Bowil - Zum Adventsfenster in den Graben

Wie ein vorweihnächtlicher Brauch die Leute im weitläufigen Bowil zusammenbringt.

Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ
Weiss schimmert der Schnee im Licht der Scheinwerfer. Knappe zwei Kilometer geht die Fahrt durch die verzauberte Längenei mit ihren behäbigen Bauernhöfen ab Bowil-Dorf und gar knapp drei Kilometer ab Oberhofen, wo der Seitengraben von der Bahnlinie und der Hauptstrasse abzweigt. Die Strasse macht eine letzte Linkskurve, plötzlich verströmen unzählige Kerzen ihr warmes Licht. Vor der alten Käserei steht eine Gruppe zusammen und plaudert. Die Friedersmatt, das Ziel, ist erreicht.

Einfach so aus Zufall kommt hier kaum jemand vorbei. Dessen ist sich Barbara Schenk bewusst. Zusammen mit ihrem Mann Peter ist sie heute Abend die Gastgeberin. Normalerweise, sagt sie, laufe es ja gerade umgekehrt. Wer so abgelegen wohne, fahre in der Regel aus dem Tal, um andere Leute zu treffen. Im Hintergrund grüssen die Lichter des letzten Heimets, die Strasse wird zu einem einem holprigen Karrweg, und dann geht es wie schon an den Hängen links und rechts nur noch steil in die Höhe. Eine Sackgasse.

Doch eben, heute ist alles anders, heute ist bei Schenks das Adventsfenster. Auf der Laube vor der alten Käserei schimmern hölzerne Schneemänner im Kerzenlicht. Sie stehen nicht nur für die kalte Jahreszeit, sondern auch dafür, dass Peter Schenk nach dem Ende des kleinen Betriebs in der Friedersmatt vom Käser zum Schreiner geworden ist. Eine silbrige Eins links und eine silbrige Acht rechts ergänzen das Bild, zeigen an, dass heute der 18.Dezember ist. Gegen zwanzig Leute machen sich an diesem Abend in den Graben hinter Bowil auf, um die stimmungsvolle Szenerie zu besuchen.

Und natürlich auch, um mit Barbara und Peter Schenk bei Selbergebackenem und einem Punsch oder Kaffee ein paar gemütliche Momente zu verbringen. Genau das ist der Sinn der Adventsfenster, von denen – wie bei einem Adventskalender – Tag für Tag eines neu aufgeht: Die Leute ziehen von Haus zu Haus, bewundern den eigens für diesen Tag hergerichteten adventlichen Schmuck, treten ein und lernen die ihnen vielleicht noch fremden Bewohner kennen. In einer grossen Gemeinde wie Bowil mit vielen, über die Hügel und Gräben weit verstreuten Einzelhöfen sind solche Anlässe umso willkommener.

Auch zum Adventsfenster in der alten Käserei sind nicht nur Nachbarn gekommen. Die Leute, die an den langen Tischen sitzen und die wohlige Wärme aus dem knisternden Holzofen geniessen, wohnen ebenso oben auf der Urweid, vorne im Dorf oder sogar hinter dem Schlossbergquartier bereits auf Signauer Boden. Nicht alle haben die paar Kilometer bis in die Friedersmatt im Auto zurückgelegt, viele haben den Weg ganz oder zumindest in Teilen unter die Füsse genommen. Wobei Barbara Schenk einschränkt, dass sie diesmal fast nur Bekannte bewirte. Beim letzten Mal vor zwei Jahren sei das anders gewesen, und dieses Jahr habe sie bei früheren Adventsfenstern bereits neue Leute kennen gelernt.

Unter zwei Stunden bleibt an diesem Abend bei Familie Schenk niemand sitzen. Als die ersten aufstehen, ist es 21 Uhr. Für eine junge Frau, die eine halbe Stunde zu Fuss hergewandert ist, gehts auf dem Heimweg viel schneller: Sie borgt sich kurzerhand einen Schlitten und verabschiedet sich in rasanter Fahrt talabwärts.

Ein Artikel aus der

www.bowil.ch

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Erstellt: 20.12.2008
Geändert: 20.12.2008
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