Christoph Schüpbach aus Münsingen: Beratung aus erster Hand
Seit einem Unfall vor acht Jahren sitzt Christoph Schüpbach im Rollstuhl. Heute hilft der 31-Jährige Menschen mit einem ähnlichen Schicksal. In seiner Garage in Walkringen werden Autos behindertengerecht umgebaut.
Vom Schicksal heimgesucht
Januar 2008: Christoph Schüpbach hat gerade erfolgreich das Tech abgeschlossen. Dem damals 23-Jährigen stehen alle Türen offen. «Ich träumte davon, als Ingenieur mit der Formel 1 oder der Rallye-WM die Welt zu bereisen», erinnert er sich. Doch vorher, drei Wochen nach der Abschlussfeier, reist er noch mit zwei Kollegen zum Skifahren nach Kanada. Ein Urlaub, der sein Leben für immer verändern wird.
Christoph Schüpbach verunfallt auf der Skipiste, spürt sofort seine Beine nicht mehr. Er könne auf ein Weltwunder hoffen, antwortete ihm der Arzt im Spital von Calgary auf die Frage, ob er je wieder werde gehen können. «Eigentlich war mir nach dem Betrachten der Röntgenbilder sofort klar, dass dieses Weltwunder nicht eintreffen wird», erinnert er sich. «Immerhin bin ich nur vom 4. Brustwirbel an abwärts gelähmt und kann meine Arme und Hände uneingeschränkt bewegen.» Was nichts daran ändert, dass er nach zwei Wochen Spitalaufenthalt in Kanada als Querschnittgelähmter zurück in die Schweiz reist. Nicht nach Münsingen, sondern direkt nach Nottwil, ins Paraplegiker-Zentrum. Dort verbringt Christoph Schüpbach fünfeinhalb Monate: «Klar, hat es schwierige Momente gegeben, aber nein, in ein Loch gefallen bin ich überraschenderweise nie.»
Benzin im Blut
Vor seinem Unfall hatte Christoph Schüpbach mit seinem Vater, einem Hobbyrennfahrer, viele Autorennen im nahen Ausland besucht – und sass bei freien Trainings auch oft selber hinter dem Steuer. Kein Wunder, wird das Auto, ein behindertengerechtes Strassenauto, auch in Nottwil bald zum Thema. «Zur Auswahl standen zwei Lenkradmodelle», erinnert er sich. Doch keiner der beiden Vorschläge vermag Schüpbach zu überzeugen. «Ich hatte bereits meine eigene Idee im Kopf.» Sein Vater – damals noch Besitzer der Alfa-Romeo-Garage in Walkringen – hat Gehör dafür, baut ein Auto nach den Vorstellungen seines Sohnes um. Und stellt ihn, wie bereits kurz vor seinem Unfall, wieder bei sich ein.
Viel administrative Arbeit
Autos behindertengerecht umbauen: Darauf legt Christoph Schüpbach fortan das Hauptaugenmerk. Er absolviert Ausbildungen, damit die Garage, welche er im letzten Jahr übernommen hat, überhaupt solche Umbauten ausführen darf, «wobei ich mich im Geschäft vor allem auf den Bereich Beratung und Offerte konzentriere». Dieser habe es in sich. «Vor, während und nach dem Umbau gibt es viel administrative Arbeit mit der IV und dem Strassenverkehrsamt zu erledigen.» Und bei den Beratungen profitieren die Kunden von seinen Tipps aus erster Hand. «Für einen nicht handicapierten Menschen ist es schwierig, abzuschätzen, zu was beispielsweise ein Paraplegiker noch fähig ist und zu was nicht», sagt er. Und er verweist auf die Tücken bei der Beratung. Bei einer schleichenden Krankheit wie etwa multipler Sklerose kann sich die Ausgangslage von einem Tag auf den anderen komplett verändern.»
Grundsätzlich gelte für ihn das Credo: «Was der Kunde will, soll er auch kriegen.» Vom Gasring über den Bremshebel bis zu Verladesystemen, einem kompletten Busumbau oder einem Heckausschnitt. Dabei spiele auch die Zeit eine grosse Rolle. «Handicapierte Menschen sind noch viel mehr auf ihr Auto angewiesen als nicht handicapierte Menschen.»
Die Arbeit am Auto selber kann Christoph Schüpbach grösstenteils nicht selber ausführen. Einer seiner acht Angestellten ist aber mittlerweile ausschliesslich für den Autoumbau zuständig. Ein Jobprofil, das sich von dem eines herkömmlichen Automechanikers ziemlich unterscheidet. «Es verlangt viel Elektronikwissen – gleichzeitig sind aber beispielsweise auch Schweiss- oder Dreharbeiten gefragt.»
Ehrgeiz ja, aber . . .
Christoph Schüpbach, der seit rund einem Monat mit seiner langjährigen Freundin verheiratet ist, bezeichnet sich als ehrgeizig. Vielleicht ist dies mit ein Grund, dass er nur ein Jahr nach seinem Unfall bereits wieder Skibob gefahren ist. Oder schon seit langem wieder auf der Rennstrecke anzutreffen ist. Während dreier Jahre fuhr er den German Tourenwagen Cup (GTWC), auch heuer ist er als Gastfahrer noch ab und zu im Einsatz. «Zu Beginn war das für mich auch eine Art Bestätigung, Therapie.»