Deisswil - Doch kein Hochhaus für den Bernapark

Die Umzonung des Bernapark-Areals in Stettlen wird derzeit aufgegleist.

Lisa Stalder, Der Bund
Rund drei Jahre nach der Schliessung der einstigen Kartonfabrik Deisswil werden die Pläne für die künftige Nutzung des Areals immer konkreter. Erst kürzlich haben die Verantwortlichen der Berner Industrie AG, kurz Bernapark, den Gemeindebehörden jene Pläne vorgestellt, die sie dereinst verwirklichen wollen. Dabei fällt eines auf: Nachdem Unternehmer Hans-Ulrich Müller, der die Fabrik nach deren Schliessung übernommen hatte, ursprünglich ein Dienstleistungs- und Industriepark vorschwebte, ist die Industrie in den neusten Plänen komplett verschwunden. «Es stehen das Gewerbe und die Dienstleistung sowie das Wohnen im Vordergrund», sagt Müller gegenüber dem «Bund». Vor dem Hintergrund, dass das Raumplanungsgesetz im März vom Schweizer Stimmvolk gutgeheissen wurde, sei eine Entwicklung in diese Richtung «sehr sinnvoll». Gemäss Müller soll auf dem Areal Wohnraum für mindestens 500 Personen entstehen.

Widerstand wäre programmiert

Es gibt eine weitere Änderung zu den ursprünglichen Plänen: Müller will auf den Bau eines Hochhauses verzichten. «Die höchsten Gebäude sollen 30 Meter nicht überschreiten.» Er sei zwar nach wie vor der festen Überzeugung, dass der Standort ideal wäre für ein Hochhaus. Allerdings sei anzunehmen, dass sich dagegen Widerstand formieren würde.

In den nächsten Wochen ist eine Werkstatt geplant, bei der die Bernapark-Verantwortlichen und die Gemeindebehörden allfällige Differenzen bereinigen wollen. Es gehe darum, den «grössten gemeinsamen Nenner zu finden», sagt der Stettler Gemeindepräsident Lorenz Hess (BDP) auf Anfrage. Ein Knackpunkt werde dabei die künftige Bevölkerungsentwicklung sein. Es stelle sich die Frage, ob ein neues Quartier für 500 Einwohnerinnen und Einwohner die Infrastruktur Stettlens nicht allzu stark strapaziere. In der Gemeinde wohnen heute rund 3000 Personen. Hess ist aber zuversichtlich, dass gute Lösungen gefunden werden können. Es sei auch im Interesse der Gemeinde, dass es auf dem Areal vorwärtsgehe.

Läuft alles nach Plan, soll bereits in diesem Sommer die Ortsplanungsrevision für das Gelände in Angriff genommen werden. Nach der Schliessung der Karton Deisswil hatte der Kanton eingewilligt, die Ortsplanungsrevision für das einstige Fabrik-Areal zu sistieren. Damit auf dem Gelände überhaupt Wohnraum geschaffen werden kann, bedarf es einer Umzonung. Derzeit ist das Gelände als Gewerbe und Industriezone eingetragen. Hess hofft, dass im Sommer 2014 das Mitwirkungsverfahren sowie die Vorprüfung durch den Kanton abgeschlossen sind.

Maschine 6 nach Weissrussland

Hans-Ulrich Müller bestätigt auch einen Bericht des Wirtschaftsmagazins «ECO» auf SRF 1, wonach die Maschine 6, mit der früher Karton produziert wurde, nach Weissrussland verkauft werden soll. Es sei ein Vertrag unterschrieben worden, bezahlt hätten die potenziellen Käufer aber noch nicht. Sollte der Verkauf aus irgendeinem Grund nicht zustande kommen, würde die 100 Meter lange und 3500 Tonnen schwere Maschine auseinandergenommen und die Einzelteile verkauft. Ursprünglich war geplant, dass eine indische Firma die gut zwei Millionen Franken teure Maschine übernimmt. Sechs indische Ingenieure hatten das Ungetüm während vier Wochen genaustens inspiziert. Zum Vertragsabschluss kam es allerdings nicht. Dies, weil die indische Firma keine Bankgarantie gewähren konnte.


Karton Deisswil: Rückblick
Der 8. April 2010 war ein rabenschwarzer Tag für das ganze Worblental: Damals teilte die ehemalige Besitzerin der Karton Deisswil, die Mayr-Melnhof Karton AG in Wien, mit, die 134-jährige Fabrik per sofort schliessen zu wollen. Als Hauptgrund für die Schliessung nannte Mayr-Melnhof die hohen Energiekosten. Die 253 Mitarbeitenden standen von einem Tag auf den andern ohne Stelle da. Im Juni 2010 wurde dann bekannt, dass der Berner Unternehmer Hans-Ulrich Müller die Fabrik mitsamt den Angestellten übernehmen werde. Er gründetet die Berner Industrie AG, kurz Bernapark genannt. Dies mit dem grossen Ziel, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und auf dem Areal in den nächsten Jahren Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe sowie Wohnungen anzusiedeln. Derzeit wird das Areal zwischengenutzt. Auf dem Gelände sind rund 70 Firmen eingemietet, welche zusammen über 250 Personen beschäftigen.


Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 13.05.2013
Geändert: 13.05.2013
Klicks heute:
Klicks total: