Neuer Dorfplatz Rüfenacht: Darf hier gelärmt werden?
Auf dem Sonne-Areal in Rüfenacht soll ein neuer Dorfplatz entstehen. Der Gemeinderat hofft, dass er belebter wird als der Bärenplatz, die FDP möchte Garantien.
Heute Abend stimmt der Grosse Gemeinderat (GGR) von Worb über den Kredit für einen neuen Dorfplatz im Zentrum Sonne in Rüfenacht ab. Der Gemeinderat will inmitten der geplanten Neubauten einen Begegnungsraum gestalten, der als "Treffpunkt und Veranstaltungsort" dient, wie es in der Botschaft an den GGR heisst.
Auch der Bärenplatz im Zentrum von Worb war ursprünglich als Begegnungsort vorgesehen. Heute herrscht Leere. Und Stille. Obwohl die Platzordnung lärmige Aktivitäten oder "lärmenden Aufenthalt" nur an Sonn- und Feiertagen und zwischen 22 und 6 Uhr verbietet. Verhindert wurden in den letzten Jahren etwa ein Street Soccer Turnier der Jugendarbeit und das Schachspiel, das ein ansässiger Gewerbetreibender zur Belebung des Bärenplatzes installieren wollte.
In Rüfenacht entscheidet die Gemeinde
Im Zentrum Sonne soll das anders sein. "Im Unterschied zum Bärenplatz, wo die Anwohner Miteigentümer sind und jeder einzelnen Veranstaltung zustimmen müssen, wird in Rüfenacht die Gemeinde für Bewilligungen zuständig sein", erklärt Gfeller. Ziel sei, dass der Platz auch wirklich nutzbar sei. "Es soll ein Freiraum sein, in dem alles mögliche machbar ist."
Allerdings muss die Gemeinde auch in Rüfenacht vor der Erteilung von Ausnahmebewilligungen die Stockwerkeigentümerschaft oder die Verwaltung der Gebäude konsultieren und deren Stellungnahme berücksichtigen. So sieht es die Vereinbarung vor, in der die Gemeinde und die Grundeigentümerin Ramseier und Stucki AG die Nutzung des Platzes regeln. Ausserdem gilt das Reglement der Gemeinde zum Schutz vor Lärm aus dem Jahr 1983.
Schwierige Lärmdefinition
"Eine Bewilligung braucht es immer dann, wenn ein Anlass eine normale Nutzung übersteigt", sagt Niklaus Gfeller. Was normal sei, werde im Dienstbarkeitsvertrag zwischen Gemeinde und Grundeigentümerschaftz definiert. "Das Ständchen einer Dorfmusik ist normal", nennt Gfeller als Beispiel. "Alles mit Festwirtschaft braucht hingegen eine Bewilligung."
Das Reglement zum Schutz vor Lärm verbietet die "Erzeugung schädlichen oder besonders lästigen Lärms". Als schädlich wird Lärm definiert, wenn er "die physische oder psychische Gesundheit des Menschen" beeinträchtigt. Besonders lästig sei Lärm dann, wenn er "die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden des Menschen erheblich herabsetzt." Das sind Definitionen, die Raum lassen für unterschiedliche Interpretationen. An bewilligten Veranstaltungen gelte ein definierter Grenzwert, sagt Gfeller.
In Worb ist um halb zehn Nachtruhe
Das Lärmreglement sieht auch allgemeine Sperrzeiten vor, in denen lärmiges Arbeiten oder Verhalten verboten sind: über Mittag und zwischen 20.30 bis 7 Uhr sowie an Sonn-und Feiertagen. Ausnahmen sind vorgesehen für Gewerbe, Industrie, Strassen- und Gleisarbeiten und die Landwirtschaft, sowie explizit auch für Märkte, Volksfeste oder andere Veranstaltungen. Dass die Nachtruhe in Worb gemäss Reglement so früh anfängt, überrascht auch den Gemeindepräsidenten ein wenig. "Auf so etwas kann man sich dann natürlich berufen, wenn es Konflikte gibt."
Ohne zeitliche Beschränkung, also immer, untersagt ist laute Musik. Musikinstrumente, lautes Singen oder Musik ab Konserve dürfen niemanden "unzumutbar stören". Dieses Verbot gilt explizit auch für den eigenen Balkon oder die eigene Wohnung, wenn die Fenster offen sind. Auch hier stellt sich die Frage, was zumutbar ist und was nicht. Und wer dies definieren kann.
Zuständig für den Vollzug ist die Sicherheitskommission. Sie kann Tätigkeiten verbieten und dem Gemeinderat Bussenverfügungen erteilen. Allerdings sind Leute, die sich durch Lärm belästigt fühlen, gemäss Reglement aufgefordert, als ersten Schritt das direkte Gespräch mit dem Verursacher oder der Verursacherin des Lärms zu suchen und erst "wenn dieses Vorgehen nicht fruchtet", Anzeige einzureichen bei der Polizeiabteilung. Steht die Aussage einer lärmgeplagten gegen jene einer lärmverursachenden Person entscheidet im schlimmsten Fall der Richter.
FDP will allenfalls zweite Lesung
Abgestimmt wird am Montag nicht über die Nutzung, sondern über den Kredit für den Bau des Platzes und die Anpassung der angrenzenden Strassen. Trotzdem wird wohl genau sie für Diskussionen sorgen im GGR. Die FDP hat beim Gemeinderat einen Fragekatalog dazu eingereicht. "Wir sind nicht grundsätzlich gegen die Vorlage", sagt Erwin Kämpfer, Präsident der FDP-Fraktion im GGR. Die Botschaft des Gemeinderats sei aber teilweise zu wenig klar. "Wir wollen wissen, wer abschliessend über Fragen zur Nutzung entscheidet und wie der Gemeinderat einen zweiten Bärenplatz verhindern will, wo die beabsichtigte Nutzung nicht möglich ist. Sollten dazu Fragen dazu offen bleiben, behalten wir uns vor, das Geschäft zurückzuweisen und eine zweite Lesung zu verlangen."
Niklaus Gfeller verweist in diesem Zusammenhang auf die oben erwähnten Besitzverhältnisse, die anders sind als im Bärenzentrum. "In Rüfenacht können sich die Anwohnenden äussern, aber nicht mitbestimmen." Garantien könne der Gemeinderat aber keine geben. "Es gibt übergeordnetes Recht und wir können niemandem verbieten, seine Rechte wahrzunehmen und etwa eine Beschwerde einzureichen. Die Leute haben auch ein Recht auf Ruhe."