Datenschutz im Dorf: In Landiswil ist Tradition wichtiger

Während die Gemeinden in alten Zeiten verpflichtet waren, Zivilstandsereignisse zu publizieren, müssen sie heute strenge Vorgaben erfüllen, wenn sie das weiterhin tun wollen. Nicht alle halten sich daran. Landiswil zum Beispiel hat entschieden, die gesetzlichen Bestimmungen zu ignorieren und die beliebte Rubrik im Gemeindeblatt weiterzuführen.

Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
Wer ist geboren, wer gestorben und wer ist neu im Dorf? Das sind Neuigkeiten, für die sich die Menschen interessieren, ganz besonders in einem Ort, der so klein ist, dass man sich kennt. Landiswil hat 626 Einwohner und Einwohnerinnen. Das sind nicht zu viele, um sich füreinander zu interessieren. Zuzüge, Geburten, Todesfälle, hohe Geburts- und Hochzeitstage werden hier deshalb, wie in anderen Gemeinden der Region Bern-Ost auch, im Gemeindeblatt publiziert.

Heikle kleine Nachrichten

Dass das etwas heikel ist, weiss man bei der Gemeinde Landiswil. Unter den "kleinen Nachrichten" steht nämlich der Zusatz "Da sich die Rubrik grosser Beliebtheit erfreut, werden die Zuzüge in unsere Gemeinde, die Geburten und Todesfälle sowie die hohen Geburts- und Hochzeitstage trotz verschärften Datenschutzbestimmungen weiterhin im Landiswiler publiziert". Dazu heisst es, man solle der Gemeindeverwaltung mitteilen, wenn man für sich keine solche Publikation wünsche.

"Opt-out", heisst dieses System gemäss dem kantonalen Datenschützer Markus Siegenthaler. Das bedeutet: Die Ereignisse werden publiziert, ausser jemand legt dagegen aktiv Widerspruch ein. Das Modell bildet den Gegensatz zum "Opt-in", bei dem die Einwilligung vorher gegeben sein muss.

In manchen Fällen genüge Opt-out den Bestimmungen, zum Beispiel bei den Neuzuzügern. Sie müssten aber über die Publikation und die Möglichkeit zum Widerspruch informiert sein, erklärt Siegenthaler. Und zwar so, dass man mit "gutem Gewissen" davon ausgehen könne, dass die Info angekommen sei. "Es braucht mehr als eine kleine Notiz irgendwo in den Unterlagen zur Anmeldung." In Landiswil ist das der Fall. Gemeindeschreiberin Margrit Zürcher sagt: "Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger werden bei der Anmeldung persönlich gefragt, ob eine Publikation im Landiswiler in Ordnung sei."
 
Geburtstagsgratulationen mit Tradition

Etwas anders liegt der Fall bei Geburtstagen oder anderen Jubiläen. In einer Information des Berner Amts für Gemeinden und Raumordnung (AGR) heisst es zuhanden der Gemeinden, die Bekanntgabe von (hohen) Geburtstagen sei zulässig, wenn sie "im Interesse des Betroffenen liegt."

"Natürlich wäre auch hier Opt-in die sauberste Lösung", sagt Siegenthaler. Er gibt aber zu bedenken, dass dies möglicherweise das Ende eines Brauchs bedeuten würde: Geburtstagskinder bekommen in manchen Gemeinden Besuch, etwa von der Dorfmusik oder von der Gemeindepräsidentin. Viele sagten da nur ungern, "Ja, publiziert das und kommt mir ein Ständchen bringen", würden sich aber sehr darüber freuen. Darum werde in kleineren Gemeinden oft auf die explizite Zustimmung verzichtet und von einem Interesse des Jubilars an solchen Besuchen ausgegangen. Eine "periodische Meldung in der Dorfzeitung oder einer ähnlichen Publikation", wie etwa dem Landiswiler, wird als gängiges und zulässiges Vorgehen beschrieben.

Meldungen über Zivilstandsereignisse aber, dazu gehören Todesfälle und Geburten, verlangen zwingend nach dem Opt-in-System. Die betroffenen Personen, zum Beispiel die Eltern des Neugeborenen oder die nächsten Angehörigen einer verstorbenen Person, müssen einer Publikation explizit zustimmen. So erläutert Datenschützer Siegenthaler die gesetzliche Lage und so schreibt es auch das AGR.

Beliebte kleine Nachrichten


In Landiswil ist man sich dessen bewusst, hat aber entschieden, sich nicht an die Bestimmungen zu halten. Die Publikation kann zwar, wie auch bei den Geburtstagen, mittels Opt-out verhindert werden, erfolgt aber ohne explizite Nachfrage bei den Betroffenen. Einen offiziellen Gemeinderatsentscheid habe es dazu nicht gegeben, sagt Margrit Zürcher. "Es wurde aber darüber geredet und entschieden, das hier in diesem Rahmen weiterzuführen." Die Meldungen seien sehr beliebt und würden geschätzt.

Anders zum Beispiel in Worb. Auch hier wird zwar teilweise nach dem Opt-out-Prinzip gearbeitet. Hohe Geburtstage erscheinen in der "Worber Post". Gemeldet werden sie ihr von der Gemeinde. Wer das nicht will, muss dies mitteilen.

Rubigen fragt zuerst

Zivilstandsmeldungen werden aber keine publiziert. "Es gab früher die Möglichkeit, Geburten auf eigenen Wunsch auf die Gemeindewebsite setzen zu lassen. Das wurde aber sehr wenig genutzt und wir haben das Angebot aufgehoben, als wir die Website neu gestaltet haben", sagt Christian Reusser, Gemeindeschreiber von Worb. Auch Rubigen handelt korrekt. "Wir publizieren Geburten, Hochzeiten und Todesfälle, allerdings nur mit Zustimmung der Betroffenen", so Gemeindeschreiber Roland Schüpbach.

Christian Reusser erinnert aber auch daran, wie sich die Zeiten ändern: "Ganz früher waren die Gemeinden sogar gezwungen, Zivilstandsmeldungen öffentlich auszuhängen."

[i] Eine Möglichkeit, die Privatsphäre zu wahren, ist auch die allgemeine Datensperre, mit der man verhindert, dass Personendaten an Privatpersonen und Vereine weitergegeben werden. Die Datensperre kann durch Ausfüllen eines Formulars verlangt werden und ist in allen Gemeinden möglich.

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Erstellt: 30.12.2017
Geändert: 30.12.2017
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