Kaum zu glauben: "Unser" Büssi jagte die Libellen bis in den Beobachter
Ist das jetzt ein Erfolg? Oder sind wir so tief gesunken? Anfang Oktober berichtete BERN-OST über eine Katze, die am Gartenteich einer Worberin Libellen jagt. Sehr zu deren Ärger. Nachdem die Geschichte vom Newsportal "20 Minuten" aufgegriffen wurde und in dessen Kommentarspalte hohe Wellen schlug, griff sie nun der "Beobachter" auf. Allerdings etwas anders.
Es brauchte etwas an Überzeugungsarbeit seitens des Teams, bis BERN-OST-Redaktor Rolf Blaser die Meldung von Elsbeth Krapf (79) aufnahm. An ihrem Gartenteich jagt eine Katze – für Krapf unerfreulich erfolgreich – Libellen. Das regte sie so fest auf, dass sie sich an BERN-OST wandte. Der Artikel erschien also und erreichte mittlerweile über 13 000 Klicks. Sehr viel für eine Geschichte aus einem Provinz-Garten.
Doch das ist nichts im Gegensatz zur Resonanz auf den Artikel von 20 Minuten, der unseren Bericht aufnahm und die Geschichte weiterzog. Die Klicks sieht man bei 20 Minuten nicht, aber die Anzahl Kommentare. Vorab: auf BERN-OST gab es deren drei. Harmlose. Bei 20 Minuten entbrannte in 136 Kommentaren eine hitzige Diskussion (wie der "Beobachter" später schrieb, seien "fleissig Haarbällchen ausgetauscht" worden). Allerdings nicht um das, was Frau Krapf nervte, sondern über die Aussage des von 20 Minuten befragten Tierpsychologen.
Katze jagt Libellen, Journalist jagt Kommentarschreiber:innen
Und darauf und auf die Inhalte der Kommentare stürzte sich nun der Beobachter-Journalist Mario Güdel. Der Tierpsychologe Dennis C. Turner (eigentlich Professor Dennis C. Turner, in erster Linie DER Katzenforscher schlechthin und auch grosser Katzenfreund) empfahl nämlich, die Katze anzuschreien oder einen Tennisball nach ihr zu werfen, um sie wegzujagen.
Im Folgenden zitiert Güdel ein fellsträubendes "Müsterli" aus der Kommentarspalte nach dem anderen: Die Einen wollten den Tierpsychologen zum Psychiater schicken und ihn von Roger Federer mit Tennisbällen traktieren lassen. Die Anderen schlugen allerhand Hartes, Nasses und Stinkendes gegen die Katze vor.
Weltfrieden in letzter Sekunde gewahrt
Und dann kommt der Beobachter-Artikel zum Höhepunkt: Je länger eine Online-Diskussion dauere, desto wahrscheinlicher werde es, dass jemand einen Vergleich mit den Nazis oder Hitler mache. Hitler habe aber dann doch nicht mitmachen dürfen.
Wir sind froh. Das hätte wohl niemand hier gewollt, dass wegen einer Katze, die ihrem natürlichen Jagdinstinkt folgt, einer Dame, der die Libellen leidtun, einem Artikel in einem Lokalblatt (ausnahmsweise nennen wir uns mal so), einem abgeschriebenen Folgeartikel in einem Gratis-Boulevard-Blatt (die Bezeichnung von eben muss wieder ausgelichen werden) und einem verkannten Katzenfreund ein Weltkrieg ausbricht.
Da kommt mir ein Lied in den Sinn: "I ha nes Zündhölzli aazündet und es het e Flamme gäh..."
"Gottseidank, das ig s vom Teppich wider furt ha gno."