Bowil - Zukunftsängste überschatten heile Welt

Mit Stolz führten die Viehzüchter gestern im Dorf ihre Kühe vor. Dies unter dem Damoklesschwert eventuell gekürzter Direktzahlungen.

Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ
Ein Männerchor ab Konserve singt «Das cha nur Liebi si». Das passt. Liebevoll nimmt die erste Gruppe von Bowiler Viehzüchtern ihre Kühe an einen Strick und führt sie zum Sägemehlring auf dem Schulhausplatz. Vier Experten in weissen Schürzen begutachten Euter und Körperbau der Tiere und schreiben ihnen jeweils vier Zahlen auf den Hintern. Annerös Hauser vom Vorstand des Viehzuchtvereins Bowil notiert, wie viele Punkte Lerche, Wally, Halma und Inka kriegen. Abends erstellt die Bäuerin, die selber Milchschafe statt Kühe hält, eine Rangliste.

Die Bauern führen 136 Tiere vor, die schönsten die sie im Stall haben. Die meisten sind Swiss-Fleckvieh-Kühe, «eine Spezialität des Emmentals, auf die wir bauen», sagt Martin Gerber, Präsident des Viehzuchtvereins.

Kühe als Lebensgrundlage


Nach dem kürzlichen Beschluss des Nationalrats, den Bauern Direktzahlungen pro Hektare statt pro Kuh zu zahlen, herrscht Unruhe in Landwirtschaftskreisen. Ein Bauer mit zwanzig Kühen würde jährlich bis 20 000 Franken weniger erhalten. Das schürt Ängste, wie einige Besucher der Viehschau gestehen, denn Kühe sind die Lebensgrundlage der Emmentaler Bauern. «Falls die Beiträge wirklich so massiv gekürzt werden, werden viele von uns ein Problem haben», sagt Gerber. «Das Emmental ist kein Ackerbaugebiet.»

Zu denken gibt ihm auch, dass nur noch die Haltung reinrassiger Kühe, wie etwa Holstein oder Simmentaler, mit Schauprämien unterstützt werden sollen. «Halter von Swiss-Fleckvieh-Kühen, wie sie die meisten hier bei uns haben, könnten unter Umständen leer ausgehen.» Holstein-Kühe haben den Nachteil, dass sie für ihre hohe Milchleistung viel Kraftfutter brauchen, das die Halter kaufen müssen. Swiss-Fleckvieh-Kühe sind genügsamer und geben mit gut 20 Litern pro Tag ordentlich Milch. Aber es gehe nicht nur ums Geld, erklärt Gerber. Er zeigt auf die vielen Jugendlichen rund um die Kühe und sagt: «Unsere Kinder sollen weiterhin bauern können.»

Ein Fest für Züchter


Nachdem die Kühe vorgeführt und bewertet sind, kommt der gemütliche Teil. Aus dem Lautsprecher ertönt volkstümliche Musik. Durchs Festzelt zieht der Duft von Wurst und Hamme. Entlang des Trottoirs stehen prächtige Treicheln. Diese sowie Blumenschmuck werden den Kühen für den Nachhauseweg umgehängt. «Würde den Bauern das Geld so gekürzt wie vorgesehen, wären Anlässe wie dieser infrage gestellt», sagt Martin Gerber.


Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 13.10.2012
Geändert: 13.10.2012
Klicks heute:
Klicks total: