die schon als Junioren da waren», erzählt Moser.

Die 26-Jährigen kennen sich seit vielen Jahren, reisten gemeinsam an Juniorenweltmeisterschaften. Und als Moser vor Jahresfrist an einer Oberschenkelverletzung litt, war Bucher sein Chauffeur.


Simon Moser, Sie haben eine Seuchensaison hinter sich, fielen mit einer Muskelverletzung und Pfeiffer’schem Drüsenfieber aus. Haben Sie oft gehadert?

Moser: Wenn alles auf einmal kommt, stellt man sich gewisse Fragen. Aber es hatte auch Vorteile, so ist jetzt hoffentlich Ruhe. Die Rückschläge wirkten sich auf die ganze Saison aus, ich erreichte nie das Niveau, das ich von mir erwarte. So liess ich mich im Frühling auch an den Mandeln operieren, statt mich mit der WM auseinanderzusetzen. In der neuen Saison will ich zurück zu alter Stärke finden.


Auch für Sie, Tobias Bucher, ist diese Spielzeit wegweisend.

Bucher: Es geht darum, dass ich mich in der NLA etabliere – ich bin ja auch schon 26. Diese Saison ist richtungsweisend. Ich spüre den Druck, klar, aber ich gebe einfach mein Bestes.

Simon Moser, auf welchem Rang werden die Tigers die Qualifikation beenden?

Moser: Jetzt darf ich nichts Falsches sagen. Der Start wird entscheidend sein, das war in Langnau schon immer so. Beflügelt von der Euphorie, traue ich dem Team zu, bis zum Schluss um die Playoffs zu kämpfen.

Tobias Bucher, was liegt für den SC Bern drin?

Bucher: Bern müsste wieder einmal etwas reissen! (lacht) Es gibt viele starke Teams, aber der SCB wird die Playoffs mit Heimvorteil in Angriff nehmen.

Wie viele Tore wird Simon Moser erzielen?

Bucher: 20 bis 25 – aber hoffentlich kein Tor gegen uns.

Moser: 20 bis 25, ja nein…

Bucher:…wie treffsicher warst du denn in Langnau?

Moser: 18 Tore, mehr waren es nie.

Und wie viele Treffer trauen Sie Tobias Bucher zu?

Moser: Ich darf die Prognose nicht zu tief ansetzen. 15 Tore sind mein Ziel, das ist auch für ihn möglich.

Bucher: Ich hätte nichts dagegen.

Warum gewinnt Langnau das Derby?

Bucher: Weil wir kämpfen werden wie die Affen. Beim SCB ist die Qualität höher. Deshalb müssen wir Gas geben, voll dagegenhalten und systemtreu spielen.

Weshalb setzt sich Bern durch?

Moser: Wir werden auf alles vorbereitet sein. Langnau wird drauflosstürmen «wine More»; sollten wir ein Tor erhalten, müssen wir strukturiert weiterspielen.

Ihr Tipp?

Moser: Ein Goal…

Bucher: …2:1 für Langnau!

Moser: Es wird ein enges Spiel geben, wir werden 2:1 oder 3:2 gewinnen – vielleicht nach Verlängerung.


Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 11.09.2015
Geändert: 11.09.2015
Klicks heute:
Klicks total: