Ds blaue Bähnli: Das geliftete "36i" ist in Festlaune
Die Worblentalbahn feiert am kommenden Wochenende ihr 100-Jahr-Jubiläum. Mit von der Partie ist eine rüstige Jubilarin mit Geburtsjahr 1913, die so fit ist wie noch nie.
Vor 100 Jahren gab es weder S7 noch RBS. Da prangten auf Eisenbahnwagen lange Namen, die klarmachten, wo die Bahn operierte. So hiess 1913 die Bahn, die Bern - damals über Kornhausplatz-Eyfeld-Papiermühle - mit Worb verband, Worblental-Bahn (WT). Die WT fusionierte 1927 mit der anderen Bahn, die Worb via Muri und Gümligen erschloss: der Bern-Worb-Bahn (BWB). Das neue Unternehmen hiess Vereinigte Bern-Worb-Bahnen (VBW).
Wer ein Züglein mag, pfeift auf Abkürzungen und gibt ihm stattdessen einen Kosenamen. So hiessen die seit den 1930er-Jahren blau-weiss gespritzten Waggons der heutigen S7 Edelweiss-Express. Legendär ist auch der Übername «Ds blaue Bähnli» für die Linie über Muri. Das Schweizer Radio kramte 1974 einen Sketch dieses Titels von 1954 hervor. Der Dialog zwischen einem aufgeregten Deutschen (Karl Steuer) und einem mundfaulen, aber schlitzohrigen Berner (Ernst Mischler) geriet zum Hit. Seither ist es Allgemeinwissen, dass kein «Omnibus» nach Worb fährt, aber ein «blaues Bähnli». Leider hat es der Deutsche wegen des langfädigen Dialogs verpasst - und das vor der Einführung eines dichten Taktfahrplans.
Am kommenden Wochenende feiert die Bevölkerung den Umstand, dass 1913 im Worblental endlich eine Bahn zustande gekommen war. Eine durchgehende Normalspurbahn bis nach Huttwil und Sumiswald sollte es laut der ersten Konzession von 1891 werden. Eine Schmalspurbahn bis Worb wurde es 1913 - immerhin. Der Ast über Muri-Gümligen war schon seit 1898 in Betrieb. Im Worblental nahm man den Spruch «Für Güter die Bahn» ernst und transportierte zeitweise breite SBB-Güterwagen auf schmalen Rollschemeln. Diese Überlistung unterschiedlicher Spurweiten wird an Raffinesse fast nur noch von der Umspuranlage an der polnisch-weissrussischen Grenze in Brest übertroffen.
Beim Fest mit von der Partie ist eine rüstige alte Dame. Sie kann sich noch an den Eröffnungstag erinnern, den 23. August 1913. Unter VBW-Regime trug sie den Namen BDe 4/4 36. Im Gegensatz zur «mutzen» Bezeichnung S7 ist diese Zahl keine kühl-rationale Abkürzung. Zwar können mit ihr noch viel weniger Leute etwas anfangen. Für Ferrophile aber, für ambitionierte Bahnfans, tönt der Code wie Weihnachtsglockengeläut. Ein BDe ist ein Triebwagen, der ein Zweitklassabteil (B) enthält sowie ein Gepäckabteil (D), elektrisch (e) betrieben wird - und zwar alle vier von vier vorhandenen Achsen (4/4).
Frau BDe 4/4 wurde 1924 erstmals im grösseren Stil umgebaut und hiess fortan BDe 4/4 36. Das «36i» erhielt 1930 den hellblau-weissen Anstrich und durfte dank technischer Aufrüstungen in den 1940er-Jahren mit 50 Kilometer pro Stunde übers Schienennetz flitzen. 1936 wurde das «36i» erneut umgebaut. Dank neuer elektrischer Ausrüstung lag nun gar Tempo 65 drin, 500 Pferdestärken machten es möglich. Pro Jahr fuhr das «36i» fast zweimal um den Erdball.
Broschüre zum 100-Jahr-Jubiläum: Worblentalbahn, Bern-Muri-Worb-Bahn, Prellbock-Verlag, Krattigen 2013, 144 S., 30 Franken; www.prellbock.ch; Fest vom So, 25,8.: www.rbs.ch/worblentalfest.