Ein Augenzeuge berichtet: «Wir wollten doch nur helfen»

Sie wollten den Verschütteten helfen, fanden dabei aber selber den Tod: Drei Mitglieder der Tourengruppe des Skiclubs Rubigen wurden bei der Kameradenhilfe von der zweiten Lawine erfasst. Zwei von ihnen starben.

Christian Liechti, Berner Zeitung BZ
Bernhard Scherz (62) vom Skiclub Rubigen war dabei, als das Unglück passierte. Er und 26 weitere Vereinsmitglieder waren gegen Mittag im Gebiet Chummli eingetroffen. Ihr Ziel: der 2435 Meter hoch gelegene Drümännler im Diemtigtal. Als die 27 Tourenskifahrer im Chummli eintrafen, ging die erste Lawine ab.

«Wir warteten zunächst ab, weil der Verschüttete von anderen Tourenfahrern geborgen werden konnte», so Scherz. Später wollte sich die Gruppe aus der Region Bern eigentlich auf den Rückweg machen. Da sei jedoch unweit von ihnen der Notarzt mit dem Hubschrauber der Rettungsflugwacht gelandet. Drei Mitglieder der Rubiger Gruppe entschlossen sich spontan, dem Arzt zu helfen. Dieser sei tief in den Schnee eingesackt. Die Tourenskifahrer schleppten die schweren Taschen und Koffer in den Lawinenkegel. «Unsere Freunde haben ihre Hilfe spontan anerboten, sagt Scherz, «niemand dachte daran, wie gefährlich die Lage war.»

«Plötzlich war alles weiss»
 
Als sich Arzt und Helfer beim geborgenen Tourenskifahrer befanden, löste sich die zweite Lawine. «Die Helfer wurden alle verschüttet. Da, wo sie vorher noch standen, war alles weiss», sagt Scherz.

Nun machten sich im Lawinenkegel auch Scherz und weitere Helfer auf die Suche nach ihren Freunden. Insgesamt waren zwölf Personen verschüttet: Die Mitglieder der Achterguppe, die drei Rubiger Helfer sowie der Rettungsarzt. Anfänglich sei er, so Scherz, damit beauftragt worden, die Hänge zu beobachten und die Retter vor weiteren Lawinenabgängen zu warnen. Später habe er selber den Lawinenkegel abgesucht und nach Verschütteten gegraben.

Er war auch dabei, als der Rettungsarzt schwer verletzt aus der Lawine geborgen wurde. Dieser soll 2 Meter tief im Schnee gelegen haben. Neben ihm fanden die Retter auch jenen Mann, den der Arzt versorgen wollte. Letzterer habe vor Schmerzen geschrien, erzählt Scherz weiter.

«Es ist reiner Zufall, dass auch die Retter verschüttet wurden», ist Bernhard Scherz überzeugt. Die Tourenleiterin des Skiclubs Rubigen habe sich lange vor dem ersten Lawinenabgang dazu entschieden, im Gebiet Chummli die Lage neu zu beurteilen. Sie habe dazu tendiert, die Tour abzubrechen. Denn nach Informationen des Skiclubs wurde die Lawinengefahr als «erheblich» eingestuft.

Das in der Lawine umgekommene Mitglied des Skiclubs Rubigen war 61 Jahre alt und ein erfahrener Berggänger. «Die Berge waren seine Leidenschaft», sagt Scherz. Noch am Samstag führte er als Tourenleiter eine Gruppe auf das Tatelishorn bei Kandersteg. Das zweite Opfer hatte sich als Gast der Rubiger Gruppe angeschlossen.
 
Andere hatten Glück
 
Das dritte verschüttete Mitglied des Skiclubs Rubigen soll heute aus dem Spital entlassen werden. Es geht ihm besser.

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Erstellt: 05.01.2010
Geändert: 05.01.2010
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