Ein klarer Fall: Mann zu Gefängnis und Landesverweis verurteilt
Ein Mann hat in W. mehrere Frauen bedroht und vergewaltigt. Am Donnerstag wurde er vom Regionalgericht Bern zu einer 10-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Eine Geschichte, die aufwühlt und an Brutalität schwer zu übertreffen ist.
Zwei Richterinnen und drei Richter beurteilen diesen schweren Fall. Ein Kosovare, der seit Jahren in der Schweiz lebt, wird beschuldigt, seine Frau vergewaltigt zu haben. Zudem soll er seine Tochter geschlagen und mehrere Personen mit dem Leben bedroht haben. Weiter sollen er und seine Frau unrechtmässig Sozialleistungen bezogen haben. Eine weitere Frau soll der Angeklagte mehrmals zum Sex mit anderen gezwungen haben.
Eine zerrüttete Familie
Der Angeklagte Hassan B. (42) stammt aus dem Kosovo und wohnte zur Tatzeit in W. Er war mit Miladina B. (46) verheiratet. Die beiden haben fünf Kinder, heute sind sie geschieden. Der Vater arbeitete nur selten, die Familie lebte von der Sozialhilfe. Über die Jahre bezogen sie fast eine Million Franken Sozialhilfe. Nachdem seine Frau ihn angezeigt hatte, sass er eine Weile in Untersuchungshaft. Danach zwang er eine andere Frau zu sexuellen Handlungen.
Tränen bei der Befragung
Die ehemalige Frau des Angeklagten ist Opfer und zugleich selbst angeklagt. Seit der Tat vor drei Jahren habe sie keinen Kontakt mehr zu ihm. Der Angeklagte darf auf Wunsch der Zeuginnen bei den Befragungen nicht anwesend sein. Die Ex-Frau bricht mehrmals in Tränen aus. Sie hat zurzeit nur ein geringes Einkommen und fast 100'000 Franken Schulden. Ihre Muttersprache ist serbisch, sie spricht auch albanisch und deutsch. Es gehe ihr schlecht, sie habe immer noch psychische Probleme und Angstzustände.
Während Jahren Sozialhilfe betrogen
Zu ihrer Heimat Montenegro habe sie kaum mehr eine Beziehung. Sie habe noch einige Verwandte, die dort lebten. Der Richter fragt dies, weil ihr ein Landesverweis droht. Miladina B. hat beim Sozialdienst unterschrieben, dass sie weder Einkommen noch ein Bankkonto habe. Das stimmte nicht.
Sie habe dies gesagt, weil ihr Mann dies befohlen hatte. Die Familie hat während zwei Jahren 38'000 Franken zu viel Sozialhilfe bezogen. Darauf steht Landesverweis. Sie könne sich nicht vorstellen, ob und wie sie in Serbien leben könnte. Sie habe Angst vor einem Landesverweis.
Alkohol, Schläge, Vergewaltigung
Zum Eklat kam es im März 2019 als der Angeschuldigte spätabends seiner Frau befahl, mit ihm Bier zu trinken. Er sei bereits angetrunken gewesen. Sie habe mit ihm zwei Bier getrunken, er habe sie aufgefordert, ihn "spitz" zu machen. Er wollte Sex mit ihr. Die Frau versuchte sich zu wehren, worauf er sie mehrmals ins Gesicht und im Hüftbereich schlug. Er drohte, ihre Mutter und ihren Vater zu vergewaltigen und umzubringen. Darauf erzwang er den Geschlechtsverkehr.
Vater verprügelt die Tochter
Bereits früher sei es zu Tätlichkeiten seitens des Angeschuldigten gekommen. Er sei wütend über seine damals 8-jährige Tochter gewesen. Erst schleuderte er verschiedene Gegenstände nach ihr. Als sie sich in ihrem Zimmer versteckte, verprügelte er sie, zwang sie, sich auszuziehen. Danach stiess er sie aufs Bett und schlug mehrfach mit dem Ledergurt auf sie ein. Das Mädchen hatte danach Schmerzen und blaue Flecken am ganzen Körper und blieb während rund zwei Wochen der Schule fern.
Er zwang die Freundin zum Sex
Nachdem der Angeschuldigte per Fernhalteverfügung nicht mehr bei seiner Frau leben durfte, machte er sich seine neue Freundin Arjana (35) gefügig. Eine Zeit lang wohnten die beiden in W., danach im Tessin. Über ein Sexportal bot der Angeklagte ihren Körper an. Er vereinbarte Treffen mit Kunden in Hotels. Bei diesen Treffen wurde Arjana mehrere Male im Beisein des Angeschuldigten vergewaltigt.
Freier wollten nichts gewusst haben
Die Freier bezahlten für die sexuellen Treffen zwischen 200 und 400 Franken. Diese gaben an, nicht bemerkt zu haben, dass Arjana das nicht wollte. Während etwa zwei Monaten fanden immer wieder solche Treffen statt. Mehrmals zwang der Angeschuldigte die Kunden, dass sie ihm am Bankomaten noch mehr Geld aushändigten. Unter Androhung von Gewalt übergaben diese ihm weitere paar hundert Franken.
Angeschuldigter überwachte die Frauen
Laut den Aussagen der Frauen, gelang es dem Angeschuldigten beide Frauen zu überwachen. Sie durften keine Kontakte mit anderen Leuten pflegen. Auf dem Arbeitsweg und während der Arbeit überwachte er sie über die Ortungsdienste ihrer Handys. Das ging so weit, dass Arjana auf der Arbeit mit eingeschaltetem Videoanruf Kontakt mit ihm halten musste. Zuhause nahm er ihr das Handy ab.
Beide Frauen gaben an, dass sie von ihm regelmässig geschlagen wurden. Warum sie nicht früher die Polizei verständigte, wollte der Richter von Arjana wissen. "Zu Beginn der Beziehung war er nett und behandelte mich wie eine Prinzessin. Am Ende durfte ich nicht mehr allein aus dem Haus und hatte kein Handy mehr." Vor Gericht brach die Zeugin mehrere Male in Tränen aus.
Vor Gericht gibt er sich zahm
Dem Beschuldigten werden Nötigung, Vergewaltigung, Drohung, Raub, Erpressung, Körperverletzung und noch mehr vorgeworfen. Vor dem Richter scheint der Angeklagte ruhig, er spricht leise. Der Richter fordert ihn auf, lauter zu sprechen. Der Beschuldigte ist bemüht, einen ordentlichen Eindruck zu hinterlassen.
Die Frauen hätten sich verschwört
Er streitet bis auf ein paar Schläge alles ab, sagt von sich: "Ich bin keine Person, die Frauen vergewaltigt." Er habe den Frauen nicht gedroht, er habe sie überredet, dass sie mitmachten. Der Richter hält ihm die Aussagen der Frauen vor. Der Angeklagte sagt, diese hätten sich gegen ihn verschworen, um ihm zu schaden. Auch davon, dass er die Frauen über die Handy-Ortung überwacht habe, will er nichts wissen. "Sie waren immer frei und konnten machen was sie wollten."
Das Urteil
Das Gericht glaubt dem Beschuldigten nicht. Es verurteilt ihn zu einer zehnjährigen Haftstrafe und zu zwölf Jahren Landesverweis. Das Gericht bleibt mit der Haftstrafe zwei Jahre unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch betreffend Vergewaltigung und Körperverletzung.
Die Begründung
Die Zeuginnen sowie auch die Kinder hätten die Drohungen und die Vorfälle detailliert und widerspruchsfrei beschrieben, sagt Gerichtspräsident Müller bei der Urteilsbegründung. Solch umfangreiche Aussagen hätten nicht geplant und abgesprochen werden können. Mit Kindern wäre das nicht möglich.
Weder Einsicht noch Reue
Der Angeschuldigte habe das Rahmengeschehen ähnlich wie die Zeuginnen geschildert, aber die Details beschrieb er nach seinem Gutdünken. Die Frauen sagten authentisch aus, wie er sie verprügelte und wie sie Angst hatten. Aufgrund des Chatverkehrs war ersichtlich mit welcher Verachtung er die Frauen behandelte. Der Angeklagte habe ein Terrorregime aufgebaut, um sie zu erniedrigen. Nach der Tat habe der Beschuldigte in keiner Art Reue oder Einsicht gezeigt. Er trug nichts zu einer raschen Aufklärung bei. Er gab lediglich den Alkohol Schuld.
Zum Landesverweis
Der Gerichtspräsident begründet den Landesverweis: "Der Angeklagte lebt seit vielen Jahren in der Schweiz, er hat sich überhaupt nicht integriert. Er tat sich schwer mit den Grundsätzen der Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann. An die geltende Rechtsordnung hält er sich nicht." Er verfüge über keinen Berufsabschluss, gab an faul zu sein und bezog über 900'000 Franken Sozialhilfe.
Eine persönliche Entwicklung habe nicht festgestellt werden können. Eine Wiedereingliederung in seiner Heimat werde nicht einfach, aber er spreche die Sprache. Von einem Härtefall könne man nicht ausgehen. Abschliessend sagte der Gerichtspräsident: "Wir glauben, dass eine Psychotherapie etwas bringen könnte, sofern er das will. Wir sehen dies zwar mit Skepsis, aber versuchen sollte man es."
[i] Die Namen der Beteiligten wurden geändert.
[i] Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte kann innert zehn Tagen beim Berner Obergericht Berufung anmelden.
[i] Der Angeklagte befindet sich seit letztem September im vorzeitigen Strafvollzug. Davor sass er 300 Tage in Untersuchungshaft.
[i] Die zwölf Jahre Landesverweis beginnen erst nach der Haftentlassung zu laufen.
[i] Der Angeschuldigte wurde wegen 14 Straftatbeständen verurteilt, alle mehrfach begangen: Vergewaltigung, Sexuelle Nötigung, Räuberische Erpressung, Raub, Einfache Körperverletzung, Nötigung, Drohung, Unrechtmässiger Bezug von Sozialleistungen, Fahren in fahrunfähigem Zustand, Fahren ohne Führerausweis, Tätlichkeiten.
[i] Die Ex-Frau wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 2'600 Franken verurteilt wegen unrechtmässigem Bezug von Sozialleistungen. Wegen der Kinder wurde auf einen Landesverweis verzichtet.