Crowdfunding für Hauskauf: A. Z. kämpft um das Zuhause ihrer Buben

Eine halbe Million Franken – soviel Geld sucht A. Z. (33; Name der Redaktion bekannt) aus Bigenthal derzeit auf der Crowdfunding-Plattform „gofundme“. Der Grund: Sie möchte mit ihren beiden Zwillingen T. und T. (7), die an Asperger-Autismus und ADHS leiden, in ihrem jetzigen Wohnhaus bleiben. Ihr Vermieter möchte das Haus verkaufen, doch der alleinerziehenden Mutter fehlt das Geld dazu.

Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch

Vor fünf Jahren zogen A. Z., ihr Mann und die Zwillinge in das abgelegene Haus in Bigenthal. „Meine Kinder sind wegen ihrer Diagnose sehr laut und stören die Nachbarn in einer normalen Wohnung“, sagt Z. „Hier stören sie niemanden und sind für sich.“

 

Z.: "Die Buben brauchen diesen Platz"

Fünf Zimmer und Umschwung hat das Haus, in dem Z's wohnen. „Die Buben brauchen diesen Platz unbedingt“, sagt Z. Einerseits könne sie die Buben so räumlich trennen, damit sie nicht immer miteinander in Streit gerieten. Andererseits können sie ihrem grossen Bewegungsdrang stattgeben. „Wir haben ein Trampolin und ein Planschbecken im Garten“, sagt Z. In die Badi gehen, gehe etwa für eine Stunde gut. „Dann ticken sie wegen der vielen Reize aus“, erklärt sie.

 

Zudem halten Z.'s diverse Kleintiere. „Wir haben vier Häsli, zwei Zwerggeissli, Hühner und Teichfische“, zählt Z. auf. Zwei der Häsli gehören den Buben, welche auch zu ihren Tieren schauen. Zudem übernahmen sie von der Vormieterin fünf Katzen, welche diese nicht mitnehmen konnte.

 

T. und T. hatten lebensbedrohliche Erkrankungen

„Seit dem Umzug hierher hat sich die Lebensqualität der Buben sehr verbessert“, sagt Z. Die beiden Buben haben auch lebensbedrohliche Erkrankungen hinter sich. Im Oktober 2013 traf es den damals zweieinhalbjährigen T. „Er hatte eine schwerwiegende Lungenentzündung mit Eiteransammlungen in der Lunge“, erzählt A. Z. Nach einer achtstündigen Operation, in welcher der Grossteil des Eiters entfernt wurde, hatte er drei Schläuche in den Rippen, damit der Eiter weiter abfliessen konnte. Die Ärzte wussten zunächst nicht, ob T. überleben würde“, sagt sie.

 

Zwei Jahre später erkrankte T. an einem Abszess hinter dem rechten Auge. „Zuerst hatte er den Schnuderi. Der Schleim sammelte sich dann hinter dem Auge an“, sagt Z. .T. bekam Antibiotika, musste dann aber rasch operiert werden. „Die Ärzte nahmen in einer mehrstündigen Operation beim Auge und der Nase Knochen heraus, um dem Auge Platz zu geben“, erzählt sie weiter. Doch die Geschwulst verdrückte trotzdem den Sehnerv. Seither ist T. auf dem Auge blind.

 

Zu viele Reize in der Schule

Ihr jetziges Zuhause ist um so wichtiger für die Buben, seitdem sie im Februar krankgeschrieben wurden und nicht mehr zur Schule gehen können. „Sie hatten dort zuviele Reize, konnten dann zuhause nicht mehr schlafen, pinkelten in die Hosen und wurden aggressiv“, sagt Z.

 

Seither betreut sie die Buben rund um die Uhr und unterrichtet sie zuhause, so gut es geht. „Sie können sich nicht länger als zwanzig Minuten konzentrieren“, sagt sie. Derzeit übt sie mit ihnen wenigstens morgens und nachmittags einmal die Buchstaben, damit sie nicht ganz den Anschluss verlieren. „Falls der Kanton die neue Basisklasse bewilligt, können die Buben ab August im Schlössli in Kehrsatz zur Schule“, sagt Z. Klappt es nicht, muss Z. erneut auf die schwierige Suche nach einer Schule für die Zwillinge gehen.

 

A. Z. musste ihren Job aufgeben

Um ihre Kinder zuhause zu betreuen, musste die ausgebildete Buchhalterin ihren Job bei der Hofstetter Zelt und Event AG in Richigen aufgeben. Nun lebt sie von der Hilflosenentschädigung der IV und von den Alimenten für die Kinder, welche ihr mittlerweile getrennt lebender Partner bezahlt. „Weil er aber zu wenig verdient, kann er mich nicht auch noch finanziell unterstützen, obwohl er eigentlich müsste“, sagt Z.

 

Seit letztem Jahr ist sie alleinerziehend. „Mein Mann hatte Mühe mit der Diagnose der Buben, was zur Trennung führte“, sagt sie. Die Besuche des Vaters jeweils am Samstagmorgen seien für alle Beteiligten eine grosse Herausforderung.

 

Keine Hypothek, weil sie nicht arbeitet

Und nun auch noch das: „Unser Vermieter möchte das Haus verkaufen“, sagt Z. Zwar setze er keinen Druck auf und möchte das Haus am liebsten an sie verkaufen. Aber für A. Z. bedeutet das einmal mehr eine grosse Unsicherheit, zumal sie das dafür nötige Geld nicht hat. „Weil ich nicht arbeiten kann, hilft die Bank nicht mit“, sagt sie. Es wäre ihr unmöglich den Hypothekarzins zurückzuzahlen.

 

Deshalb startete sie eine Crowdfunging-Kampagne und sucht damit 500 000 Franken, mit welchen sie den grössten Teil des Kaufpreises bezahlen könnte. Ihre Eltern – obwohl selbst finanziell nicht auf Rosen gebettet – und eine Schwester würden für den Rest aufkommen.

 

Wurzeln schlagen zu können, wäre wichtig

„Es ist einfach unser Zuhause“, sagt sie auf die Frage, was es ihnen bedeuten würde, das Haus kaufen zu können und dort wohnen zu bleiben. Die Unsicherheit, wie lange sie bleiben könne, sei anstrengend. Sie wünscht sich einen sicheren Ort, an dem sie und ihre Kinder behütet und ohne Stress leben können, ohne die ständigen Gedanken an die Unsicherheiten. „Hier Wurzeln schlagen und alt werden zu können, wäre sehr wichtig für die Buben“, sagt sie. Obwohl ein Scheitern ihres Versuchs, ihr Zuhause zu retten schlimm wäre, meint sie aber, dass es kein Weltuntergang wäre. „Irgendwie geht es weiter“, hofft sie.

 

[i] Zur Crowdfunding-Kampagne von Aline Zeller auf gofundme


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Erstellt: 16.06.2019
Geändert: 16.08.2019
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