Deisswil - Sie wollen die digitale Welt erobern

Im Zentrum für Innovation und Digitalisierung im Bernapark arbeiten 13 hoffnungsvolle Berner Jungunternehmen. Zum Beispiel Leva. Heute zählt die Firma 7 Angestellte; dereinst sollen es 500 sein.

Markus Zahno, Berner Zeitung BZ

Wenn Cosimo Donati und Ad­rian Beyeler erzählen, was ihre Firma macht, dann fallen immer wieder Ausdrücke wie «Blockchain», «Private Equity» oder ­«­illiquide Assets». Irgendwann versteht man als Laie nur noch Bahnhof. Beyeler bemerkt den fragenden Blick und fängt nochmals von vorne an. «Ganz einfach gesagt», erklärt er, «funktioniert unser Angebot wie Airbnb.»

 

Beyeler ist Marketingchef und Donati CEO der Leva Capital Partners AG. Die Firma hat eine digitale Plattform entwickelt, die nicht wie Airbnb Vermieter und Mieter zusammenbringt, sondern Vermögensverwalter und Investoren. Das funktioniert so: Die Profi-Vermögensverwalter stellen auf der Plattform auf­strebende Firmen vor, in die sie selbst Geld investieren. Man kann nachverfolgen, wie viel die Profis damit bisher verdient ­­haben.

 

Will man nun ebenfalls in die entsprechende Firma investieren, lassen sich mit wenigen Mausklicks alle Formalitäten erledigen. «Im Prinzip», sagt ­­Donati, «ist unsere Plattform eine Art Börse für nicht börsenkotierte Unternehmen.»

 

Fleiss

Cosimo Donati, 31-jährig, Absolvent der Universität St. Gallen, hat Leva vor acht Monaten zusammen mit drei Kollegen gegründet. Heute umfasst das Team sieben Vollzeitangestellte. Mit Hochdruck entwickeln sie die Plattform, die im Moment erst als Testversion besteht, aber bereits in wenigen Wochen auf den Markt kommen soll. Fixe Arbeitszeiten haben die Leva-Leute nicht; manchmal arbeiten sie bis tief in die Nacht hinein. Wenn man begeistert sei von einer ­­Sache, mache einem das nichts aus, sagt Donati.

 

Das Büro von Leva ist im Bernapark Deisswil eingerichtet, ­genauer: im Zentrum für Innovation und Digitalisierung (ZID). Dieses bietet Start-ups ein Unterstützungsprogramm. Zudem können die Jungunternehmer einen «Working-Space» nutzen, ein 300 Quadratmeter grosses Gemeinschaftsbüro inmitten der ehemaligen Kartonfabrik.

 

Hier stehen Pulte, Stühle und Computer für gut ein Dutzend Leute. Von der Decke hängen Glüh­birnen, im Eingangsbereich steht ein Sofa. Die Hälfte der Pulte ist an diesem Vormittag belegt. Die Stimmung ist konzentriert, nur das Klappern der Computer­tastaturen und das Brummen des Servers sind zu hören.

 

Vision

«Die Unterstützung des ZID ist für uns eine grosse Chance», sagt Leva-Chef Cosimo Donati. ZID-Gründer Hans-Ulrich Müller habe «von Beginn weg an uns geglaubt». Müller figuriert bei Leva ebenso als Berater wie Giovanni Flury, der ehemalige CEO der Bank Julius Bär Schweiz. «Wenn man als Start-up solche Persönlichkeiten mit an Bord hat, öffnet das einige Türen.»

 

Cosimo Donati nimmt einen Schluck Mineralwasser und beginnt von seiner Vision zu erzählen. «Wir wollen private Märkte für alle zugänglich machen, die nach Investitionsmöglichkeiten suchen.» Investmentfirmen in der Privatwirtschaft würden in der Regel ein Minimum von 5 Millionen US-Dollar pro Anleger verlangen. Denn der Aufwand sei ihnen zu gross, Kleinanleger zu verwalten.

 

«99,9 Prozent der Menschen haben aber nicht einfach so 5 Millionen Dollar», sagt Cosimo Donati. Bei Leva dagegen könne man auch nur einige Tausend Franken investieren. «Auf unserer Plattform gruppieren sich die Investoren und stecken gemeinsam eine grössere Summe in ein Unternehmen.» Die Verwaltung geschehe über eine Blockchain, ein manipulationssicheres Buchführungs­­system.

 

Risiko

Adrian Beyeler und Cosimo ­Donati sprühen vor Enthusiasmus. Sie verhehlen auch nicht, dass sie in einer Hochrisiko-­Anlageklasse tätig sind. «Wer in Private Equity – in private Märkte – investiert, kann viel Geld verdienen, aber auch hohe Verluste erleiden», sagt Cosimo Donati. Er ist überzeugt, dass das Angebot einem Bedürfnis entspricht, einem sehr grossen sogar.

 

Wenn er gefragt wird, wo die Leva AG in zehn Jahren stehe, antwortet er deshalb: «Es mag träumerisch klingen, doch es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir dann 500 Mitarbeiter zählen.» Das ist eine klare Ansage. Eine, die man auch als Laie auf Anhieb versteht.

 

Wo Jungunternehmer Starthilfe erhalten

Der Bernapark – die ehemalige Kartonfabrik Deisswil – soll laut der Vision von Besitzer Hans-Ulrich Müller zu einem «innovativen Quartier für Wohnen, Arbeit und Freizeit» werden. Derzeit ist die erste Umbauetappe im Gang: Bis 2021 entstehen 170 Wohnungen sowie bis zu 800 Arbeits­plätze. Bereits heute auf dem Areal beheimatet ist das Zentrum für Innovation und Digitalisierung (ZID).

 

Dieses bietet Start-ups, Spin-offs und Unternehmerteams ein mehrteiliges Unterstützungsprogramm: Die Jungunternehmen können die Büros nutzen, profitieren vom Zugang zu Startkapital und von einem Unternehmernetzwerk. Initiiert wurde das ZID von Hans-Ulrich Müller.

 

Im Moment umfasst das ZID 13 Jungunternehmen. Leva (siehe Haupttext) gehört ebenso dazu wie beispielsweise der Elektro­veloverleih Smide, eine Firma für 3-D Gebäudevermessung oder ein Unternehmen, das ein digitales Vergleichs- und Buchungs­portal für Zahnarztpraxen aufbaut.

 

Für die Firmen stehen im Bernapark aktuell 300 Quadratmeter Büro­fläche bereit. Bald sollen es über 3000 Quadratmeter sein, erklärt ZID-Geschäftsführer Michael Sauter. «Wir möchten auf über 50 Unternehmen wachsen.»

 

Ziel des ZID ist es, innovative Unternehmen zu fördern. Aus ihnen sollen etablierte Firmen werden, die Arbeitsplätze schaffen. «Der Weg dorthin ist aber meistens hart. Deshalb wollen wir ihnen den Einstieg erleichtern», sagt ZID-Geschäftsführer Michael Sauter. (maz)


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Erstellt: 29.01.2019
Geändert: 29.01.2019
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