Bowil - Sie sprechen auch ohne Gesicht

Mariann Oppliger widmet sich seit Jahren den Schwarzenberg-Krippenfiguren Wenn Marianna Oppliger ihre Schwarzenberg-Krippenfiguren anfertigt, bedeutet ihr dies mehr als ein Hobby. Ebenso wichtig wie das Kreative sind ihr die biblischen

Silvia Ben el Warda-Wullschläger, Wochen-Zeitung
Sie wirken einfach und doch detailgetreu, fremd und doch bekannt, ohne Gesicht und doch mit einem klaren Ausdruck. Die Weihnachtsszene, welche Marianna Oppliger in der Kirche Bowil mit einigen ihrer Krippenfiguren darstellt, lädt ein zu einer längeren Betrachtung. Hier der Engel, der Josef im Traum erscheint, dort die Hirten mit den Schafen auf dem Feld, gleich daneben Maria und Josef mit den Kind, auch Ochs und Esel fehlen nicht, weiter hinten erscheinen die drei Weisen mit Farbenpracht und schliesslich die Flucht von Maria und Joseph aus Bethlehem. Faszinierend sind die Details: die winzigen Laternen der Hirten, der Ziehbrunnen mit dem Kind, das Wasser schöpfen will, die Frau mit dem Tonkrug und natürlich die Tiere. Alle sind sie gesichtslos, doch mit ihrer Haltung und Gestik sprechen sie Bände.

Ausdruck ohne Gesicht

Ihre Vielseitigkeit ist es, die Marianna Oppliger so faszinierend findet an den Schwarzenberg-Krippenfiguren. «Sie sind beweglich, und so kann ich ihnen durch die Art und Weise, wie ich sie hinstelle, einen bestimmten Ausdruck verleihen. Ob traurig oder fröhlich, schlafend oder wach, diese Figuren sind für die verschiedensten Bilder und Geschichten einsetzbar.» Vor zehn Jahren besuchte die Bowilerin den ersten Kurs, seither ist sie nicht mehr weggekommen davon. Sie besuchte Kurse, Workshops und liess sich zur Kursleiterin ausbilden (siehe unten). Seit sieben Jahren vermittelt sie ihr Wissen anderen Frauen.

Geschichten neu erleben

An den Kursabenden geht es Marianna Oppliger um mehr als um die Handarbeit. «Wir befassen uns jeweils mit einem speziellen Thema, vor Weihnachten natürlich mit Maria und Josef oder den Hirten. Die Figuren sind nicht tot, sie haben uns eine Botschaft zu sagen.» Die 54-jährige Kursleiterin legt Wert darauf, dass die Teilnehmerinnen um die geschichtlichen und religiösen Hintergründe wissen. «Indem die Frauen die einzelnen Figuren selber herstellen, setzen sie sich intensiv mit ihnen auseinander und erleben die Geschichte ganz neu. Das finde ich sehr wertvoll und eigentlich das Schönste an diesem Hobby.»

Aufwand, der sich lohnt

Die verschiedensten Begebenheiten aus der Bibel bildlich darzustellen, bereitet Marianna Oppliger keine Mühe. Ob das Leben Jesu, die Geschichte von Ruth oder von Josef, sie kann auf über 100 Figuren zurückgreifen. «Weil ich nur orientalische Figuren mache, kann ich sie immer wieder neu einsetzen. Sie passen in jene Zeit.»

Unzählige Stunden hat sie in ihrem Atelier verbracht. Da alles Handarbeit ist - vom Modellieren des Kopfes bis zum Nähen der Kleider - dauert es bis zu acht Stunden, bis eine Figur fertig ist. «Der Aufwand lohnt sich aber, die Figuren bereiten nachher jahrelang Freude.» Marianna Oppliger geht noch weiter und stellt auch alle Kulissen und das meiste Zubehör selber her.

Regelmässig hat sie zusammen mit Kolleginnen grössere Ausstellungen, so kürzlich an den Weihnachtsmärkten in Huttwil und Willisau. «Mir geht es dabei nicht ums Verkaufen oder Geld verdienen, das kann man sowieso nicht. Es bereitet mir einfach Freude, die biblische Botschaft bildlich Darzustellen und den Leuten nahe zu bringen.» Und diese Botschaft sei an Weihnachten besonders aktuell, habe aber das ganze Jahr über Gültigkeit.

Die Geschichte der Schwarzenberg-Figuren

Die ersten biblischen Figuren wurden 1964 von Schwester Anita Derungs im Kloster Ilanz entwickelt. Über bewegliche Krippenfiguren hatten sich schon viele Gedanken gemacht. Deren Beweglichkeit scheiterte allerdings an mangelhaftem Werkmaterial wie beispielsweise am zerbrechlichen Draht. Schwester Anita arbeitete mit Werkmaterial, wie es in jedem Haushalt aufzutreiben war: Elektrikerdraht, auch Sisaldraht, Stoff- und Holzreste. Die Köpfe modellierte sie mit Hartschaum und überzog sie mit Duvetine oder Kettsamt. Diese Materialien werden heute noch verwendet. Josy Brunner, Leiterin vom Haus der Mütter auf dem Schwarzenberg, interessierte sich sehr für die Figuren und organisierte einen ersten Kurs. Die ersten Teilnehmerinnen waren begeistert und setzten sich in der Folge mit Hingabe für die Weiterentwicklung der Figuren ein. Fortan wurden sie «Biblische Figuren Schwarzenberg» genannt. Die Kursleiterinnen schlossen sich zu einer Vereinigung zusammen. Diese hat zum Ziel, Inhalt und Qualität der Arbeit zu erhalten, zu fördern und die Kursleiterinnen zu unterstützen.

Ein Artikel aus der
www.bowil.ch

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Erstellt: 22.12.2005
Geändert: 22.12.2005
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