Bowil - Das Emmental im Bonsai-Format
Modelleisenbahnen üben eine Faszination aus – über alle Berufsgattungen und Generationen hinweg. Auch Dominic Siegenthaler ist diesem Bann erlegen. Als Maturarbeit hat er eine typische Emmentaler Landschaft nachgebildet. 260 Stunden investierte der Bowiler in die liebevoll gestalteten Details.
Sanft erheben sich die Hügel. Kühe weiden. Grüne Wälder und Wiesen breiten sich aus, durchbrochen von Wegen und Strassen. Eine kleine Menschengruppe geniesst auf einer Kiesbank an der Emme die Sonnenstrahlen. Schienen schlängeln sich durch das Umland. Auf der Anhöhe erblickt man die Würzbrunnenkirche, weiter weg das Sahlenweidli, und unten im Tal steht unverkennbar der Bahnhof von Zäziwil. Reisende warten auf die Ankunft des Zuges. Dieser nimmt Fahrt auf und passiert eben die Brücke in Emmenmatt.
Es handelt sich um eine Szene eines vergangenen Sommertages im Emmental – in Miniaturausgabe. Genauer: um eine Modelleisenbahnanlage. Gebaut hat sie der Bowiler Dominic Siegenthaler als Maturarbeit am Gymnasium Burgdorf. Jetzt hat er mit seinem Modell einer typischen Emmentaler Landschaft den ersten Preis des burgerlichen Wettbewerbs gewonnen. Nicht weniger als 260 Stunden hat er für die Anlage aufgewendet.
Tüfteln und basteln
Wer das Modell näher betrachtet, dem wird schnell klar, dass hier ein Schüler an der Arbeit war, der präzise und mit einiger Detailversessenheit ans Werk ging. «Ein Stück Emmental zum Mitnehmen» heisst seine Arbeit. Wobei, der Transport ist alles andere als einfach. Drei Holzkisten sind nötig, um die Anlage zu befördern. Dominic Siegenthaler ist gerade daran, sie für eine Präsentation aufzustellen, als er erklärt, wie er auf die Idee gekommen ist. «Ich wusste von Anfang an, dass ich etwas Praktisches machen will», sagt der 18-Jährige, der als Schwerpunktfach bildnerisches Gestalten belegt. Inspirieren liess er sich von einem Maturanden, der ein Jahr zuvor ein Modellflugzeug gebaut hatte. «Da wurde mir bewusst, dass ich Hobby und Maturarbeit verbinden kann.» Zwar sei er kein «total angefressener Bähneler», aber wie auf so manchen Buben habe auch auf ihn die Modelleisenbahn seit je eine gewisse Faszination ausgeübt.
Vor ein paar Jahren erhielt er zu Weihnachten eine Bahn geschenkt. Eine fixe Anlage hatte er bis zu diesem Zeitpunkt noch nie eingerichtet. So packte er die Gelegenheit beim Schopf, für seine Abschlussarbeit ein solches Projekt zu realisieren. Sein Betreuer Peter Greisler unterstützte sein Vorhaben auf Anhieb. Das Emmental als Sujet habe er im Hinblick auf den Wettbewerb der Burgergemeinde gewählt. Nicht zuletzt habe auch die örtliche Nähe eine Rolle gespielt: So konnte der Bowiler problemlos mit dem Velo die Originalplätze aufsuchen. Mit dem Metermass steckte er die Gebäude ab. Zu Hause im Keller bastelte er dann massstabgetreu die Würzbrunnenkirche, das Sahlenweidli, den Zäziwiler Bahnhof oder die Bubeneibrücke in der Emmenmatt aus Holz, Papier und Karton nach. Er tüftelte vor allem in den Ferien und opferte manchen freien Nachmittag und Samstag. Angefangen hatte er schon im Frühling 2012. Parallel erstellte er einen Gleisplan. Damit die Bahn nicht ins Unermessliche wuchs, entschied er sich nicht für die gängige Spur H0, sondern für die kleinere Spur N. «Damit konnte ich auf gleicher Fläche mehr darstellen.»
Einfallsreichtum gefragt
Bisweilen waren auch ausgefallene Einfälle gefragt: Für Schotter und Wege benutzte der Maturand etwa Sand für Wachteln. Die Figürchen bemalte er teilweise mithilfe eines einzelnen Pinselhaares. Die Bäume fertigte er aus Blumendraht und Bürstenborsten an, die er grün besprayte. Dominic Siegenthaler berichtet: «Einen Tag lang habe ich Bäume zurechtgebogen, am Ende hatte ich erst eine kleine Waldgruppe beisammen. Dann sah ich, wie viel es noch brauchen würde. Ich verzweifelte fast.» 300 Stück stellte er am Ende her. Hinzu kamen die ganze Elektronik vom Trafo über die Verkabelung bis hin zur Beleuchtung sowie die Holzkonstruktion als Unterbau.
Was Dominic Siegenthaler nach der Maturprüfung und der Rekrutenschule machen wird, weiss er noch nicht. Auch ungewiss ist, wo das «Emmental zum Mitnehmen» künftig stehen wird. Er hofft, dass die Anlage nicht in seinem Keller verstaubt. Sein Wunsch: sie in einem Schaufenster auszustellen. Je nachdem könnte er sich vorstellen, sie zu verkaufen. Sie sei freilich noch erweiterbar, sagt er, denn: «Fertig ist eine Modellbahnanlage nie.»